Herzlich willkommen im Irrenhaus

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Gute zwei Stunden später – ich hatte kurzerhand mein Notfallgepäck in den Kofferraum geschmissen – parkte Rhodey auf einem Privatterminal in Berlin-Tegel und wir warteten, dass Dad aus dem Jet stieg.
Ich lehnte mich an die Fahrertür des Wagens, Rhodey im Augenwinkel behaltend, der immer noch ziemlich schwach war und besser sitzen blieb.

*

Zemo wurde zuerst hinauseskortiert, mit – etwas unkonventionell – einem Sack über dem Kopf. Dann eilte mir endlich die vertraute Gestalt entgegen und schloss kurz die Arme um mich.

„Bist die Beste", murmelte er, als ich ihm das Formular in die Hand drückte. „Weiß ich doch", grinste ich, „Bleibst du über Nacht? Ich muss noch-"
Er verzog nur gequält seine Mundwinkel, und mit etwas Fantasie konnte ich ein Lächeln dort hineininterpretieren. „Sorry, Kid, ich muss gleich weiter. Gibt einiges zu klären..." Er fuhr sich erschöpft mit der Hand durch die Haare und klopfte mir auf die Schulter. „Wir telefonieren dann... irgendwann."
„Was ist los, Dad?" Das war doch nicht normal... Was war in Sibirien geschehen?
Tony schüttelte nur den Kopf und machte sich auf den Weg zurück in den Jet.

Stumm tauschte ich einen Blick mit Rhodey, schnappte meinen Koffer und stützte den Invaliden langsam die Rampe hinauf.

*

Tony registrierte mich erst, als ich mich auf den Sitz neben ihm fallen ließ.
„Was soll das, Kid? Ich hab doch gesagt-" „Ganz genau. Du hast gesagt. Mich hast du nicht ausreden lassen, sonst wüsstest du, dass Mom tot ist und du jetzt im Bestfall das Sorgerecht übernimmst."
Mein Dad schloss die Augen. „Oh Shit."
Ich presste die Lippen aufeinander und gab keinen Kommentar dazu ab.

„Nächsten Monat muss ich nochmal zur Zeugnisausgabe rüber und nehme dann mein restliches Zeug mit. Der Mietvertrag läuft aus, du musst dich um nichts kümmern. Wäre nett, wenn du ein Bett für mich übrighättest."
„Hab' ich."

„Doch so freundlich, Stark."
Dieser eine Satz von Rhodey reichte, um die volle Aufmerksamkeit meines Vaters auf ihn zu ziehen.
„Rhodey! Du-"
„-legst dich jetzt wieder hin", unterbrach ich Dad und geleitete War Machine gleich zu den Liegen.
Seine Gesellschaft war gerade weitaus angenehmer als die meines Blutsverwandten. Das war nicht der Tony Stark, den ich kannte.

*

Obwohl ich später natürlich wieder bei ihm hockte, verzweifelt versuchend, irgendeine Konversation zustande zu bringen. Die Situation war ungewohnt für mich, hatten wir bisher doch immer gemeinsame Gesprächsthemen gehabt...
„Also... Du hast mir immer noch nicht gesagt, wie das Element im Arc-Reaktor heißt."
Erst nach einer Weile rang er sich zu einer Antwort durch. „Es ist kein bekanntes Element." Ich rollte die Augen. „Ach, so weit war ich auch schon. Wie nennst du es?"
„Avengium."

Meine Augenbrauen wanderten ein Stück höher. „Ach? Ich hätte auf Starkium getippt."
Seine Mundwinkel zuckten. Yay!
„Gib's zu, du willst nur deinen Namen im Periodensystem sehen." Tony erstarrte kurz. „Also, du nimmst doch meinen Nachnamen an?" Ich biss auf meine Unterlippe. „Wenn du-", aber er redete schon weiter: „Weil, als wir deinen Namen ausgesucht haben... Deine Mutter wollte dich unbedingt Grace nennen, und da hab' ich gesagt – mach Gracie draus, Grace Stark lässt sich beschissen aussprechen."
Ich lächelte unwillkürlich. Mir war bewusst, dass Dad sich nur krampfhaft ablenkte, aber wenn es funktionierte, war ich definitiv dankbar dafür. „Wenn das so ist... Da habe ich doch keine Wahl, oder?"
„Ganz genau."

Wir landeten auf einem Privatterminal am Rand des New Yorker Flughafens und wurden anschließend von Happy Hogan durch die Millionenstadt kutschiert – es stürmten so viele Eindrücke auf mich ein, ich konnte sie gar nicht alle aufnehmen. Staunend blickte ich an den chromblitzenden Wolkenkratzern hoch, die ich bisher nur von Bildern kannte. Tja, weder Leipzig noch Berlin konnten da auch nur annähernd mithalten...

*

Als ich dann schließlich zögernd den ersten Schritt in den Avengers-Tower tat, empfing mich sofort die kühle Stimme FRIDAYs: „Herzlich willkommen Zuhause, Miss Stark."

„Danke, FRIDAY", meldete sich Oscar übertrieben höflich. „Ich wusste nicht, dass Miss Stark nicht für sich selbst sprechen kann", schoss Tonys KI zurück – und ich verengte meine Augen. „Hallo, ich-" „Oh, Gracie und ich haben nur ein eher persönliches Verhältnis, was man von dir und Mr. Stark ja wohl eher nicht behaupten kann."
„Lass' gut sein, Oscar", schnaufte ich.
„Ah ja, ich sehe genau, was du meinst", stichelte FRIDAY weiter, ehe Tony sie genervt anfauchte: „Klappe halten jetzt. Kid, such' dir ein Zimmer so weit oben wie möglich, du wirst ja hoffentlich merken, welche frei sind. Ich kümmere mich um Rhodey und bin dann in meiner Werkstatt. Wenn du irgendwas brauchst, frag... im Normalfall FRIDAY."

„Ja, frag einfach mich", die KI meines Dads konnte es einfach nicht lassen.
Und ich hielt natürlich zu Oscar...

***

Passt euch die Kaptellänge eigentlich so?
Es ist jetzt ein wenig kürzer geworden, weil ich sonst mit der Aufteilung nicht hingekommen wäre... Aber wenn ihr da irgendwelche Vorlieben habt, dann immer her damit 😉

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