Projekt 'amerikanische Salamisorte'

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In den nächsten Tagen kehrte so etwas wie eine Routine ein. Für mich gab es nicht viel zu tun, die Schule hatte ich abgeschlossen und College mit vierzehn war vermutlich eher semi-amüsant. Zudem würde ich da Oscar wohl eher weniger benutzen können – die Typen vom MIT waren nicht ganz so dämlich wie die der Humboldt-Schule.
Ich erkundete also vor allem meine neue Umgebung, suchte vergeblich Percy Jackson in der Upper East Side und streunte durch den Tower.

Klar, es gab hier einiges zu sehen, aber tatsächlich war mein Alltag ziemlich langweilig.
Die Avengers hatten sich mehr oder weniger aufgelöst, neue Leute traf ich nicht, da Dad mich von der Öffentlichkeit fernhielt und er selbst... tauchte fast nie aus seiner Werkstatt auf.
Die meiste Zeit des Tages verbrachte ich also mit Rhodey, der einige hörenswerte Storys auf Lager hatte – wobei er sich am meisten darüber freute.

Nun ja. Teenager mit Langeweile waren ja dafür bekannt, auf dumme Ideen zu kommen.
Aber ich fand meine Idee eigentlich ganz angenehm, eine Win-Win Situation sozusagen.
Ich beschloss, eine Technikfirma zu gründen – keine Panik, nur auf dem Papier! – und als erfolgreicher Newcomer einen Termin mit der weltweit erfolgreichsten Firma auszumachen.

Weil der Sekretär am Telefon meinem Alter aber nicht traute und ich mein Abi-Zeugnis noch nicht hatte – ich musste ihm ja irgendwie weiß machen, ich sei volljährig – verlangte er nach einem persönlichen Treffen, bevor er mich zu Pepper Potts vorließ.
Na ganz toll. Ich war gerade mal (fast) 1,50, das würde er mir nie abkaufen.

 Kurzerhand schickte ich also meinen Stellvertreter.
Einziges Problem: Ich hatte keinen. Ich hatte ja nicht einmal Mitarbeiter oder überhaupt eine Firma.
Tja, auch eine Stark musste einsehen, wenn sie Hilfe brauchte.
Aber ich wusste genau, wen ich anheuern würde.

*

„Meine eigene Firma hintergehen?", Happy sah mich an, als sei ich durchgedreht, „Vergiss es. Ich sehe sowieso den Sinn hinter dem Ganzen nicht."
Ich verdrehte die Augen. „Es geht hier um Pepperony, Happy. Pepper und Tony! Das Glück deiner Vorgesetzten!"
„Ganz genau, meine Vorgesetzten. Die betrüge ich nicht – ich bin der verdammte Sicherheitschef!" Er verschränkte die massigen Arme und schaute mich grimmig an.
„Eben drum: Als Sicherheitschef hast du die besten Möglichkeiten, mir unerkannt einen Termin auszumachen! Das handelt sich um fünf Minuten, die werden dich nicht umbringen!"
Er schwieg finster.
„Ach, zeig mir doch ein bisschen mehr Fröhlichkeit, Happy. Du willst doch, dass die beiden wieder zusammenkommen, oder?"
Da hatte ich einen wunden Punkt getroffen. „Ich habe die Verlobungsringe seit acht Jahren in der Jackentasche!", empörte er sich.
Okay... das war dann doch etwas creepy.
„Na also. Los, am Ende sind sie uns alle dankbar."

Natürlich tat Happy, was ich von ihm wollte.
Jesus, der Typ war undercover Vorsitzender des Pepperony-Fanclubs, der würde seinen rechten Arm geben für eine Hochzeit der beiden.
In dem Wissen, dass mein Dad ihm einen neuen bauen würde, selbstverständlich.
Und mit den Worten „Da will ich aber was dafür".
Aaaaber er tat es.

*

Als Happy mich dann zwei Tage später zum Stark Industries-Hauptsitz fuhr, stieg ich also mit einem Eis in der Hand auf den Beifahrersitz.
„Erstens", knurrte er, „Fährt der Client auf der Rückbank, zweitens wirst du in meinem Auto keine Süßigkeiten essen."
„Werde ich auch nicht", sagte ich unverblümt, den ersten Teil seiner Aussage ignorierend, „Das ist für dich. Du wolltest doch eine Belohnung."
Ich bekam nur einen angefressenen Seitenblick ab. „Damit meinte ich eher geldliche Angelegenheiten."
„Mein Dad bezahlt dir jeden Monat dein Gehalt", zuckte ich die Schultern, „Das dürfte reichen."
Happy grunzte ganz und gar nicht happy.
Aber das Eis aß er trotzdem.
Ziemlich inkonsequent, der Gute.

*

Ich für meinen Teil marschierte wenig später ziemlich zufrieden mit der ganzen Sache in Peppers Büro.
Überrascht sah sie von ihrem Computer auf und schenkte mir eine verwirrte Musterung.
„Wer bist du denn?"
„Virginia Topps. CEO von TOP Industries", ich setzte mich unaufgefordert auf einen der beiden Stühle vor ihrem Schreibtisch.

„Oh", sie ließ mich nicht aus den Augen, als ihre Hand in eines der Schubfächer wanderte, „Etwas Besseres ist dir nicht eingefallen?"
„Na, sicher", ich lächelte, „Aber ich wollte wissen, was der Typ am Telefon auf dem Kasten hat. Die Antwort ist – nicht sonderlich viel. Und den Alarm brauchst du nicht auszulösen, ich bin nicht in feindlicher Mission hier." Ich zog demonstrativ meine Jacke aus und offenbarte den weißen Hoodie. „Eine weiße Flagge fand ich zu auffällig, ich hoffe, der tut's auch?"
Pepper hatte sich immer noch nicht entspannt. „Wer zum Teufel bist du?"
 „Gracie Stark." Boom, in your face.
Und den Perso auf den Tisch geknallt.
Ich liebte Drama.

„Warum", begann Pepper gezwungen ruhig, „Bist du hier?"
„Ich möchte einfach nur mit dir reden. Über meinen Vater. Ich sah keinen anderen Weg."
„Schickt er dich?", fragte sie in einem merkwürdigen Ton.
„Nein", meinte ich ehrlich, „Er hat keinen Plan, dass ich hier bin. Er hat gerade von so ziemlich gar nichts einen Plan gerade, er kommt nicht mehr aus seiner Werkstatt raus."

„Wenn ich eines von Tony weiß, dann, dass er immer einen Plan hat. Egal wie lächerlich und riskant der auch sein mag", öffnete sie sich jetzt etwas.
Ich musste lächeln. „Mag sein, aber gut geht es ihm gerade nicht."

„Was bezweckst du mit dieser Unterhaltung?", Pepper verengte leicht ihre Augen, „Was ist dein Plan?"
„Ich möchte, dass du dich mit Tony triffst und mit ihm redest. Er soll rauskommen aus seinem verdammten Schneckenhaus und Anteil nehmen an der Welt. Ich will meinen Dad wiederhaben", erklärte ich ihr, meine Emotionen nur mühsam zurückhaltend.
„Wie alt bist du?", fragte sie jetzt sanfter.
„Vierzehn. Und ich brauche noch eine Familie, auch wenn ich das manchmal nicht wahrhaben möchte."

„Dann rede mit Tony darüber. Ich kann dir nicht helfen." Für Pepper war das Gespräch jetzt beendet, aber ich war noch nicht einmal beim Thema angekommen.
„Es geht hier nicht um mich!", machte ich deutlich, „Es geht um Tony! Er kommt nicht klar mit den Geschehnissen in Sibirien, er lässt nichts und niemanden mehr an sich heran – es zerreißt ihn! Er braucht dich, Pepper!"

Sie konnte ihre Augen nicht von mir lösen, und ich sah hunderte Emotionen darin. Ihre Stimme blieb jedoch ganz ruhig: „Und mich zerreißt es, wenn ich ihn Tag für Tag in Lebensgefahr weiß, wenn ich abends im Bett liege und mich frage, wann er heimkommt – ob er überhaupt kommt! Er lebt sein Heldenleben und ich... habe es immer gehasst."

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen widersprach ich ihr: „Nein. Du liebst ihn, und Ironman ist ein Teil von ihm – du liebst ihn für seinen Mut und seine Selbstlosigkeit und für alles andere, und das macht dir Angst. Denn trotz dieser... Gefühlsachterbahn, die er dich andauernd fahren lässt, kannst du ihn nicht loslassen. Und wenn tatsächlich etwas passiert, wenn er... stirbt, dann trifft dich das tief, ob ihr nun zusammen seid oder nicht. Weil du ihn liebst, Pepper. Das steht nicht infrage, die einzige Frage ist – steht ihr das zusammen durch oder nicht?
United we stand, divided we fall. Das hat er gerade sehr schmerzhaft erfahren müssen."

 Ich erhob mich und schickte mich an, zu gehen. „Du weißt, wo du ihn findest."

*

Wortlos setzte ich mich zu Happy in Auto, der die ganze Zeit vor dem Gebäude gewartet hatte, und ließ ihn zum Tower fahren.
Seine wiederholten Seitenblicke zeigten mir, dass er sehr wohl neugierig war, aber er fragte nicht nach.
Und ich war froh darum.
Ich hatte heute genug emotionales Zeug gefaselt.

***

Ein etwas längeres Kapitel heute 😉
Was haltet ihr von Gracies Zusammentreffen mit Pepper?

Und ich hoffe, ich habe Happy halbwegs getroffen. Er gehört zu meinen Lieblingscharaktern, er ist einfach immer für Tony da... 😥😅

Iron KidWhere stories live. Discover now