Epilog

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„Da ist ein Bus! Bus, Bus... Halt an, verdammt noch mal!"
May schlug sich die Hände über dem Kopf zusammen.

Seit sie von Spiderman erfahren hatte, machte ich mir einen Spaß daraus, sie mit Superhelden-Videos ihres Neffen zu versorgen. Sie ging erstaunlich entspannt damit um, war aber semi-begeistert, wenn Peter einen Bus mit bloßen Händen stoppte.

 „Schon wieder?"
Mein Freund kam in die Küche und hob mich kurz von meinem Stuhl, nur um mich wieder auf seinem Schoß niederzulassen. „Ich finde das nicht witzig."
„Ich auch nicht...", stimmte May ein wenig kläglich zu.
Ich kicherte leise, brach aber ab, als Peters Atem in meinem Nacken mir eine Gänsehaut verursachte.
Seine langen Finger kitzelten meine Seiten, und grinsend wandte ich mich zu ihm um. „Wenn du einen besseren Vorschlag hast, höre ich auch auf, euch zu terrorisieren."
„Habe ich tatsächlich", er lächelte mir zu und zog mich in sein Zimmer.

 Na, nicht falsch denken.
Zwar zog er sich bis auf die Boxershorts aus, allerdings nur, um als Spiderman mit mir im Schlepptau New York unsicher zu machen.

Das klang allerdings weitaus mehr nach Bad-Boy, als es tatsächlich war.
In der Realität lagen wir dann einfach auf dem Dach des World Trade Centers und beobachteten die Wolken, die Schatten über unsere Gesichter zogen.
Hatte ich schon einmal erwähnt, dass ich bewölkte Himmel liebte?
Sonne war widerwärtig. Vor allem in der Innenstadt New Yorks, wo alle Gebäude die Strahlen reflektierten. Regen war nervig. (Ja, schon klar, Klimawandel – Natur braucht Wasser, bla bla bla... ich bin eine Stark, ich darf das sagen. Wir sind der einzige Massenhaushalt mit sauberer Energie.)

Gut, vielleicht war ich ein wenig abgedriftet.
Nachdenklich spielte ich mit Spideys Fingern, schließlich die Frage stellend, die ich für eine Weile komplett verdrängt hatte: „Warum wolltest du mir eigentlich nie sagen, was deine erste Identität ist?"

Meine Antwort bekam ich erst nach kurzem Schweigen, er wusste wohl, dass sie mir nicht gefallen würde: „Ich hatte einfach Angst, dass Peter eine Enttäuschung für dich wäre. Es war neu für mich, dass mich jemand als Held kennenlernte, und ich wollte das nicht... wegwerfen. Peter Parker schien mir nie genug für Gracie Stark. Ziemlich stereotyp, ich weiß." Er drehte seinen Kopf und sah mir in die Augen. „Ich habe auch begriffen, dass du dich in mich verliebt hast und nicht in irgendeine Identität. Ich kann nicht wechseln zwischen diesen beiden Leben, ich trage sie beide immer in mir."
Und grinsend fügte er hinzu: „Ich habe einiges an Selbstvertrauen gewonnen durch dich. Gezwungenermaßen. Sonst hätte ich vermutlich irgendwann heulend in einer Ecke gesessen, weil du mich fertiggemacht hast."

Ich lächelte zufrieden. Die Rede konnte ich mir sparen.
„Weißt du, Spidey, du hast mir ebenfalls eine Erkenntnis mitgegeben..."

Jetzt zog er seine Augenbrauen hoch, und sein Blick funkelte frech. „Ach ja? Gracie Stark ist nicht allwissend gewesen?"
„Spinner", Musculus rectus inferior und Klaps gegen die Schulter, „Das weißt du ganz genau."
Er stützte sich auf seinen Ellenbogen, um Blickkontakt zu mir aufzubauen: „Schon klar, eines der wenigen Dinge, die ich weiß im Vergleich zu dir." Er erinnerte mich dermaßen an einen Welpen in Spielstimmung, und ich konnte wieder nur die Augen verdrehen. „Du bist hochintelligent und bist dir das auch bewusst."
„Hast ja recht... was ich doch alles weiß..."
„Spidey!"
Er lachte herzlich und ließ sich wieder auf den Rücken fallen. „Dann teile deine neue Erkenntnis doch mit mir."

Ich legte entspannt meinen Kopf auf seine Schulter, und ein breites, ehrliches Lächeln erschien auf meinem Gesicht.

„Braune Augen sind auch ganz okay."

***

Braune Augen.
Menschen mit braunen Augen gelten als kontaktfreudig und lebhaft – konnte ich bestätigen, Dad –, als umgänglich und manchmal scheu – Spidey, definitiv! – und standhafte Individualisten, praktisch und eigenständig – alle beide, auch wenn sie durchaus eine Hand zum Anfassen brauchten.

Ich dachte an das Funkeln meines Dads, voller Emotionen – ob beim Arbeiten in seiner Werkstatt, beim Fertigmachen von Reportern oder beim Diskutieren mit seinen Liebsten.
Ich dachte an Peters Welpenblick, der viel zu ernst sein konnte für einen Teenager. Aber meistens war er fröhlich, voller jugendlicher Kraft. Oder gar nicht vorhanden, da er peinlich berührt die Lider gesenkt hatte.

Beide Augenpaare begegneten mir mit so unglaublich viel Liebe.
Ich weiß, ich weiß, furchtbar kitschig und atypisch... Lasst mich, ich war gerade emotional.
Teddyaugen jedenfalls würden zwar nicht meine neue Faible werden, aber ich wusste sie durchaus zu schätzen.

90 Prozent der Menschen haben braune Augen. Und ich war bereit, mich auf sie einzulassen.
Ich war nicht allein, und ich war offen für die Welt.
Hoffen wir mal, dass sie das überstehen würde.

***

Ich sag hier einfach gar nichts mehr dazu.
Das Nachwort kommt extra... Oh Mann, bin ich gerade emotional. 🤧😅

Iron KidWhere stories live. Discover now