Das Empire Steak Building übernimmt die Musikbranche

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‚Hey, bist du gerade beschäftigt?', suchte ich mir einen anderen Zeitvertreib.
‚Bin gerade auf Patrouille, aber voraussichtlich in zehn Minuten zuhause!', kam umgehend die Antwort.
Was machte er denn vormittags als Spiderman in New York? Fiel das seiner Tante nicht mal auf?

Naja, bis Spidey Zeit für mich hatte, konnte ich gleich die Gelegenheit nutzen und nach diesem ominösen Restaurant suchen.
Keine Sekunde später meldete Oscar mir erste Erfolge: „Wir haben es mit einem Italiener im gehobenen Ambiente zu tun, Gracie."
„Jesus... Wer macht denn eine Pizzeria zu einem Nobelschuppen?", beschwerte ich mich.
„Chazz Palminteri, US-amerikanischer Schauspieler sizilianischer Abstammung."
„Das erklärt zumindest den Namen..."
„Das Restaurant entstand in Kollaboration mit dem Empire Steak House."
„Empire Steak Building wäre cooler gewesen", kommentierte ich bloß.
„Du solltest ein Patent darauf anmelden", schlug Oscar sehr ironisch vor, verbesserte sich dann aber sofort selbst: „Nein, tut mir leid... Das gibt es sowohl als Restaurant in Frankreich als auch als Band in Deutschland."
„Ernsthaft? Wow, auf diese Information habe ich mein Leben lang gewartet..."
„Immer gern für dich zur Stelle, Gracie."

Also, Gracie, was ist los?', meldete Spidey sich endlich.
‚Nichts', war meine simple Antwort.
Wie, nichts?'
Ich verdrehte die Augen. ‚Nicht jeder hegt ein übermäßig interessantes Superheldendasein. Mir ist laaaaaangweilig, Buddy.'
‚Wuff'
‚?!'
‚Buddy ist ja mal
der Hundename schlechthin.'
‚Von wegen. Bello, Barker, Balu ... Soll ich fortfahren?'
‚Warum fangen die alle mit B an?'
‚B ist einer der weichsten Laute überhaupt. Das kann interpretiert werden als Hervorhebung der Beziehung zwischen Hund und Mensch oder des Vertrauens des Zweibeiners in sein Raubtier aka des Menschen besten Freunds.'
‚Aaaalles klar.'

Kurzerhand rief ich ihn an. „Irgendwas passiert heute?"
Er schnaufte nachdenklich. „Nichts Besonderes. Ich habe einen Taschendieb gestellt... Sonst nur Kleinigkeiten."
„Mmh...", machte ich abwesend, nebenbei mit den Bändeln meines army-grünen Hoodies spielend, „Sag mal, ruft das nicht deine Tante auf den Plan, wenn du tagsüber einfach so verschwindest?"
„Normalerweise schon, aber sie war heute einkaufen... Und, wie gesagt, ich lüge oft wegen Spiderman." Seine Stimme klang nun etwas belegt, und ich runzelte leicht die Stirn.
„Das belastet dich ziemlich, hm? Ich würde das nicht ertragen. Ich hasse Unehrlichkeit..."
„Willkommen im Club." Er lachte verbittert auf, was so gar nicht zu ihm zu passen schien. „Naja, ich kann's mir ja jetzt wenigstens von der Seele reden."

Ich grinste unwillkürlich. „Nur zu, ich spiele gerne den Superhelden-Psychologen." Kurz stockte ich, weil ich dieses letzte Wort hasste wie die Pest, dann überspielte ich die plötzliche Pause: „Habe ich dir schon erzählt, dass ich mit Pepper gesprochen habe und sie mit Tony jetzt wieder ein Date hatte? Wir treffen uns heute Abend zu dritt."
„Pepper? Pepper Potts?", hakte Spidey ungläubig nach, „Der Wahnsinn! Du weißt gar nicht, wie cool dein Leben ist..."
„Ja, ich glaube, wir machen beide das Beste aus dem Scheiß, der uns passiert ist." Ich grinste bei diesem Satz, denn ändern konnte man die Vergangenheit sowieso nicht. Es war gut so geworden, wie es jetzt war.

„Du, ich muss dann aber auch auflegen", teilte er mir nun etwas verlegen mit, „Es gibt Essen. Hören wir voneinander?"
„Na klar... Bis später!"

*

Ja, so ungefähr sah mein Standardtag gerade aus. Man mische eine ordentliche Portion KI mit einer Menge Spiderman, füge noch eine Prise Iron Man und War Machine hinzu und fertig war der Kuchen meines Lebens.
Ich musste einen Poeten gefrühstückt haben. Nein, unmöglich - wie auch? Ich hatte überhaupt nichts gefrühstückt!

Mein knurrender Magen führte mich in die Küche, wo ich im Kühlschrank aber nur eine Portion Makkaroni mit Käse zum Aufwärmen fand.
Und heute Abend stand ein Italiener an, wo ich nicht einmal Pizza bestellen konnte – sogar ich sah ein, dass ich im Nobelrestaurant in der Öffentlichkeit Besteck nutzen musste, aber was ich absolut nicht einsah, war Pizza mit Messer und Gabel zu essen. Ich meine, wer tut sowas?

Daher würde es für mich heute Abend wohl Nudeln geben.
Aber davon konnte man nie genug essen, und mein Magen machte mir die Entscheidung nicht gerade schwer.

*

Stunden später hatte ich nur noch ein Problem: Was zog man als Iron Mans Tochter beim Diner an?
Wenn Dad mit ‚salonfähig' meinte, ich solle mich jetzt sonstwie aufhübschen, hatte er sich aber gewaltig geschnitten.
Bisher hatte ich mich vor einer du-bist-jetzt-prominent-und-kleidest-dich-entsprechend-Shoppingtour gedrückt – klar, es war ja auch keine Frau im Haus –, aber ich würde wohl nicht viel länger drum herum kommen.
Egal, damit würde ich mich später beschäftigen.
Kurzerhand schlüpfte ich in eine rote Hose und dunkles Shirt mit farblich passendem Aufdruck. Ohrringe, Haare zähmen – schon leichte Locken waren manchmal wirklich widerspenstig –, schwarze Stiefel, fertig.

*

Mein Dad musterte mich kurz durch den Rückspiegel, als ich zu ihm ins Auto stieg – ich war auf die Rückbank verbannt worden –, sagte aber nichts, nachdem ich ihm „Du hast leicht reden mit dem schwarzen Anzug!" zugezischt hatte.

Ich hatte keine Ahnung, wo Pepper wohnte, weil meine Aufmerksamkeitsspanne nicht für den New Yorker Abendverkehr reichte, aber ich ließ Oscar den Standort speichern, als Dad seine Freundin zusteigen ließ.
„Hey...", grüßte Pepper lächelnd, zögerte kurz und lehnte sich dann vor, wohl in der Absicht, Dad einen Kuss auf die Wange zu geben – aber Tony Stark wäre nicht Tony Stark, wenn er den Kopf nicht im letzten Moment gedreht hätte und Peppers Lippen auf seinen landen ließ.

„Pepperony...", murmelte ich undeutlich zwischen zwei Hustern.
„Nah, als ob du dich daran stören würdest, Kid." Und da war er wieder, der überlegene Rückspiegel-Blick. Ich verdrehte nur – wie immer – die Augen.

***

Ach, ich mag Pepperony. 
Mehr davon im nächsten Kapitel 😉

Iron KidWhere stories live. Discover now