Sogar mein Humor hat sich verabschiedet

1.2K 92 58
                                    

Mit gerunzelter Stirn spulte ich den Moment vor der Implosion noch einmal vor meinem inneren Auge ab. Mein Kater war abgesprungen, das hatte ich noch mitbekommen... Noch im selben Moment musste ihn etwas aus der Flugbahn geworfen haben!

Oscar war wohl zu demselben Schluss gekommen: „Gracie... Da vorn."
Er zoomte auf die Stelle, die er meinte... und ich ließ meine Hand sinken.

„Repulsor laden", sagte ich monoton, „FRIDAY, verschaffe mir freie Sicht."
Der Anzug, der mich schon hierhergebracht hatte, schoss auf die Trümmer, und als die Staubwolke verschwand, ging meine heile Welt mit ihr.

Nach wenigen Schritten fiel ich neben ihr auf die Knie, suchte nach einem Puls – Oscar komplett vergessend.
„Keine Vitalwerte vorhanden", erklärte er trotzdem.
„Nein!", wimmerte ich und strich ihr eine brünette Strähne aus der Stirn. „Komm schon, mach deine Augen auf... ich will deine wunderschönen Augen sehen... Scarlett!"

Jetzt liefen die Tränen, verzweifelt suchte ich nach irgendetwas in meinem Kopf, das sie zurückbringen konnte... Aber er war leer. Wozu brauchte ich einen übergroßen Verstand, wenn er zu nichts nütze war?
„Mach die Augen auf!", schrie ich schon fast, vollkommen verzweifelt – dann brach ich zusammen.
Ich war am Ende, wollte einfach nur Scarlett wiederhaben... Ich zog sie näher an mich, in meine Arme, wie Harry Dobby gehalten hatte.
Aber Scarlett konnte ich nicht mehr trösten.

Es war mein Dad, der mich fand – meine Katze auf der Schulter und die Leiche meiner besten Freundin im Arm haltend.
Er erstarrte kurz, dann war er bei mir. „Oh, Kid... Komm... Komm schon, wir müssen hier raus."

Er legte einen Arm um meine Schultern und löste meine Hände von Scarlett, aber ich krallte mich nur noch fester an sie. „Lass sie nicht gehen Dad!", wimmerte ich, „Sie muss doch ihre Augen aufmachen!"
Dads Lider flatterten und er atmete zittrig aus. „Ich weiß, Kid. Na komm... Es wird wieder gut."
„Wird es nicht", sagte ich.
Ich schrie nicht mehr, ich weinte nicht mehr.
Scarlett war fort, und sie hatte alles Bunte meiner Welt mit sich genommen. Ich war grau wie der Staub auf ihren dunklen Haaren.

Dad führte mich an den anderen vorbei, Rhodey hatte seinen Helm abgenommen und schenkte mir einen betroffenen Blick.
Spiderman streckte eine Hand nach mir aus, und für den Bruchteil einer Sekunde fing ich seinen Blick auf... Dann wandte er sich ab, und ich lehnte mich in die Umarmung meines Vaters, der mich blind nachhause brachte.

Ich hatte kein Zuhause mehr. Mein Hafen war fort, und ich trieb durch New York wie eine Nussschale auf dem offenen Ozean.

***

„Was ist passiert?", erhob Pepper sich mit entsetztem Blick.
„Später", sagte Dad nur und führte mich in mein Zimmer.

Hier wartete ich. Wie immer. Wie jede Nacht.
Aber das hier war nicht jede Nacht.
Ich lag in Trümmern.
Und er kam nicht.

*

Seymour war bei mir.
Er saß auf meinem Rücken, wenn ich auf dem Bett lag.
Er saß auf meiner Schulter, wenn ich die Kraft hatte, aufzustehen.
Warum war er hier?
Sie hatte ihn nicht einmal gemocht.

Aber er war hier, und ich war froh darum und ich hasste mich dafür.
Warum konnten sie nicht beide hier sein?
Warum konnte ich nie ein normales Kind sein, mit Mom und Dad?
Warum hieß es immer ‚er oder sie'?

***

Ich saß auf dem Dach.
Ich wusste nicht, wie ich hier hochgekommen war.
Ich wusste nur, dass er es nicht war, der mich hergebracht hatte.
Denn er kam nicht.

Wer aber kam, war mein Dad.
Er setzte sich neben mich auf die Kissenlandschaft, die ich hier deponiert hatte.
Mit ihm.

Dad zog mich in seine Arme und murmelte leise Worte.
Wie alles andere auch zogen sie an mir vorbei... Aber er war mein Vater. Er blieb, würde für immer bleiben.
Von Scarlett hatte ich das auch gedacht.

Dad aber blieb tatsächlich, und er formulierte immer neue Worte... Irgendwann hörte ich sie.
„Ich habe Angst, Kid. Angst, dass du es nicht schaffst... Du bist so klein und so verletzlich."
Ich wollte nicht, dass er sich schlecht fühlte.

Mühsam riss ich mich zu einer Antwort hin: „Ich bekomme keine Depressionen."
Er sah mir in die Augen, wartete, dass ich fortfuhr... aber ich konnte nicht mehr.
„Ich weiß, dass du immer ehrlich bist, und ich glaube dir. Aber du kannst das nicht steuern... Weißt es manchmal selbst nicht."
„Keine Depressionen", beharrte ich.
Ein trauriges Lächeln spielte um Dads Mundwinkel. „Stark'scher Dickschädel, hm? Da kommt so schnell nichts vorbei."

Ich schloss kurz die Augen und ließ die kühle Abendluft durch meine Lungen strömen. „Ich weiß, wie es ist, jemanden daran zu verlieren. Das werde ich dir sicher nicht antun. Mach... Mach dir einfach keine Sorgen."
„Ich mache mir immer Sorgen", Dad griff nach meiner Schulter. „Du bist mein Kind, Gracie. Und das hat mir anfangs verdammt Angst gemacht. Ich habe mir gesagt – ich habe mich damals an meine Mutter gehalten. Aber dir war diese Möglichkeit verwehrt, was also, wenn ich ein genauso schrecklicher Dad werde wie mein Vater es war?
Er hat mir letztendlich das Leben gerettet. Aber meine Kindheit... Die war verloren. Und jetzt sitzen wir beide hier, du bist genauso zu schnell erwachsen geworden wie ich. Du bist so stark, Gracie... Aber ich wünschte mir, du müsstest es nicht sein."

***

Okay, jetzt brauche ich eine Aufmunterung... Freiwillige vor? 😥😅

Iron KidWhere stories live. Discover now