Meine Katze ersetze ich durch einen stolzierenden Gockel...

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Am Freitag  war dann die Pressekonferenz angesetzt, und Rhodey schärfte mir mehrfach ein, mich zivilisiert und chic zu kleiden. Ich suchte also, brav wie ich war, das Outfit meiner Jugendweihe heraus – ein hellblauer Zweiteiler aus Hose und Shirt – und aktivierte vorausschauend die Sonnenschutzfunktion meiner Brille.

Dann fuhr ich ins Erdgeschoss des Towers, wo sich im Vortragsraum die Reporter schon versammelt hatten, und trat zu meinem Vater, der mich wohl gerade angekündigt hatte.
„Tja, Leute, das ist meine wunderschöne Tochter Gracie – wink mal ganz brav, meine Liebe-", tat ich natürlich nicht, verkniff mir aber auch den Todesblick, „-dann eben nicht, jedenfalls werden wir jetzt eure Fragen beantworten, es sei denn, sie sind unangemessen... ja, Sie mit dem grünen Shirt?"

„Mr. Stark, können Sie uns einen Zusammenhang zwischen dem Auftauchen Ihrer Tochter und der Trennung von Miss Potts bestätigen?"
Dad versteifte sich neben mir kaum merklich, antwortete aber nur mit einem klaren „Nein", und ging zur nächsten Frage über.

„Miss Stark, wie macht sich Iron Man als Vater?"
„Ganz großartig", grinste ich, „Er ist so... verantwortungsbewusst." Sie durften sich selbst aussuchen, ob sie das jetzt ironisch auffassten oder nicht. Sicherheitshalber fügte ich hinzu: „Nein, ehrlich, er würde niemals zulassen, dass ich in irgendeiner Form verletzt werde. Es ist schön, einen Dad zu haben."

Er strich mir leicht über den Rücken und rief den nächsten Reporter auf, der das allseits beliebte Thema ansprach... „Sie haben vorher bei Ihrer Mutter gelebt, ist das richtig? Was ist passiert, dass wir jetzt von Ihnen erfahren?"
Dad warf mir einen kurzen Seitenblick zu und sprang dann ein, augenscheinlich befürchtend, ich könnte etwas Unüberlegtes sagen. „Erst einmal ist es, denke ich, für jeden verständlich, dass Gracie bisher einem Leben an der Öffentlichkeit fernblieb. So hatte wenigstens sie eine Kindheit. Was ihre Mutter betrifft, zähle ich das zu den unangemessenen Fragen – das Einzige, was euch Aasgeier interessieren dürfte, ist, dass sie keine berühmte Persönlichkeit ist."

Der nächste Aufgerufene fragte dann glücklicherweise, ob ich auch andere Avengers getroffen hätte, und ich erzählte grinsend von meinem Geplänkel mit Rhodey.

„Mr. Stark, denken Sie, dass das Wissen um Ihre Tochter die Avengers schwächen könnte? Ohne Kräfte ist sie ja wohl ein leichtes Angriffsziel!"
Ich verengte meine Augen und drehte meinen Kopf der Quelle dieser Frage zu, einer brünetten Frau mit viel zu kurzem Kleid. „Oscar, scannen", murmelte ich leise, „Verbinde doch bitte-"
Doch die Hand Dads, die sich auf meine Schulter schlich, ließ mich innehalten.
„Ihr könnt mir glauben, dass Gracie ganz und gar nicht wehrlos ist. Sie braucht keine... Kräfte, wie Sie sagten, um besondere Fähigkeiten zu haben. Ihre kognitiven Leistungen übersteigen die der meisten Personen der Erdbevölkerung und sorgten bereits für eine Verbesserung der Iron Man-Anzüge."
Das war frei erfunden, aber ich verstand, warum er das Rhodey-Thema nicht auf den Tisch brachte. Wir durften uns keinesfalls angreifbar machen.

Falls wir noch einen Beweis für meine Intelligenz brauchten, lieferte der letzte Reporter eine wunderbare Steilvorlage, als er nach meiner Schule fragte.
„Momentan besuche ich gar keine Bildungseinrichtung, ich habe vor kurzem Abitur geschrieben – das entspricht in etwa einem Sophomore year-Abschluss – und erfahre von meinem Dad ein wenig Homeschooling."

„Nun denn, genug von unserer Seite – ich bin ein vielbeschäftigter Mann, alle raus hier – na los, schwingt eure Hintern, ich will in fünf Minuten keinen mehr hier sehen!", scheuchte mein Vater die verblüfften Reporter hoch, und ganz ehrlich? Er ließ sie wie eine Herde gackernder Hühner wirken.
Und Tony Stark war der Gockel.
Jener warf mir noch einen Luftkuss zu, riss mit großer Geste die Tür auf und vergrub sich wieder in seiner Werkstatt.
Ganz super. Tolles Gespräch, Dad.

***

Zwei Tage später, den Samstag hatte ich weitestgehend verschlafen – kein Wunder, Spidey hatte mich mit Youtube-Video von sich selbst wach gehalten – weckte Oscar mich mit überraschenden Neuigkeiten: „Vielleicht solltest du aufstehen, Gracie, dein Vater wartet im Gemeinschaftsraum auf dich."
„Alles klar...", murmelte ich verschlafen, dann: „Was? Wie spät ist es überhaupt?"
„10:27 Uhr."

„Na das geht ja noch...", ich hievte mich aus meinem viel zu kuschligen Bett, warf mir Hoodie und Jogginghose über und putzte noch schnell meine Zähne, bevor ich meine Treppe herunterhüpfte – oder eher, -schlurfte – und schließlich in den Fahrstuhl trat.
„Weißt du, was ihn so plötzlich aus der Versenkung holt?"
„Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Projekt Pepperony voranschreitet, da ich keine Übergriffe aus dem All ausmachen konnte."

Oh, yay! Ich mochte Pepper. Und noch mehr mochte ich es, wenn mein Dad endlich wieder normal wurde, also hatte ich wohl zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Nicht, dass ich Fliegen schlagen würde. Warum auch? Die machten doch nichts! Mücken waren da ein ganz anderes Kapitel...

„Guten Morgen, Dad!", rief ich strahlend aus dem Fahrstuhl heraus, „Deine Sonne geht auf!"
Er lächelte mir entgegen. „Warum so fröhlich, Sunshine?"
„Bäh, der Name ist furchtbar. Aber ich bin gerade ziemlich zufrieden mit mir selbst, du nicht?"
„Doch, ich auch", er stand vom Sofa auf, zog mich in eine Umarmung und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel.
„Danke, Kid."

Prüfend musterte ich ihn, als er sich wieder von mir löste. Seine Augen funkelten noch nicht wieder wie früher, aber er sah besser aus. Endlich.
„Übrigens, wir treffen uns heute Abend mit Pepper im Chazz Palminteri. Sei besser salonfähig bis dahin!", rief er schon wieder im Hinausgehen über seine Schulter.

„Warte, was? Wollt ihr euer erstes Date nicht zu zweit genießen oder so?", hielt ich ihn auf.
„Haben wir gestern auch. Jetzt will sie dich kennenlernen – sie fand deinen Auftritt wohl ziemlich interessant." Er warf mir über die Sonnenbrille – warum trug er die überhaupt im Tower?! – einen taxierenden Blick zu. „Über den reden wir dann übrigens auch noch."
„Wie jetzt, ihr habt euch schon getroffen? Ich hatte doch Happy instruiert..." „Yup, und rate mal, wer Happys Chefs sind."
„Aber-"
„Gespräch beendet, Kid!", und weg war er.
Kopfschüttelnd machte ich mich wieder auf den Weg nach oben. Das war ja mal wieder typisch Stark! 

***

So, der Countdown der ruhigen Kapitel läuft ab hier dann von 5 abwärts. 😉

Was denkt ihr im Allgemeinen von Gracies Charakter? Wie soll sie sich entwickeln, wenn der Krieg  in ferner Zukunft dann ausbricht?

Iron KidWhere stories live. Discover now