Der Doc lässt seinen Dackel ziehen

1.1K 82 35
                                    

Wenigstens war Stephen so klug, jenes Thema ruhen zu lassen.
Die Avengers-Kooperations-Geschichte griff er allerdings am darauffolgenden Tag am altbekannten Tisch wieder auf.
„Angenommen, ich würde euch helfen... Was nicht heißt, dass ich es tue! – was würde das für mich heißen?"

Ich kippte auf die Hinterbeine des Stuhls und musterte den Doc. „Du würdest mit Wong zusammenarbeiten, der mit deiner Hilfe den New Yorker Zauberertempel wieder zugänglich machen könnte. Ein Ex-Magier hatte sich in dem Ding verschanzt, der hat sich jetzt aber ein normales Leben geschaffen. Du würdest Magie erlernen und unsere Realität beschützen." Sein Blick war skeptisch, deswegen fügte ich rasch hinzu: „Arbeiten könntest du hier immer noch. Teilzeit. Bei besonderen Notfällen könntest du dich rufen lassen von jemandem, dem du vertraust..."
„Christine Palmer."
Ohne eine Aufforderung speicherte Oscar den Namen und ließ eine holographische Akte erscheinen. Ich tippte kurz an den linken Bügel, dann verschwand sie mit dem Status später kontrollieren.

Der Doctor war aber noch nicht fertig. „Wenn wir schon mal dabei sind, Shorty... Warum ist Stevie eigentlich zu mir gekommen?"
Verblüfft legte ich mein Besteck ab. „Stevie?"

Strange sah mich kurz an, dann senkte er die Lider... verlegen? „Der Umhang. Ich durfte ihn nicht mehr ‚Umhang' nennen... Ziemlich eigensinnig, weißt du?"
Na, wenn das nicht ein Grund zur Erheiterung war! „Schon klar. Stevie. Na, von dem musst du wenigstens nicht niesen."
Bis auf einen genervten Seitenblick bekam ich dazu keine Antwort.
„Du scheinst angeborenes magisches Talent zu haben", lenkte ich ein, „Und nebenbei bist du genauso eigensinnig und stur wie... Stevie."
„Witzig, Shorty." Täuschte ich mich, oder wirkte der Doc ziemlich zufrieden mit sich selbst?

Strange würde jedenfalls nicht mehr zögern, uns zu helfen. Er war ein guter Mensch... Wenn er Fähigkeiten hatte, die anderen helfen könnten, dann würde er die auch bestmöglich nutzen.
Zu den drei Tagen sagte er jedenfalls nichts mehr, weshalb ich einige Stunden später dann auch wieder im Krankenhaus saß.
Aber ich hatte ja einen treuen Spidey, der mich ablenkte...

‚Können wir reden?'

Ich verschluckte mich fast an meiner eigenen Spucke. Das war genau der eine Satz, den man niemals lesen wollte – aber bitte, ich redete hier von Peter, dem Fürsten der unglücklichen Formulierungen. Sorgen machte ich mir da keine.

‚Andere Wortwahl nächstes Mal 😉
Aber klar, ruf einfach an.'

Prompt hatte ich einen aufgeregt quasselnden Peter am Ohr.
„Ich habe das komplett verdrängt, aber wir haben in der Schule doch jetzt Homecoming-Ball, und du kannst mich ja jetzt nicht begleiten... Ich meine, das könntest du sowieso nicht, weil du Gracie Stark bist und ich Peter Parker, aber – wir haben uns geküsst, und ich weiß, dass wir nicht in einer Beziehung sind, aber ich würde mich schon schlecht fühlen, wenn ich eine andere mitnehmen würde."
Kurz verarbeitete ich diese Informationen – dann prustete ich los.

„Mach mal halblang, Spidey, über uns reden wir dann, wenn ich wieder da bin. Mach dir einfach keine Sorgen, okay? Zweitens will ich dich nie wieder abwertend über dich selbst sprechen hören, denn du bist einzigartig. Und was dein Date angeht... Komm schon, es gibt doch 'ne Menge hübscher Mädels an deiner Schule."
„Ja, schon, aber...", ich konnte die Hand in seinem Nacken förmlich sehen, „keine ist so hübsch wie du."
Aww, Spidey! Er brachte ja fast eine Stark zum Erröten...

„Kannst du mir nicht einfach jemanden sagen, den ich einladen soll?", flehte er schon fast.
Grinsend schüttelte ich den Kopf. Womit hatte ich – nein, die gesamte Welt – diesen Jungen verdient?
Aber die Gelegenheit würde ich auch nicht verstreichen lassen. Ich war mir sicher, er hatte irgendwann mal erwähnt...
Rasch rief ich Peters Klassenliste auf und ließ Oscar die Namen mit meinen Markierungen abgleichen. Bingo, ich wusste es.
„Dann Liz Toomes, wenn's recht ist", bat ich Peter, „Ich habe potenzielle Gefahren in ihrem Umfeld."
„Alles klar, bist die Beste!", erklärte er hörbar erleichtert. Er fragte nicht mal nach den Gefahren, vertraute einfach auf mich... Das Lächeln verschwand gar nicht mehr aus meinem Gesicht.

*

„Hier."
Keine zehn Stunden später knallte Stephen einen Zettel mit Zahlen auf den Tisch, worauf ich nur meine Augenbrauen hochzog.
„Meine Nummer, du Genie."
Ich ließ den Stuhl auf die Hinterbeine kippen und musterte ihn über den Brillenrand. „Ganz nett, Doc, aber das Thema ‚alt' hatten wir schon mal."

„Witzig, Shorty", verdrehte er wieder die Augen, „Dieser Wong soll mich anrufen."
Ich lächelte. „Könnte schwierig werden, er hat kein Handy,"
„Was ist er, ein Barbar?"
„Nee, mehr so Teddybären-Richtung. Ich bekomme ihn schon irgendwie informiert."

Strange faltete seine Hände. „Dann gehe ich davon aus, dass ich ab sofort keinen Dackel mehr hinter mir habe, Shorty?"
„Ganz recht, Lanky."
Er zog die Augenbrauen hoch. „Das ist ja mal absolut nicht kreativ."
Ich pustete eine Strähne aus meiner Stirn. „Bleib' ich halt bei Stephen, Langweiler."
Ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, dann klopfte er mir auf die Schulter. „Hören wir voneinander?"
„Klar", mein Blick wurde intensiver, „Fühl' dich aufgefordert, mich anzurufen...Du weißt schon, diese ‚einsam'-Sache – ich habe mir sagen lassen, Gespräche mit mir muntern auf."
Nun lächelte er offen. „Schon klar, du Mini-Psychologin. Und du rufst mich an, wenn du ein Praktikum oder eine Empfehlung brauchst... Bist ja doch ganz fit im Kopf."

Ob er es zugeben wollte oder nicht, der Stark-Charme hatte ihn um den Finger gewickelt.
Langsam stand ich auf, meinen Rucksack von der Stuhllehne nehmend. „Tja, dann...Werde ich wohl mal..."
Wir sahen uns noch immer an, und es war definitiv eine der peinlichsten Stillen, die mir bisher untergekommen waren.
Aber mit dem Gedanken an den König der Peinlichkeiten fiel mir der Abschied plötzlich leichter. 

***

Whoa. Das hier ist das dreißigste Kapitel!
Ich hatte nicht erwartet, dass die Story doch recht lang wird, da ich sonst eher Kurzgeschichten schreibe... Hat es euch denn trotzdem gefallen bis hierher?
 🙃

Iron KidWhere stories live. Discover now