11 | Weißer Mond

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09.12.17

Ihre schwarzen Haare hingen ihr bereits nach wenigen Minuten, triefend nass auf der Stirn und ihre Kleidung war bis zur Haut durchnässt.
»Denkst du, wir finden sie?«, fragte Lennox zitternd und Nyssa konnte sehen, dass seine Lippen vor Kälte bereits bebten.
»Wenn du mir irgendwelche brauchbaren Hinweise lieferst. Damit angefangen, wo du sie verloren hast«, erwiderte die Wächterin schroff, lustlos eine Konversation zu führen oder überhaupt in diesem strömenden Regen zu stehen.
Sie wusste allerdings, wie gefährlich die Straßen Alasade's in der Finsternis sein konnten und es nicht verwerflich wäre, wenn man die beiden Frauen gefangen hätte.

Ein Blitz zuckte über der Stadt, der ihren Weg für einen Moment erhellte.
Mühsam strich sich Nyssa ihre Haare aus dem Gesicht. Wäre sie nicht so schlecht gelaunt, könnte sie die kalten Regentropfen genießen, aber sie musste zwei Ausreißer wieder einfangen.
»Auf dem Markt. Es herrschte eigentlich gar nicht so viel Treiben dort, aber sie waren enfach weg. Ohne ein Wort«, beschwerte sich Lennox aufgebracht.
Nyssa seufzte, machte sich dann aber mit Lennox im Schlepptau, auf den Weg zum Marktplatz.

Es wäre schlauer gewesen, Lennox im Gasthaus zu lassen, falls die Damen doch zurückkamen. Aber Nyssa war sich nicht sicher, ob er dann auf die Idee käme alleine nach seiner Freundin und seiner Schwester zu suchen und es reichten ihr zwei ausgebüchste Gören.

Der Marktplatz war wie zu erwarten, leer.
Laternen brannten nur wenige.

»Und du bist sicher, dass du nicht weißt in welche Richtung sie sind?«
Der Angesprochene schüttelte nur seinen Kopf.

Wieder seufzte sie.
»Dann müssen wir wohl in den Untergrund.«
»W-was? Untergrund? Du meinst jetzt a-aber nicht geheime Gänge unter der Stadt, oder?«, stotterte der Blomdhaarige und Nyssa verneinte.

»Ich meine die zwielichtigen Leute, du Intelligenzbestie.«
Lennox schnaubte wegen des Namen, sagte aber nichts weiter dazu.

»Und wie finden wir solche Leute?«
»Indem wir ihre Lieblingsorte besuchen.«

Schon von draußen hörte man den Lärm der Kneipe.
Ein furchtbarer Gestank aus Alkohol, Schweiß und Urin schlug ihnen entgegen, als sie die Tür zur Rosa Ente öffneten und den hellen Raum betraten.
Lennox rümpfte angewidert die Nase.
Das Gesicht der Wächterin blieb regungslos.
Aufmerksam scannte sie die Kneipe ab, bewegte sich dann mit souveränen Schritten auf die Bar zu, bestellte sich heißen Schnaps, den man ihr zuschob.

Lennox setzte sich neben sie, wartete darauf, dass sie irgendwas tat.
»Und jetzt?«
Nyssa warf ihm einen genervten Blick zu, der sagte 'Halt die Klappe.'
Er rutschte tiefer auf seinen Stuhl und beobachtete abwesend die Leute.

Die Wächterin dagegen schärfte ihren Gehörsinn, lauschte nach etwas brauchbarem und hielt dabei aufmerksam ihre Augen offen.
Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, denn zierliche Frauen waren zu solchen Zeiten nur zu gerne gesehen.

Die Gläser und Flaschen wie festgewachsen in verdreckten Händen.
Von ihrem Platz in der Ecke aus, hatte man eine wunderbare Sicht auf alle Gäste.

»Hasde schon gehört? Ich hab mich wieder mit dem Typ geprügelt. Mein'de wohl, mich über'n Disch ziehe zu könne. Dachte, ich merks ned.«
Der Mann mit dem braunen Vollbart lachte laut und stolz, entblößte dabei eine Reihe gelber, schiefer Zähne. Sein Gegenüber lachte mit.

»Das hat'er verdient. Letztens wollde er mir eine gefälschde Kedde verkofen. Angeblich von einer Adeligen aber ik habs gesehen! Ik wussde, dass der Kerl lügt. Und weißde woher?
Das Schmuckstück hab ik letztens ner alten Frau abgezog'. Gemeckert hat die, Wahnsinn.«

The Ruler of Magic [abbgebrochen/alte Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt