1 - HASS IST PERSÖNLICH

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Vor zwei Jahren

VOLLER Wucht schlage ich gegen die Tür unserer Konrektorin. Den Stundenplan in meiner Hand knülle ich dabei versehentlich zusammen. Da wird ein Fehler vorliegen. Das ist die einzige logische Erklärung. Ihre Stimme ertönt und ich stoppe mich, wische mir den Schweiß in der Jeans ab und öffne die Tür. Ich erinnere mich daran, trotz des Feuers, das in mir kocht, freundlich zu bleiben. Als Beamtin auf Probe darf ich mir keinen Fehler erlauben.

»Ja?« Ihr Blick löst sich von dem Computer. Ich lege ihr den Stundenplan auf den Tisch und streiche kurz drüber, damit die Falten rausgehen. Es ändert nichts an der Tatsache, dass da mein Namenskürzel steht: Rz. Ich kommentiere mein Aufkreuzen zunächst nicht, lasse sie stattdessen das Blatt inspizieren, um selbst draufzukommen. Sie nimmt den Plan kurz, schaut nicht mal zwei Sekunden drauf und gibt ihn mir dann zurück. »Der ist für dich.«

Wow, da wäre ich ja nie drauf gekommen, höhne ich in Gedanken. Susanne ist herzlich und erledigt ihren Job normalerweise souverän, deshalb würde mir nie einfallen, etwas Gemeines über sie zu denken. Jeder machte Fehler, insbesondere dann, wenn man kurz vor dem Burnout steht. Unsere Schule ist chronisch unterversorgt. Uns fehlen Kräfte und Susanne schafft es dennoch die meiste Zeit, die Vertretung so zu legen, dass Unterricht stattfinden kann.

»Da muss ein Fehler vorliegen. Ich unterrichte keine fünfte Klasse«, erinnere ich sie. Da ich an einer Grund- und Oberschule angefangen bin, habe ich von vorneherein damit gerechnet, eventuell mal als Fachlehrerin in den höheren Klassen eingesetzt zu werden. Aber vollständig? Als Klassenlehrerin einer Fünften? Dazu bin ich nicht ausgebildet.

Susanne seufzt tief. »Tut mir leid, Yuna. Auf unsere ausgeschriebene Stelle hat sich niemand beworben. Jennifer übernimmt nun doch wieder eine Klassenleitung, aber ich konnte ihr kurz vor der Pension keine fünfte Klasse mehr zumuten. Erst recht, wenn sie in eins und zwei zuhause ist. Du schaffst das schon. Der Sprung von vier nach fünf ist nicht groß.« Das war wirklich ihr verdammter Ernst?

»Und für wie lange?« Ich wollte keine pubertierenden Jugendlichen unterrichten. Bei meiner Größe und Alter fehlte es ihnen sicher an Respekt. Und wie motivierte man die?

»Solange wie nötig. Ich hoffe, schon im nächsten Schuljahr.«

Sie macht nur ihren Job und kann nichts für diese missliche Lage, aber im Moment würde ich am liebsten schreien. Warum genau hatte ich mich für eine gemischte Schulform entschieden? Ach richtig, weil ich unbedingt in einem Dorf mit mehr Kühen als Einwohnern unterrichten wollte. Susanne sieht mir mein Leid an, denn sie versucht, mich aufzumuntern. »Wir haben dir extra die angenehme Klasse gegeben. Stammen aus kooperativen Familien. Vielleicht hast du es schon gesehen, Julians Sohn ist auch bei dir.«

Nein, habe ich nicht. In der Klassenliste habe ich zwar einen Jungen mit dem Nachnamen Schwab gesehen, hielt es aber für einen Zufall. Dachte, der wäre recht häufig. Julian ist mir bislang nicht oft über den Weg gelaufen, da er ausschließlich an der Oberschule unterrichtet. Was ich weiß, ist, dass er bis vor kurzem Referendar an dieser Schule gewesen ist. Er scheint ungefähr im selben Alter wie ich zu sein. Erschreckend, dass er schon ein Kind in der Fünften hat, während ich an Familienplanung noch keinen einzigen Gedanken verschwendet habe. Ich überschlage kurz sein Alter bei der Geburt. Wenn er jetzt dreißig ist, dann komme ich auf zwanzig Jahre. Das ist nicht mal ungewöhnlich. Himmel!

NOT this time [ONC]Where stories live. Discover now