15 - OFFENBARUNGEN

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𑁍 𑁍 𑁍

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ES war schön, heute Nachmittag Arian mal wieder zu treffen. Die Schüler waren vollkommen mit sich beschäftigt. Ebenso Julian, der mich nach dem Kuss nicht ein einziges Mal angesprochen hat. Ein echt nervenaufreibender Tag. Am Abend fallen die Schüler völlig erschöpft in ihre Betten. Auf dem Flur hört man sie noch über eine wilde Zimmerparty reden, aber bei unseren Kontrollgängen stellen wir fest, dass sie tief schlafen. Der anstrengende Tag hat sie ausgeknockt. Einigen von ihnen habe ich heute kaum in die Augen geschaut, aus Angst den Täter zu sehen, der Junis in die Wäschekiste gesteckt hat. Die nächsten Tage verlaufen friedlicher. Camilla ist auf der Klassenfahrt so etwas wie eine Bezugsperson für ihn. Die beiden lachen immer öfter zusammen. So auch bei unserem nächtlichen Lagerfeuer.

»Es wundert mich, dass sie sich so viel zu erzählen haben, wo sie doch so verschieden sind.« Julian beobachtet die beiden ebenfalls skeptisch aus dem Augenwinkel. Die Rolle des überfürsorglichen Vaters hat er in den letzten Tagen perfektioniert. Bei dem, was sich hier ereignet hat, nicht verwunderlich. Hinter jeder falschen Bewegung vermutet er einen hinterhältigen Angriff. Die Bilder von dem zusammengekauerten Junis geistern auch mir noch im Kopf herum. Da wird er sie kaum vergessen haben.

Camilla legt ihm sacht eine Hand auf die Schulter. Ich höre Julian neben mir scharf die Luft einziehen. Ein Zeichen von Zuneigung. Manchmal sind diese kleinen Gesten gar nicht leicht zu deuten. Wir sind das beste Beispiel. Nach unserem Kuss ist die Zeit eingefroren. »Ich denke, dass ich Junis nicht einweihen kann.« Durch seine letzten Worte zu diesem Thema bin ich einen Schritt zurückgegangen. Es ist, als wolle er mich langfristig nicht an seiner Seite – weil das alles zu verstrickt ist. Und er hat recht. Gerade jetzt, wo sein Sohn die Hölle erlebt, braucht er seinen Vater und nicht die Neuigkeit, dass seine Klassenlehrerin demnächst seine neue Mutter wird.

»Vielleicht ist auch gerade das der Grund, warum sie sich so viel zu erzählen haben«, vermute ich abwesend. Gedanklich gehe ich weiterhin der Frage nach, wieso er sich an diesem Abend neben mich gesetzt hat. Ob er genauso wie ich in Erinnerung daran schwelgt, wie es war, als wir uns berührt haben? Wiegt er ab, was auf dem Spiel steht, wenn wir an dem Punkt von Dienstag früh am Morgen weiter machen? Wie hoch die Gefahr ist, dass wir auffliegen?

Stopp! Es bringt nichts. Zu diesem Zeitpunkt dürfen wir uns nicht aufeinander einlassen. Wenn Junis älter ist, überlegen wir weiter. Ist die Anziehung dann noch da, soll es so sein. Für den Moment werden wir uns beherrschen, denn immerhin sind wir erwachsen. Mein pumpendes Herz spricht allerdings eine andere Sprache bei jedem Streichen durch sein Haar, jedem Heben seiner Mundwinkel und jedem Augenkontakt, den wir haben.

Zu Teenagerzeiten habe ich keinen Crush gehabt, der mich nachts nicht hat schlafen lassen. Nur wenige haben sich zuvorkommend gezeigt und mir mal die Tür aufgehalten. Und falls jemand doof gefragt hat, waren sie sofort diejenigen, in die ich verliebt bin. Obwohl mein Magen keine Purzelbäume veranstaltet hat, wenn sie sich nach mir umgedreht haben. Nicht so wie jetzt, wo Julians Blick auf mir hängen bleibt, nachdem er eine Weile im Kreis die Schüler beobachtet hat. »Warum ist sie plötzlich verschwunden?« Mit sie ist wohl Camilla gemeint. Der Platz neben Junis ist unbesetzt. Er starrt mit leerem Blick ins Feuer, als wäre er vollkommen alleine auf der Welt.

NOT this time [ONC]Where stories live. Discover now