7 - EIN FREMDER ORT

273 30 35
                                    

𑁍 𑁍 𑁍

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

𑁍 𑁍 𑁍

AUF meinem Platz im Lehrerzimmer liegen fünf Bücher, die ich mir im Laufe meines Lebens zur Prävention von Mobbing in der Grundschule angeschafft habe. Die Schulform passt mittlerweile nicht mehr ganz, aber in abgewandelter Form können die Methoden sicher fruchten. Ich durchblättere die Seiten gezielt auf der Suche nach Möglichkeiten für Fälle, wenn es zu spät ist. Ich bleibe bei der FARSTA-Methode hängen, nehme mein Block heraus und fertige Notizen an.

Die Tür öffnet sich und Julian setzt sich zu mir an den Tisch. Er linst mir über die Schulter. »Junis hat Schwierigkeiten. Was weißt du darüber? Was trägst du dazu bei?«, liest er laut vor. Bevor ich den Stift erneut ansetze, reißt er die Seite rücksichtslos aus meinem Block und zerknüllt das Papier direkt vor mir. »Das machen wir auf keinen Fall.«

Meine Stirn fängt wieder zu pochen an. Genervt schiebe ich die Lektüre in seine Richtung. »Das ist aber erfolgversprechend. Wenn es dir nicht passt, schlag was anderes vor.« Das waren mir die Besten. Große Worte und selbst keinen Plan. Er brummt verstimmt auf und blättert missmutig durch die Seiten. Ich sehe ihm an, dass er jetzt am liebsten woanders wäre. Wie hat mich der erste Eindruck bei ihm nur so täuschen können? Er ist kein hilfsbereiter Mensch, sondern faul und ein schlechter Lehrer noch dazu.

Er schlägt das Buch schon nach wenigen Sekunden zu. »Das ist alles Bullshit.« Weil er keine Lust darauf hat, etwas zu unternehmen. Er ist Deutschlehrer und lesefaul. »Bitte sprich mit keinem deiner Schüler über Junis. Das wird es verschlimmern.« Die Sorge in seinem Blick lässt mich verstummen. Er meint es ernst. Denkt er wirklich, es ist besser, nichts zu tun? Zuschauen und hoffen, dass sich das Blatt wendet?

Aber letztlich scheint er ein besorgter Vater zu sein – das stimmt mich milder. Ich senke die Stimme. »Hör zu, wenn wir nur zusehen, werden sie weitermachen. Ich sage ja nicht, dass in diesem Buch die perfekte Lösung zu finden ist. Da steht zumindest etwas. Das ist besser als nichts.«

Er atmet langsam aus. »Ich weiß, tut mir leid.« Hat sich Julian Schwab gerade bei mir entschuldigt? Oder habe ich mich verhört? »Aber wenn die anderen Schüler davon erfahren, denken sie vielleicht, Junis habe gepetzt. Dadurch könnte alles noch schlimmer werden.«

Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Hat er sogar recht? Die restlichen Bücher auf dem Tisch klappe ich zu und schiebe sie beiseite. Wie helfen wir ihm still und unauffällig? Denk nach! Streng dein Gehirn an!

Alles, was ich früher gebraucht hätte, wäre eine Freundin, die sich für mich einsetzt und selbstbewusst genug ist, meine Ängste zu verteidigen. Eine Stimme, die mir fehlt. »Ich könnte eine Gruppenarbeit organisieren, wo Junis mit einem der cooleren Jungs zusammenarbeitet«, schlage ich deshalb vor.

Seine Augen weiten sich und er schüttelt hektisch den Kopf. »Bloß nicht. Das bringt doch nichts. Er wird ihn dann nur ärgern.«

Ich stöhne auf. »Was schlägst du vor?«, entgegne ich schroff.

NOT this time [ONC]Where stories live. Discover now