14 - DER ERSTE SCHRITT

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Julian Schwab

Julian Schwab

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𑁍 𑁍 𑁍

SEITDEM sie ihren Kopf an meiner Schulter abgelegt hat, lässt die Konzentration zu wünschen übrig. Ihr Mund öffnet sich mit jedem Atemzug ein bisschen. Ihre Stirn ist geglättet und die Atmung geht regelmäßig. Ständig erinnere ich mich an den Moment zurück, wo wir ... uns so nahe waren. Sie ist nicht zurückgewichen. Heißt das, sie hat Interesse an mir? Normalerweise sind Frauen wie Yuna entweder vergeben oder nicht interessiert. Was wäre passiert, wenn ich nicht weitergeschrieben und den Abstand zwischen uns verringert hätte?

Nein, hier spielt die Musik! Ich widme mich meinem Dokument. Zwei Kapitel und ich kann unter der Rohfassung endlich einen Haken setzen. Das mit uns wird ohnehin keine Zukunft haben. Ich habe kaum Zeit für soziale Angelegenheiten. Jede freie Minute, die mir bleibt, gehört Junis. Spätestens in der Schule, wenn ihr mein Unterricht wieder nicht perfekt genug ist, werden wir uns eh nicht mehr verstehen.

Aber ... verdammt, wie sie heute Nacht über ihre eigenen Worte gelacht hat. Nur wenige Menschen besitzen so ein ansteckendes Lachen. Zeitweise habe ich angenommen, mit Larissas Tod habe sie allen anderen diese Möglichkeit genommen. Doch Yuna hat es geschafft, mich mit ihrer Euphorie anzustecken. Wärme durchflutet seit langer Zeit meinen Körper. Wird sie so schnell wieder verschwinden?

Der Pessimist in mir bildet sich ein, von Yuna tagsüber wieder eiskalt behandelt zu werden, als wäre diese Nacht nicht passiert. Und was, wenn das Gegenteil der Fall ist? Grauenvoll. Ist sie so herzlich, dann ... Argh! Ich muss schreiben! Sie-

Sie bewegt ihren Kopf ein Stückchen. Ich folge der Bewegung, damit sie weiterhin gepolstert ruhen kann. Ein Grummeln entfährt ihrer Kehle, gefolgt von einem Stöhnen. Jetzt habe ich sie geweckt. Na klasse. »Guten Morgen.«

Sie streckt sich ausgiebig und dreht sich dann verlegen von mir weg. Ob sie ebenfalls an die Ereignisse von letzter Nacht denkt? »Morgen«, antwortet sie mir. »Wie spät ist es?« Und damit startet der stressige Alltag. Ich linse zur Uhr auf meinem Laptop.

»In zwei Stunden gibt es Frühstück.« Seufzend klappe ich den Rechner zu. Es hat keinen Sinn mehr. Wenn ich Glück habe, sind die Schüler beim schwimmenden Wasserpark so beschäftigt, dass ich am Strand mit dem Handy den Rest eintippen kann.

Sie holt sich ihr Handy aus dem Rucksack, scheinbar um Nachrichten zu checken. Mit geweiteten Augen mustert sie den Bildschirm. Das Lächeln von heute Nacht schleicht sich erneut in ihr Gesicht, nur dieses Mal ist es jemand anders, der es ihr entlockt. Gerne würde ich nachfragen, wer ihr geschrieben hat, doch das ist sicher privat. Mehr, als sie verwirrt zu beobachten, erlaube ich mir nicht. Zum Glück bemerkt sie das.

»Ein alter Freund möchte mich heute besuchen kommen. Er ist in der Nähe und macht einen Abstecher«, erklärt sie sich. Mitten in der Woche? Arbeiten Menschen zu dieser Zeit nicht? Warum taucht dieser ominöse Fremde aus heiterem Himmel auf? In welcher Verbindung steht er zu Yuna? Überdramatisiere ich die Situation oder ist das Schicksal ein gemeines Stück scheiße? Hätte ich sie gestern Abend küssen sollen?

NOT this time [ONC]Where stories live. Discover now