6 - NIEMALS ENDENDE GESCHICHTE

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Julian Schwab

Julian Schwab

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𑁍 𑁍 𑁍

ES gibt nur noch einen Ort, abgesehen von den Klassenräumen oben, an dem ich nicht nachgeguckt habe. Die inoffizielle Raucherecke, die von den Lehrkräften selten betreten wird, weil es mittlerweile die meisten begriffen haben, dass es verboten ist, sich dort aufzuhalten. Aber Junis raucht nicht, oder? Vielleicht auch schon und es gibt einen weiteren Punkt, in dem ich versagt habe.

Das Gras wuchs in diesem Teil der Schule besonders hoch. Es mischt sich mit Brennnesseln, Giersch und Löwenzahn. Ich sehe ihn, bevor er überhaupt den Kopf anhebt. Er sitzt mutterseelenallein auf dem Fenstersims der Hauswand unserer Umkleidekabinen. Auf seinem Schoß liegt ein Notizbuch, in das er vertieft hineinschreibt. So wie er da ausharrt, erinnert er mich an mein jüngeres Ich. Ob ich ihn warnen muss, dass er sich so nur von seinen Mitschülern distanziert und keine Freunde finden wird?

Andererseits verstehe ich, warum er flüchtet. Manchmal ertrage ich Menschen genauso wenig. Es ist befreiend, ab und zu ganz für sich zu sein. Nein, das, was er jetzt sicher nicht gebrauchen kann, ist jemand, der ihn in die Schranken weist. Deshalb setze ich mich stumm neben ihn. Er schreckt dabei so zusammen, dass ihm das Notizbuch fast runterfällt. Erst als er erkennt, wer sich da zu ihm gesetzt hat, entspannt er sich. »Papa! Du hast mich erschreckt.«

»Tut mir leid«, murmele ich, obwohl ich es nicht ernst meine. Schon im Vorschulalter habe ich es geliebt, Junis zu erschrecken. Jetzt, wo ich neben ihm sitze, schließt er das Notizbuch. Hätte ich an seiner Stelle genauso gemacht.

Er wirkt verlegen. Natürlich, weil er weiß, dass er sich an einem verbotenen Ort aufhält. »Ich, äh-«, stammelt er und deutet Richtung Schulhof, »gehe dann mal besser zurück auf den legalen Bereich.«

Ich winke ab. »Jetzt ist ja eine Aufsicht da.« Trotzdem hebe ich mahnend den Finger. »Sonst aber nicht. Dann hast du hier nichts zu suchen. Schreiben kannst du auf dem Schulhof oder in der Pausenhalle.«

Er nickt verstimmt. All die Jahre habe ich gelernt, seine Gedanken zu deuten. Für Junis spricht etwas total dagegen, dort zu schreiben. Ebenso schwer fällt es ihm scheinbar, Yuna im Klassenzimmer zu helfen. Ich weiß, dass er ansonsten zuverlässig seine Aufgaben erledigt, daher frage ich mich, ob es vielleicht an dem Jungen liegt, der ihm Gesellschaft leistet. Mika?

»Wie läuft es gerade so in deiner Klasse?«, frage ich daher an, bevor ich ihn an seine Aufgabe erinnere.

Seine Mundwinkel heben sich. »Gut, wieso?«

Weil du hier alleine sitzt und ich genau weiß, warum ich das damals gemacht habe.

»Nur so.« Blöde Antwort. »Das heißt, es interessiert mich, wie es gerade so aussieht. Und wenn was ist, kannst du immer zu mir kommen.«

Er senkt verlegen den Kopf. »Ich sitz hier nicht alleine, weil's mir in meiner Klasse nicht gut geht oder so. Manchmal brauche ich einfach Ruhe.«

Ich atme erleichtert aus. »Das kann ich verstehen.«

NOT this time [ONC]Où les histoires vivent. Découvrez maintenant