8 - AUSSERHALB VON SCHULE

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DEN Moment, wo sich die Tür öffnet, habe ich kommen sehen. Schon heute Morgen, als ich Junis Namen in die Spalte im Klassenbuch mit den abwesenden Schülern eingetragen habe. Er liegt mit einer Lebensmittelvergiftung im Bett. Julian meinte, er müsse ihm ab und zu den Eimer wechseln. Ich habe vorgeschlagen, den Termin zu verschieben. Selbst wenn für die 10a schon diesen Mittwoch der Elternabend ansteht. Ein Videoanruf wäre auch eine Alternative gewesen, aber er hat darauf bestanden, dass ich vorbeischaue. Das kommt mir wie ein Hausbesuch bei einem meiner Schüler vor. Vermutlich, weil es einer ist. Im Studium hat man mir das ans Herz gelegt, um so einen Einblick in die familiären Verhältnisse zu bekommen. Bislang habe ich es immer gemieden. Es kommt fast so rüber, als wolle Julian mir hiermit beweisen, was für ein exzellenter Vater er war. Er bot seinem Sohn ein tolles Familienhaus mit Vorgarten.

Buchsbaumhecken, die penibel gestutzt sind, umrahmen ein Rindenmulchbeet mit Primeln, Narzissen und Stiefmütterchen. Ein kleiner Apfelbaum steht entlang eines Kieselsteinwegs. Das Haus erinnert mich an die aus Kleinstadtserien. An den Fenstern hängen Herze aus Holz. Das Licht strahlt hell hinein. Wer hier mit dem Fahrrad vorbeifährt, nimmt sicher an, hier lebt eine glückliche Familie. Der Garten ist klein und minimalistisch, aber gepflegt und heimelig.

Er steht im Türrahmen. Die eine Hand lässig dagegen gelehnt, mit genügend Abstand, um einzutreten. Dennoch erscheint es mir zu wenig und ich frage mich, warum er keine zwei Schritte zurückgeht. Die Strähnen hängen ihm chaotisch ins Gesicht. Seine Haut glänzt. Er wirkt fast schon ein bisschen abgehetzt. »Hey«, begrüße ich ihn. Erst jetzt, wo ich nach vorne trete, setzt er zurück.

»Hey.« Mit den Händen durch die Haare fahrend, geleitet er mich durch den Flur. Durch die helle Fensterfront im Eingangsbereich ist hier keinerlei künstliches Licht notwendig. Die Wände sind einem olivgrün gestrichen. Auf der Anrichte und neben der Garderobe steht eine Vase mit Trockenblumen. Auf eine lose Stange darf ich meinen Parker aufhängen. Die Einrichtung ist modern und aufeinander abgestimmt. Solch ein Faible für Innenarchitektur habe ich Julian gar nicht zugetraut. Ein Teil von mir hat den Miesepeter wohl in einer Gruft hausen sehen. Mit Betonwänden so kalt wie seine Seele.

»Nett«, murmele ich.

Er lacht. »Ist das nicht die kleine Schwester von scheiße?«

Mir fällt kein anderer Begriff ein, um seine Wohnung zu beschreiben. Das ist eben das Haus von dem Typen, den ich nicht leiden kann. Es hat Geschmack, daher meine ich es durchaus ernst, aber mehr nicht. Würde er sich nur halb so gut um seine Schüler kümmern wie um seine vier Wände, wäre sicher ein schmuckvollerer Ausdruck denkbar.

Er geleitet mich zum Küchentisch. Auf der Holzplatte steht ein alter Laptop, der, was seinen auf Hochtouren lüftenden Prozessor angeht, aus dem Jahre 2005 stammt. Daneben liegt ein Kugelschreiber auf einem schlichten, schwarzen Notizbuch. Man könnte fast annehmen, er habe hier gearbeitet. Erst recht, weil eine benutzte Kaffeetasse links von seinen Unterlagen steht.

NOT this time [ONC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt