②③ Gone

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Mir war klar, dass ich nichts an all dem ändern konnte. Mir war klar, dass er es für das Richtige hielt und ihn niemand mehr davon abbringen konnte. Doch ich hoffte es. Ich hoffte so sehr, dass er einsieht, wie falsch es war, dahin zu gehen.
Sie hatte ihn gefragt, ihn darum gebeten. Warum fiel es ihr so leicht? Bedeutete er ihr nichts? Hatte sie keine Angst um ihn? Wie konnte sie ihn um so etwas bitten, wen ihr doch klar war, dass es eine neunzig prozentige Chance gab, dass er nicht mehr zurück kam? Ich hatte Angst.
Angst um meinem Bruder. Davor, ihn auch noch zu verlieren. Ich wünschte mir, er würde mit mir sprechen. Mir sagen, dass alles gut werden würde. Sich entschuldigen, sagen dass er es nicht ernst meinte, was er sagte.
Ich wollte ihn nicht gehen lassen. Ihn so gehen lassen, ohne dass wir uns ausgesprochen haben. Der Gedanke, er würde verschwinden, aus meinem Leben und aus diesen Leben, bereitete mir Herzschmerzen. Ich würde alles dafür geben, ihn am Leben zu behalten. Dass er wohlbehalten aus der Sache entkam.
Als ich zwei Tage nach unserem gemeinsamen Abend in die Küche kam (langsam schaffte ich es, mich im Haus zu orientieren), wusste ich, dass etwas nicht stimmte.

»Guten morgen Kota«, begrüßte mich Cat. Auch wenn sie versuchte sich fröhlich anzuhören, konnte man den traurigen Unterton hören.
»Was ist los?«, fragte ich und setzte mich hin.
»Nichts. Alles gut«, versuchte sie ihre Stimmung zu über spielen. Doch dann brach sie zusammen und ihr seelischer Schmerz schlug mir entgegen.
»Er ist heute morgen gegangen«, sagte sie mit tränenersticker Stimme.
Mein Herz setzte für einen Moment aus.
»Was?« Meine Stimme war atemlos und zittrig.
»Er hat alles nötige geregelt und ist dann gegangen. Liam hat es mir heute morgen gesagt.«
Er war gegangen. Er war wirklich gegangen. Ohne ein Wort zu sagen. Ohne mit mir zu sprechen.
Vielleicht bedeutete ich ihn wirklich nichts mehr. Ihm war es egal. Ich war ihm egal.

»Ich will zwar ... Ich will zwar, dass mein Rudel in Sicherheit ist, aber ... Gott! Daniel könnte alles mögliche passieren. Ich weiß, er schafft das, aber ... Ich hätte ihm das nicht vorschlagen sollen.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Mir war klar, dass sie nur das getan hatte, was für das RedLake Rudels am besten war, doch was bedeutete das für Daniel? Er hatte sich als Wächter durchgesetzt, gezeigt dass er nicht schwach war, doch in Mitten von unberechenbaren Rogues konnte selbst er nichts machen. Wenn sie bemerkten, dass er kein Ausgestoßener war, würden sie ihn töten.

Caitlyn ließ sich leise weinend gegenüber von mir auf einen Stuhl plumpsen.
»Wir hätten auch jemand anderen schicken können. Oder einfach abwarten-«
»Nein«, unterbrach ich sie und war über meine gleichgültige Stimme erschrocken. Wie konnte ich so monoton klingen, wenn ich innerlich aufgewühlt war? »Es war das Richtige Cat. Du hattest recht, als du sagtest, er sei der einzige, der das machen kann. Abwarten wäre noch schlimmer gewesen. Man wartet und wartet darauf, angegriffen zu werden. Es macht einen verrückt, laugt dich aus.«
»Aber wie kann es schlimmer sein, als ihn zu verlieren?« Ihr fiel es schwer zu sprechen, da ihre Stimme so sehr zitterte.
»Ich weiß es nicht.«
Wenn er nicht mehr kommen sollte, würde ich mir nie verzeihen, nicht mit ihm geredet zu haben. Ich hätte die Initiative ergreifen und mich mit ihn aussprechen sollen. Nicht davon laufen und denken, es wird alles wieder wie früher. Doch hinterher ist man immer schlauer.
Er war meine Familie, mit Caitlyn das wichtigste, was ich besaß, wenn er ginge, gäbe es nur noch mich. Wenn er ginge, würde ich innerlich sterben.

»Ich hätte nicht so zu ihn sein sollen«, flüsterte Caitlyn. »Auch wenn ich nicht damit einverstanden bin, wie er gehandelt hat, was er zu dir gesagt hat und wie er sich verhalten hat, hätte ich ... Ich hätte mir eingestehen sollen, dass er zu mir gehört. Bei den Reißzähnen eines Welpens! Wieso war ich nur so dumm?«
»Wir tun alle Dinge, die wir später bereuen. Doch wir können sie nicht rückgängig machen, nur hoffen, dass wir die Chance bekommen, es wieder gut zu machen. Sich zu entschuldigen, bevor man nicht mehr kann.«
Wer sollte mir sagen können, was die Zukunft mit sich bringen würde? Was mit Daniel passiert und ob ich je die Chance bekommen würde, die gebliebenen Fragen zwischen meinem Bruder und mir zu beantworten.
Niemand. Das war mir klar. Denn niemand kann die Zukunft hervor sagen, denn diese Richtet sich nach unseren Entscheidungen.
Daniel hatte sich dazu entschieden, sein Leben in Gefahr zu bringen um unser neues Rudel zu beschützen. Er hatte sich entschlossen, wieder einmal den Helden zu spielen und alle, die ihm wichtig waren, im Ungewissen zurück zulassen.

An diesen Tag hatte ich noch die Hoffnung, er könnte zu uns zurück kommen.
An diesen Tag sollte ich mich noch in den kommenden Jahren erinnern.
An den Tag, an den Daniel Brookes ging, in den Versuch, uns zu retten.

Blind MateTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang