②⑤ They weaken us

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Alaska - Maggie Rogers

Man hörte ein Stöhnen. Dann eine Faust die auf Haut traf. Ein weiteres Stöhnen. Der Geruch von Blut lag einen Moment in der Luft, ehe er kurz darauf wieder verschwand und einzig der salzige Geschmack des Schweißes auf der Zunge lag.
»Scheiße!«, rief Caitlyn, kurz darauf landete ein Körper auf dem schneebedeckten Boden. Hektisches Atmen durchdrang das Stimmengewirr.
»Nochmal!« Liam beaufsichtigte das Kampftraining heute und forderte viel von seiner Schwester. Das war jetzt schon das vierte Mal, dass sie gegen jemanden kämpfen musste. Die da vorigen Kämpfe gewann sie mit Leichtigkeit, doch jetzt verließen sie die Kräfte nach und nach.
»Verdammt Liam, willst du mich-«
»Das war ein Befehl!«
Wie Donnern unterbrach seine Stimme ihre zarte, entkräftete. Als sie sich wieder auf richtete, konnte man sie deutlich über ihn schimpfen hören, doch er schien es zu überhören. Caitlyn hatte mich beim Frühstück gebeten mitzukommen, da dies ihr letztes Training war, bevor sie entweder als Wächterin angenommen werden würde oder nicht. Ich willigte ein, doch wie schon seit Tagen hatte ich andere Dinge im Kopf. Das Geheimnis um die Verletzten Wölfe wollte sich nicht lösen lassen. Stunden verbrachte ich in dem Zimmer, meistens neben Niklas, unterhielt mich mit ihm, lenkte ihn von seinen Schmerzen ab und durchforstet seine Venen und Arterien nach Anzeichen für die Ursache des Giftes.
Ich hatte gehört, wie die Ärzte es als schwarzen Teer bezeichneten, aber auch als Mors. Für mich war es jedoch das Gift, denn es tötete alles, was sich in den Körpern neu bildete, aber auch das, was schon vorhanden ist. Wenn ich wüsste, woher es kam, hätte ich wenigstens einen Anhaltspunkt, doch ohne irgendetwas zu wissen, erschwerte es die Suche nach einem Gegenmittel. Es war äußerst schwer, etwas von seiner Zusammensetzung zu erfahren, da ich jedes mal nur auf ein klebriges etwas stieß und mir war es unmöglich durch ihn hindurch zu kommen.
»Verdammte Welpenscheiße!«
Caitlyns Fluchen brachte mich wieder zurück zur Realität. Weitere Schläge wurden ausgetauscht, dann konnte ich ein Knacken hören und ein leichter Schmerz ging von meiner Nase aus. Einer von den beiden musste sich die Nase gebrochen haben, doch es war nichts gravierendes, da der Schmerz nicht lange anhielt.
Unbeirrt fuhren die beiden weiter, versuchten sich gegenseitig auf den Boden zu werfen. Ab und an ging ein mitleidiges Raunen durch die Zuschauerscharr, doch erst nach mehreren Minuten konnte ich hören, wie letztendlich wieder ein Körper auf den Boden aufkam.
»Noch einmal. Josh diesmal du.«
»Gott Liam, ich schwöre dir-«
»Du sollst keine Widerworte einlegen!«
Bei seinem Ton zuckte ich erschrocken zusammen. Das war nicht Liam, Caitlyns Bruder. Der hier anwesende Mann war Liam, der Alpha.
Caitlyns Wut auf ihren Bruder schlug mir entgegen, als sie nun gegen Josh kämpfte und ich war mir sicher, als nächstes wurde sie eben diese Wut auf Liam projizieren. Doch bis jetzt hielt sie sich zurück und als sie das nächste Mal auf den Boden fiel, war ich mir sicher, sie würde ihre Zurückhaltung über Bord werfen. Anscheinend war ich nicht die einzige, die annahm, Cat würden die Nerven durchgehen, denn alle Wölfe auf der Lichtung hielten gespannt den Atem an.
Die Luft schien noch eisiger zu werden, als Liam sprach
»Das reicht. Das Training ist beendet, alle Auszubildenden bekommen ihre Auswertung bei ihren Mentor.«
Die Menschenmasse löste sich auf, alle Zuschauer gingen ihren normalen Tätigkeiten nach, während die Wächter Richtung Wächterhaus gingen.
»Gott, ich war kurz davor, ihn seinen Kopf abzureißen! Er denkt auch wirklich immer, er ist Gott auf Erden!« Caitlyn griff aufgebracht nach meiner Hand und schleifte mich regelrecht hinter sich her.
»Warum muss er es immer über treiben? Ich war so gut in den ersten Runden, warum musste er noch mehr verlangen? Das zieht meine gesamte Wertung runter! Wenn ich wegen ihm Durchfälle, schwöre ich, reiße ich ihn seine Zähne und Zehen raus, bis er mich anfleht, ihn den Gnadenstoß zu geben.«
Von ihrer Brutalität leicht erschrocken, wich ich ein Stück von ihr ab. Ich konnte sie ja verstehen, jedoch aber nicht ihre Gedankengänge nachvollziehen.
»Ich fand dich gut. Deine Gegner hatten jedenfalls immer Schmerzen, während du beinahe unversehrt aus der Sache rauskamst. Wenn ich dich bewerten müsste,würde ich dir die volle Punktzahl geben.«
Um Wächter werden zu dürfen, muss man eine Ausbildung absolvieren. Jedoch bekam nicht jeder, der dies machte, den Posten als Wächter. Nur diejenigen, die bei der Abschlussprüfung die gewünschte Punktzahl bekamen, wurden zum Kämpfer des Rudels. Bepunkten wird nach verschiedenen Aspekten. Meistens entscheidet aber der Gesamteindruck. Ein Teil der Prüfung war das Kämpfen, aber auch Dinge wie Teamarbeit und Gehorsam wurden beobachtet. Der einzige Grund, warum es diese Prüfung gab, bestand darin, dass keine Wölfe, die dem ganzen nicht gewachsen waren, aufgenommen wurden.
»Danke Kota«, sagte sie, nun wieder etwas ruhiger.
Die wohlige Wärme im Haus hieß uns willkommen, woraufhin meine kalten Finger zu kribbeln begannen. Meine zitternden Muskeln entspannten sich nach und nach.
»Ich muss jetzt zu meinem Mentor. Ich komm gleich wieder, warte einfach hier. So lange dürfte die Auswertung nicht dauern.«
Sie ließ meinen Arm los, als ich sicher auf einem Sessel saß und verschwand dann in einem Zimmer. Leise fiel die Tür ins Schloss und hinterließ eine einsame Ruhe.
Ich würde mich für Caitlyn freuen, wenn sie ihren Traum erfüllen kann, aber gleichzeitig hatte ich Angst um sie. Als Wächter lebt man ständig gefährlich, doch als ich an die kranken Wölfe dachte, fiel mir auf, dass diese alle Wächter waren.
Liam meinte, sie waren größtenteils an den Grenzen eingesetzt. Sie waren meist junge Wölfe, die noch nicht lange als Wächter aktiv waren. Sie waren leistungsfähiger als die älteren Wölfe, schneller, wendiger. Sie hatten noch beinahe unbenutzte Knochen, im Gegensatz zu denjenigen, die schon seit zwanzig oder mehr Jahren für die Sicherheit des RedLake Rudels sorgten.
Plötzlich ergab es alles einen Sinn. Es war, als hätte sich eine Tür in meinem Kopf geöffnet und mir den Ursprung des Giftes gezeigt. Sie versuchten die Wächter auszuschalten. Dem Rudel die Kämpfer zu nehmen und gingen dabei logisch vor. Erst die jungen, dann die alten. Bis wir ihnen regelrecht ungeschützt ausgeliefert sind.
Stolpernd stand ich auf und versuchte  die Tür zu finden, durch die Caitlyn verschwunden war. Mir war nicht klar, ob sie davon wusste, aber ihr Mentor war sicher ein erfahrener Wächter, der vom Gift wusste.
Mit schnell schlagenden Herzen drückte ich die Türklinge runter. Ich spürte ihre überraschten Blicke auf mir, doch ich konzentrierte mich auf die Richtung, aus der mir die Aura eines älteren Wolfes entgegen schlug.
»Dakota was-«
»Sie schalten die Wächter systematisch aus«, unterbrach ich Caitlyn und hörte wie der Mann aufstand. »Sie wollen uns schwächen.«

Blind MateOnde histórias criam vida. Descubra agora