Kapitel 40

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Ich begann, zu lesen.

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Kaylee,

ich bin umgezogen. Mum und ich wollten dich nicht aufwecken, da du so süß schliefst. Sie wird dir morgen noch Genaueres erzählen. Mach dir keine Sorgen.

Julian

Ich las mir die Zeilen immer wieder durch. Mein Gehirn schien die Wörter nicht wahrnehmen zu wollen. Wann war das Ganze passiert? Hatte er mir nicht erst vor Kurzem von seinem Plan mit dem Auszug erzählt?

Um von Mum 'Genaueres' zu erfahren, musste ich warten, bis sie von der Arbeit kam.

-

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich schließlich den Schlüssel an der Haustür, die unseren Abteil vom Abteil der Brynes Familie trennte, hörte.

"MUM!", brüllte ich hastig.

Ich stürmte zur Tür, versuchte mich vor dem Aufprall zu stoppen, und öffnete sie.

Vor mir stand mein Vater.

Sechs Monate hatte ich nun ohne seinen Anblick verbracht. Stoppel stachen ihm aus seinem rasierten Bart heraus, und ich musste zweimal blinzeln, um mich an seine kahlköpfigkeit zu gewöhnen. Vielleicht war es eine Einbildung, doch ich hätte schwören können, dass sich tiefere Fältchen in seiner Stirn gebildet hatten.

Ich hatte ihn einfach unglaublich stark vermisst.

Dann schlang ich meine Arme um ihn, sog seinen Aftershave-Geruch tief in mich hinein, und genoss den Moment.

"Hast du mich so sehr vermisst?", lachte er in meine Haare hinein. Ich nickte, und flüsterte:"Ja."

Er lachte wieder, kitzelte meinen Rücken etwas, bis ich ihn schließlich locker ließ, und ihn weiter bemusterte. "Wie geht es dir?"

"Gut. Besser.", antwortete ich, und konnte mich nicht davon abhalten, an Jay zu denken. "Und dir? WIESO hast du uns nicht gesagt, dass du heute kommen würdest?"

Er kratzte sich mit einer Hand den Nacken. "Ich wollte euch überraschen. Wo ist Julian?"

Diese Frage ließ mich daran zurückdenken, wo er wirklich war. Ich wollte es nicht leugnen. "Er ist ausgezogen.", sagte ich etwas unsicher.

"Julian ist ausgezogen?", wiederholte mein Pa ungläubig. Er streckte seine Arme aus, legte sie mir auf die Schultern, und musterte meine Augen, als würde er versuchen, eine Lüge abzulesen. "Ja.", versicherte ich.

"Und wohin?"

"Ich..."

Ich wurde von einem Laut der Tür unterbrochen. Schlüssel ertönten zuerst, und kurz danach ging sie auf. Meine Ma trat hinein, und sah uns mit großen Augen an. "JIM?"

"Hier bin ich.", sagte mein Vater, Jim, schmunzelnd.

Nach langem Schmusen, und abwertenden Küssen, wandten sie sich wieder zu mir.

"Mum. Wo ist Julian hingezogen."

Sie hob ihre Augenbrauen. Als würde sie die Antwort nicht wissen, und sich nur dumm stellen, um mich besser fühlen zu lassen, fragte sie:"Hingezogen? Julian?" Nachdem ich nickte, setzte sie fort:"Schatz, er ist zu Hause. Er hat doch noch gar keine Wohnung gefunden."

Ohne mich rechtfertigen zu wollen, zeigte ich ihnen den Zettel. Meine Eltern lasen sich den Zettel gemeinsam durch, so dass ich ihre Augen über die Zeilen wandern sah. Alle vier Augen vergrößerten sich, als sie aufhörten, sich zu bewegen.

Und dann ging alles ganz schnell. Meine Ma zwar blieb stumm, doch ich konnte die Panik aus ihren hektischen Bewegungen entnehmen. Mein Pa nahm die Autoschlüssel, und erklärte meiner Ma immer wieder, ruhig zu bleiben. Zusammen machten wir uns auf dem Weg zum Auto, während ich Lindsey per Nachricht schrieb, was passiert war.

Lindsey: OMG! Wieso hat er euch nicht Bescheid gesagt? Wo er wohl ist...?

Wir wissen es nicht. Wir haben alle versucht, ihn anzurufen, aber er geht irgendwie nicht ran. Mein Pa zweifelt daran, dass er umgezogen ist..

Lindsey: Was denkt er denn?

Naja.. auf jeden Fall, dass da noch was anderes dahintersteckt. Wir fahren jetzt zur Polizei.

Lindsey: Okay. Gib mir Bescheid, wenn ihr Weiteres wisst!

Ich steckte mein Handy in meine Hosentasche, während wir in das Auto stiegen. Als es erneut vibrierte, seufzte ich. Doch als Jays Name auf dem Bildschirm erscheinte, machte mein Herz einen Schritt.

Hot Crush <3: Die Klinik hat gerade anrufen. Amy ist weg.

Julian auch.

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"Mum? Dad?"

Meine Ma drehte ihren Kopf zu mir, während mein Pa auf die pechschwarze Straße fixiert war.

"Ja?", erwiderte sie.

"Ich.. ich glaube, Julian ist abgehauen. Und er hat jemanden dabei."

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Die sture Polizei wollte uns nicht sofort helfen. "Er ist volljährig. Er darf tun und lassen, was er will", hatte der Mann uns mitgeteilt.

Ich hätte mich übergeben können.

"Er ist abgehauen. Mit einem Mädchen. Und sie ist.nicht.volljährig!", hatte meine Ma argumentiert.

Er hatte in seine Akte geschaut. "Amy Eva-"

Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich ihn unterbrochen hatte. "JA! Amy Evans. Ja, das ist sie."

"Okay. Ihre Familie hat eben angerufen. Wir haben bereits Leute losgeschickt, um sie zu suchen. Wir können Ihnen allerdings nicht versichern, dass Ihr Sohn dabei ist."

Somit hatte er uns nach Hause geschickt.

-

Und hier lag ich nun. Gestern waren wir bei der Polizei gewesen, und heute warteten wir noch immer vergeblich auf eine Nachricht, die Neuigkeiten ermittelte.

Ich hatte kein Auge zubekommen, und die ganze Nacht mit Jay verbracht. Naja... virtuell.

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Die nächsten Tage vergingen ähnlich. Meine Ma verfiel immer mehr in Panik, so auch mein Pa. Ich hätte Julian dafür verfluchen können, dass er Pas Ankunft nach Columbia vermasselt hatte. Sechs Monate vorher hatte ich mir seine Ankunft anders vorgestellt: Gemeinsam am Tisch, Pas Lieblingsessen und viele Gespräche.

Währenddessen kam Jays Umzug immer näher. 'In einer Woche' hatte er mir vor vier Tagen mitgeteilt. Nun waren es nur noch drei, bis er umziehen würde. Je näher der Tag kam, desto stärker brach mein Herz.

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Es geschah am Abend des vierten Tages. Ich bekam ein Anruf von ihm, den ich sofort abnahm.

"Hallo."

"Kaylee. Hey.", ertönte seine sanfte Stimme am Hörer. Ohne dahinzuschmelzen, erwiderte ich:"Wie geht es dir?"

"Blendend. Mir ging es nie besser.", antwortete er sarkastisch. "Mir auch", sagte ich.

"Jedenfalls wollte ich dich fragen, ob du morgen Zeit hast. Und übermorgen."

Seine Frage verwunderte mich. "Morgen und übermorgen? Zwei Tage lang?", fragte ich, und hob die Augenbrauen.

"Ja. Über.. Nacht." Er klang unsicher, als er es aussprach. "Über Nacht?", fragte ich ruhig nach.

"Über Nacht.", wiederholte er entschlossen.

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Ihr glaubt nicht, wie lang sich dieses kurze Kapitel bei mir gezogen hat. Ich bin zwar immer noch nicht sehr zufrieden damit, aber ich hoffe, dass es nicht allzu langweilig war.

Lasst mit Feedback da, wenn ihr wollt!:) Und danke für FREAKING 150k READS?!

I MEAN.. WHAT THE FUCK?!

xx ♥

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