Kapitel 32

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Als ich wenig später wieder an meinem Haus ankam, sah ich gerade noch, wie eine schwarze Limousine um die Ecke bog. Wer sich die wohl gemietet hatte? Vielleicht die Grünbaums zwei Häuser weiter? Schließlich machten sie hin und wieder einen auf "Neureiches" - Ehepaar und wollten der Nachbarschaft beweisen, wie toll sie doch waren. Doch als ich den Gurt löste, traf es mich wie ein Blitz...

„Viel zu früh... viel zu früh...", murmelte ich, als ich zum Haus lief. Allerdings hörte ich schon von Weitem die Stimme meines Bruders. Oh verdammt... Maybell war ja Zuhause. Na super, schonmal den Punkt "Wie erkläre ich Yannick Maybell" auf meiner Liste abgehakt. Oder besser gesagt, hat er sich offensichtlich von alleine erledigt.

„... sagst mir jetzt sofort, wo Nim ist!", schrie er Maybell entgegen, als ich ins Wohnzimmer kam. Er stand mit dem Rücken zu mir und Maybell ihm gegenüber. Blanke Panik sprach aus ihren Augen. „Noch einmal..."

„Yannick, ich bin hier", sagte ich, als ich neben ihn trat und ihm meine Hand auf seinen Arm legte. Maybell formte die Worte „Ich danke dir", bevor sie sich an die Küchentür lehnte.

Yannick sah mich nur einen kurzen Augenblick an, bevor er mich in eine innige Umarmung zog. Und in diesem Moment spürte ich, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Wie verloren ich mich ohne ihn fühlte und auch die Erleichterung, dass nicht er es war, der dem Orden in die Hände gefallen war.

Am Liebsten hätte ich meinen Bruder nie wieder los gelassen. Doch er war es, der die Umarmung löste und mich fragend ansah.

„Du siehst anders aus", meinte Yannick und ich schmunzelte. „Na du aber auch!", ich betrachtete seine leichte Bräune, die ihm das Aussehen eines Surferboys gab. Allerdings sah er auch erholt und glücklich aus. "Die paar Tage haben dir wirklich gut getan. Wo hast du denn deine Frau gelassen?", suchend sah ich mich nach Fiona um.

„Fiona ist bei ihrer Mutter. Aber du siehst wirklich anders aus. Viel... älter, reifer... Meine Güte Nim, ich war doch nur ein paar Wochen weg." Maybell und ich tauschten einen kurzen Blick, der Yannick nicht entging. Er verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue hoch.

„Anscheinend bin ich wohl zu früh zurück gekommen?"

„Yannick...",

Doch er hob nur eine Hand und schüttelte den Kopf. Anscheinend war die Wiedersehensfreude schon verflogen. Sein Blick schweifte durch das Wohnzimmer und ich sah ihm an, dass es gleich ein Donnerwetter geben würde.

„Keine Ausreden bitte! Du erklärst mir sofort, warum hier eine Blutlache quer durch das Wohnzimmer führt und es hier aussieht als hätte eine Bombe eingeschlagen. Und danach erklärst du mir bitte, was Maybell hier macht", bei seinem letzten Satz schloss er für einen kurzen Augenblick die Augen und atmete kurz aus. Danach fuhr er sich durch sein hellbraunes Haar. Was er nur machte, wenn er nervös wurde.

„Ach sieh mal einer an, ihr kennt euch also?", fragte ich und sah die Beiden abwechselt an. Dann schlug ich mir mit der Hand an die Stirn. „Natürlich kennt ihr euch. Wer, wenn nicht Maybell, hätte deine Magie vor acht Jahren verschließen sollen.", „Du weißt davon?", murmelte Yannick und schenkte dann Maybell einen finsteren Blick.

Kurz wollte sie ihm etwas entgegen. Doch dann drehte sie sich zu mir und entschied sich, mich als Ventil zu benutzen.

„Jetzt spiel hier mal nicht die Überraschte, Nim. Klar war ich es, die die Magie von Yannick in die Schneekugel verschlossen hat. Ich war es auch die...", doch weiter kam sie nicht, denn Yannick unterbrach sie.

„Schon gut, Maybell! Es hat keinen Sinn es weiter vor ihr geheim zu halten. Denn anscheinend kommt ihr gerade aus dem Raum der Zeit?", Maybell nickte kurz. "Also ist Nim eine Hüterin des Zirkels?",

"Ja, das ist sie. Yannick, der Orden ist dabei sich zu organisieren. Ich hatte also keine Wahl..."

Kurz sahen sich die Beiden an, bevor sich Yannick wieder mir zuwandte „Ja, Maybell hat meine Magie verschlossen. Aber nur um dich vor genau diesen Dingen, die jetzt passieren zu beschützen. Du hättest nie ein Teil der magischen Welt werden sollen, Nim", meinte er, doch ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Na dafür ist es ja jetzt etwas zu spät, würd ich mal sagen. Aber ich weiß, dass du mich nur beschützen wolltest. Allerdings hast du mir dadurch eine große Last auf die Schulter gelegt. Denn ich bin die letzte Hexe unserer Familie", erwiderte ich, woraufhin Yannick den Mund öffnete ihn aber gleich wieder schloss. Plötzlich veränderte sich die Atmosphäre im Raum und Maybell sah abwechselnd zu uns Beiden. Dann räusperte sie sich. „Nim, hast du Richard finden können?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein! Das hier habe ich in seinem Penthouse gefunden", ich zog den zerknitterten Brief aus der Tasche und reichte ihn Maybell. Wobei sie mich nur fragend ansah.

„Ich will es gar nicht wissen", meinte sie und fing an zu lesen.

„Was ist mit Richard?", schaltete sich mein Bruder jetzt wieder ein und sah besorgt in meine Richtung. „Geht es ihm gut?"

„Ich hoffe es! Allerdings hat ihn der Orden entführt um an mich heran zu kommen", erklärte ich ihm kurz. "Der Orden der sieben Drachen?", wollte er wissen. "Genau der. Aber das weißt du ja schon", setzte ich hinzu, bevor ich mich zu ihm drehte. "Woher weißt du eigentlich von dem Orden, dem Zirkel und von der Hüterinnen Sache? Ich dachte du hättest dein Leben davon abgewandt."

"Habe ich auch. Aber bevor Maybell mir meine Macht nahm, erzählte sie mir davon. Aber weißt du was, Nim?", „Nein, was denn?", „Seit kurzem hast du gewisse Züge von Mama!", meinte er und ich stutzte kurz. Denn bisher war er derjenige von uns Beiden, der Mama am Ähnlichsten sah. Dennoch lächelte ich ihn kurz an, bevor ich seine Hand nahm und sie drückte.

„Ja, ja. Du hast seit kurzem Ähnlichkeit mit Marina, aber könnten wir uns bitte wieder dem wichtigem Thema widmen?", warf Maybell ein und wedelte mit dem Brief durch die Luft.

„Dieser Brief hört sich nicht gut an. Aber bestätigt meine Theorie, dass der Orden seine Finger mit im Spiel hat.",

„Stimmt. Vollmond ist morgen, was uns eine geringe Wahrscheinlichkeit einräumt, dass Richard noch am Leben ist. Aber wenn ich die Blutmenge so sehe, schwindet sie von Minute zu Minute", stellte ich mit fester Stimme fest, auch wenn ich kurz davor war, wieder in Tränen auszubrechen.

„Mmh... warum findest du nicht einfach heraus, ob es wirklich nur Richards Blut ist?", meinte Maybell mit einem Zwinkern in meine Richtung. Woraufhin ich nur den Kopf schüttelte.

„Du meinst ein richtiges Ritual durchführen? Mit Blut, Kerzen und einem Kreidekreis", „Genau!", sie lächelte mich liebevoll an. „Du schaffst das schon, Nim."

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