*Update* Kapitel 9

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Am nächsten Morgen wurde ich von starken Kopfschmerzen geweckt. Es fühlte sich an, als wäre eine Elefantenherde über meinen Schädel marschiert. Na toll. Wie ich Elefanten hasste.!

Ich ließ meine Augen noch einen Moment geschlossen, was sich als keine gute Idee herausstellte. Sofort prasselten die Erinnerungsfetzen von gestern auf mich ein und verursachten ein heftiges Schwindelgefühl.

Maybell Akazie Wallace, die plötzlich aufgetaucht war. Richard, der gekommen war um nach mir zu sehen. Der Stoß gegen den Tisch, mit dem anschließenden Besuch im Krankenhaus und last but not least – der unerklärliche Wangenkuss, zu dem ich mich habe hinreißen lassen.

Mit einem Schlag öffnete ich die Augen und starrte an die Decke.

„Läuft bei dir, Nim. Läuft bei dir", murmelte ich vor mich hin, bevor ich mir die Bettdecke vom Körper strampelte und mich auf die Kante setzte. Doch sofort war das Pochen in meinen Schläfen zurück und so wartete ich, bis es aufhörte.

Als mein Blick zu meinem Nachtkästchen glitt, musste ich lächeln. Anscheinend hatte Richard damit gerechnet, dass ich mit tierischen Kopfschmerzen aufwachen würde, denn dort stand ein großes Glas Wasser neben einer kleinen, runden Tablette. Genau das, was ich jetzt brauchte.

Nachdem ich sie genommen hatte, stand ich auf und ging ins Badezimmer. Doch als ich meine Hand auf die Klinke legen wollte, öffnete sich die Tür von innen und Richard stand nur mit einem Handtuch um den Hüften gewickelt vor mir. Automatisch biss ich mir wieder auf die Lippen. Etwas so heißes gehörte einfach verboten.

So gut es ging, versuchte ich meinen Blick bei seinen Augen zu lassen, die wieder ein leicht bernsteinfarbenes Funkeln bekamen. Auch er schien dem Drang, meinen Körper im Top und den knappen Hotpants einmal kurz zu scannen nur schwer widerstehen zu können. Ein spitzbübisches Schmunzeln, tanzte kurz über seine Lippen.

Richard hatte seine Haare nach hinten gestrichen, was meine Knie zu Wackelpudding werden ließ. Doch ich versuchte mir auch davon nichts anmerken zu lassen und ließ weiterhin grünblau auf graublau treffen. Nur nicht ablenken lassen, Nim!

Als sich jedoch ein einzelner Tropfen Wasser aus seinem Haar löste und anfing, an seinem Gesicht hinunterzulaufen, konnte ich nicht anders, als ihm zu folgen. Er bahnte sich seinen Weg über den Hals, wo er sich mit einem Teil seinesgleichen verbündete. Gemeinsam traten sie den Weg über Richards Adonis gleichen Oberkörper an, um dann den tragischen Tod in dem weißen Handtuch zu finden. Kurz blieb mein Blick dann doch an den Bauchmuskeln hängen, bis ich merkte, dass ich etwas zu lange an dieser Stelle verharrte. Also sah ich schnell nach oben zu dem Tattoo, das er knapp unter seinem linken Schlüsselbein hatte. In einer wunderschön verschnörkelten Schrift standen dort die Worte 'noctis evigilavi', was meinen Lateinkenntnissen zufolge so viel wie 'nachts erwacht' hieß. Wenn ich im Unterricht richtig aufgepasst hatte, natürlich. Ansonsten könnte es so gut wie alles andere bedeuten. Erst Richards Räuspern riss mich aus meiner Trance und ich merkte, dass meine Finger anscheinend die Schrift nachgefahren hatten. Meine rechte Hand lag auf seiner linken Brust und schien dort auch nicht wirklich weg zu wollen. Und dieses Verhalten konnte ich irgendwie nur allzu gut verstehen. Das arme Händchen hatte auch nur selten etwas so tolles zu fühlen bekommen.

Ich bildete mir sogar ein, das sanfte Pochen seines Herzens unter ihr zu spüren. Was mir allerdings einen Schauer über den Rücken laufen ließ, war die Tatsache, dass sich mein Herz dem Rhythmus seines Herzens anpassen wollte. Wie von der Tarantel gestochen zog ich sie daher zurück.

"Guten Morgen, Nim", meinte Richard und lächelte mich an. Was zum Ergebnis hatte, dass ich mich an den Türrahmen lehnen musste um nicht umzufallen. Ich hatte aber auch echt ein Talent dafür, echt jedes Fettnäpfchen aufzuspüren und mit einem Bauchklatscher reinzuspringen. Wie peinlich.

Nachtwandler I - HexentanzWhere stories live. Discover now