*Update* Kapitel 20

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Nachdem ich meinen Lachflash einigermaßen unter Kontrolle hatte - was sicherlich gefühlte fünf Minuten dauerte - wischte ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln und sah zu den beiden Wallace Hexen.  Allerdings machten die Gesichter,  wie drei Tage Regenwetter.

"Jetzt kommt schon! Das war doch witzig... Rosarot.... rosig...", meinte ich, während ich meine Hände abwechselnd rauf und runter schwenkte. Doch ich entlockte ihnen kein Lachen,  nicht mal ein kleines Schmunzeln. "Nein?"

Beide sahen mich mit dem selben Blick und der hochgezogener Augenbraue an, was absolut keinen Zweifel mehr ließ,  dass sie miteinander verwandt waren. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine Schnute. "Spielverderber!", murmelte ich, in meinen nichtvorhanden Bart. "Nim, sorry. Aber das war...", fing Maélys an, wurde jedoch von Maybell unterbrochen. "Lass gut sein. Aber jetzt, wo wir Nims Aufmerksamkeit haben, könntest du uns endlich erzählen,  was dich zu uns führt", sagte Maybell und lächelte ihre Enkelin dabei an, die sich daraufhin zu ihr an den Tisch setzte. Ich blieb auf dem Barhocker sitzen und funkelte sie abwechselnd böse an.

Maélys lehnte sich zu ihrer Großmutter hinüber, ließ mich dabei aber nicht aus den Augen. "Sag mal, hat Nim nen Anfall oder so?", fragte sie Maybell, die mich jetzt ebenfalls prüfend ansah. "Nein, glaub ich nicht. Sie versucht uns vermutlich mit ihrem Blick zu töten", meinte Maybell. "Sollten wir ihr sagen, dass sie wie eine alte Wetterhexe aussieht?"

Kurz war es absolut still, bis Beide den Kopf schüttelten und wie aus einem Mund "Neeeee", sagten.

"Wie schön, dass ihr euch wenigsten in einem Punkt einig seit!", murmelte ich, entspannte aber mein Gesicht, da ich definitiv nicht wie eine alte Wetterhexe aussehen wollte. "Ja, kommt eher selten vor. Aber Spaß beiseite... Maybell, wieviel weiß Nim über die Welt der Hexen?", wollte Maélys wissen. "Bisher weiß ich nur, dass ich eine Hexe bin und ein Mitglied des Mondrosen-Zirkels", kam ich Maybell zuvor. Was sie allerdings mit einem kurzen Nicken bestätigt, als Maélys zu ihr sah.

"Dann weißt du eigentlich überhaupt Nichts!", kam es von Maèlys, die ihre Großmutter daraufhin wieder abwertend ansah. "Ist ja schon gut. Bisher hat sich noch keine Gelegenheit ergeben, es ihr zu erklären", verteidigte sich Maybell, doch ihre Enkelin schloss kurz die Augen. "Damit eines klar ist, ich werde hier jetzt keine Geschichtsstunde geben!", machte sie ihren Standpunkt klar und band ihre langen schwarzen Haare zusammen. "Also, wo fange ich am Besten an?", dachte Maélys laut. "Na, ich würde bei A anfangen und mit Z aufhören", meinte ich und lächelte sie breit an. Was mir allerdings einen Blick bescherte, der mich vermutlich vernichten sollte. "Wie du meinst. Es ist eigentlich recht simpel, Nim. Es gibt einen Orden, der es sich zu Aufgabe gemacht hat, uns Hexen zu jagen. Viele Jahrhunderte schien er verschwunden zu sein, doch seit knapp zwei Wochen macht er wieder jagt auf uns. Drei Mitglieder eines anderen Zirkels wurden bereits verbrannt und zwei Junghexen, die das Aufnahmeritual noch nicht durchgeführt haben, sind verschwunden", erklärte sie, wobei sich immer mehr Sorgenfalten auf Maybells Stirn bildeten. "Das ist ja furchtbar! Warum kommst du da erst jetzt zu mir? Und warum hat der Rat mir nichts davon gesagt?", meinte Maybell. "Schließlich war ich vor zwei Wochen noch nicht bei Nim."

"Nunja, ich vermute einfach, dass sie dich nicht unnötig in Panik versetzen wollten. Du solltest dich nur auf die Ausbildung von deinem Schützling konzentrieren, da es deine letzte Aufgabe sein wird", erklärte Maélys, während sie ihre Großmutter liebevoll anlächelte und ihr die Hand auf den Arm legte. Maybell legte ihre Hand auf die ihrer Enkelin und lächelte sie an. "Wahrscheinlich."

"Bestimmt. Und warum ich erst jetzt auftauche ist schnell erklärt. Dimitri StClair, der wohl berüchtigste Hexenjäger des Ordens der sieben Drachen, hat es auf Nim abgesehen!", erklärte Maélys. "Warum auf mich?", warf ich das erste Mal ein, um den Beiden bewusst zu machen, dass ich immer noch anwesend war. "Ich habe doch dieses Aufnahmeritual-Dingens vollzogen und habe dieses Tattoo bekommen."

Um den ganzen Nachdruck zu verleihen, zog ich meinen Ärmel nach oben und zeigte ihr das Tattoo. "Ja, das weiß ich. Mich überrascht es auch, dass sie ihre beste Waffe auf dich ansetzen", erwiderte Maélys. "Du musst wichtig für den Orden sein."

"Ausgerechnet eine Junghexe, die ihre Magie nicht kontrollieren kann, soll wichtig für den Orden sein? Das glaube ich wohl kaum, Maélys", warf nun Maybell ein. Was wieder eine rege Diskussion zwischen den Beiden zur Folge hatte.

Doch auch diesmal nahm ich nicht Teil, denn leichte Panik machte sich in mir breit. Am Liebsten hätte ich mich in meinem Zimmer verschanzt, denn das kam mir in dieser Situation als einzige Lösung in den Sinn. Wie sollte ich mich gegen einen der gefürchtesten Hexenjäger wehren, wenn ich meine Magie noch kein Stück unter Kontrolle hatte?

Dimitri hatte ja selbst gesagt, dass Hexen, ohne Kontrolle über ihre Magie, am Einfachsten zu fangen waren. Plötzlich kam mir Richard wieder in den Sinn, der wegen mir verletzt und fast gestorben wäre.

Was, wenn Dimitri hier auftauchte und Yannick verletzen würde?

Den Einzigen,  der mir von meiner Familie noch geblieben war.

Ich schloss für einen kurzen Augenblick die Augen und versuchte die Welt um mich herum auszublenden. Was mir bei dem Geschrei der beiden Wallace Hexen nicht leicht fiel. Doch schließlich schaffte ich es, mich in mein inneres zurück zuziehen. Vor meinem Schweinehund tauchten zwei Türen auf, denn mir war klar, dass ich eine Entscheidung treffen musste. Schon wieder...

Hinter der eisblauen Tür stand ich mit gepackten Koffern und in dicker Wintermontur. Bereit um zum Nordpol auszuwandern. Hinter der violetten Tür stand ich in einem schicken Hexenoutfit und hielt einen Besen in der Hand, während aus meiner anderen goldene Funken sprühten.

Ein Leben am Nordpol oder ein Leben als Hexe...

Magie oder keine Magie...

Nachtwandler I - HexentanzWhere stories live. Discover now