Kapitel 21

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Die Kontrolle über die Magie zu erlangen und somit eine richtige Hexe zu sein, brachte bestimmt auch ein ewiges Geheimnis mir sich. Denn Anderen davon zu erzählen, kam definitiv  nicht in Frage. Dann würde ich mich vermutlich schneller als ich "Zauberkessel" sagen konnte, in einer Gummizelle  wiederfinden. Vielen Dank, aber ich verzichte!

Da war die Nordpolvariante doch um einiges verlockender. Allerdings würde ich alle, die mir etwas bedeuteten, einer unbekannten Gefahr aussetzen. Mal davon abgesehen, dass ich ein feiges Huhn wäre. 'Was soll ich nur tun?', fragte ich mich selbst und hoffte auf einen Geistesblitz. Doch es kam überhaupt nichts. Ich wollte die Hoffnung bereits aufgeben, als ich spürte, wie mein Körper immer wärmer wurde. Es erinnerte mich im ersten Moment an das Aufnahmeritual, doch dann schien mich die Wärme wie ein Mantel zu umhüllen. Sie war nicht unangenehm und doch hatte ich das Gefühl, sie würde mich mehr und mehr erdrücken. Also öffnete ich meine Augen, allerdings hätte  ich sie am Liebsten wieder geschlossen. Eigentlich sollten die zwei Streithähne vor mir am Küchentisch sitzen. Doch von den Beiden war weit und breit nichts zu sehen. Meine Magie hatte mich anscheinend wieder in eine Erinnerung geschickt. Welche es wohl dieses Mal war?

Umso erstaunter war ich jedoch, als sich plötzlich eine Nebelwolke  vor meinen Augen bildete. Langsam fing sie an, Gestalt anzunehmen bis schließlich mein Vater, als transparente Nebelgestalt vor mir stand. 'Hallo Nim!'

'Ist das ein Traum? Bin ich Tod?', waren die ersten Beiden Fragen, die mir einfielen. Doch er schmunzelte nur.

'Weder noch! Deine Magie hat meinen Geist zu dir gebracht, um dir deine Frage zu beantworten. Allerdings kennst du die Antwort auf sie bereits, meine kleine Prinzessin', meinte er. 'Du bist eine Hexe und kannst nicht länger vor dieser Wahrheit davon laufen, Nim. Es ist ein Teil von dir, sowie es ein Teil von mir war.'

'Ich weiß! Aber ich habe Angst, Papa. Was ist, wenn ich keine gute Hexe bin und es nicht schaffe meine Magie zu kontrollieren?', sagte ich zu meinem Vater, der mich daraufhin liebevoll anlächelte. 'Glaub mir, damit bist du nicht alleine. Ich hatte auch Angst davor, zu lernen wie ich meine Magie einsetzen kann. Doch wenn du dieses Gefühl in dir zu deinem Vorteil nutzt, wirst du sehen, dass du dich nicht fürchten musst. Du wirst eine großartige Hexe sein, Nim. Daran habe ich einen Zweifel, da du es im Blut hast!'

'Danke! Ich hab dich lieb, Papa!', flüsterte ich, bevor die Stimmen von Maélys und Maybell mich langsam zurück holten. 'Denk immer daran, dass deine Mutter und ich bei dir sind', meinte mein Vater, bevor er mehr und mehr verblasste. Schließlich war er verschwunden und ich in der Realität zurück. Doch ich hatte eine Entscheidung im Gepäck, die ich den beiden Wallace Hexen gleich mal präsentieren würde.

"... wie du meinst!", sagte Maèlys gerade und verschränkte die Arme vor der Brust.

Anscheinend hatten sie meine geistliche Abwesenheit nicht einmal ansatzweise mitbekommen und ihre Diskussion fröhlich weiter geführt. "Ich bin raus!"

"Du bist eine Hüterin des Zirkels! Du kannst nicht einfach "raus" sein!", meinte Maybell entsetzt. "Es ist..."

Doch ich unterbrach das Streitgespräch zwischen den Beiden, indem ich mich auf meine Magie konzentrierte  und "Silentium" sagte.

Zu meiner eigenen Überraschung verstummten die beiden Wallace Hexen sofort. Was mir verwunderte sowie verärgerte Blicke einbrachte. Doch darauf konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Ich stand von meinem Hocker auf und räusperte mich kurz.

"Jetzt hört ihr mir mal zu! Bis vor ein paar Tagen war mein Leben eintönig, wenn nicht sogar langweilig! Ich habe mein Abitur  mit super Noten bestanden und werde bald anfangen Jura zu studieren. Doch anscheinend meint das Universum mir einen Strich durch die Rechnung machen zu müssen, indem es mir eine alte Frau schickt, die mir sagt, dass ich eine Hexe und Mitglied irgendeines Zirkels wäre. Achja, ich sollte vielleicht auch noch den schneeweißen Wolf erwähnen, der mir das Leben gerettet hat ", meinte ich, während ich meiner neuen Lieblingsbeschäftigung, dem Ich-laufe-wie-eine-Verrückte-durch-das-Zimmer, nachkam.

Dabei ballte ich meine Hände zu Fäusten und spürte, wie sich meine Fingerspitzen in meine Haut bohrten.

"Dann will mich anscheinend irgendein Super böser Hexenjäger in ein Häufchen Asche verwandeln! Dieser Typ greift den besten Freund meines Bruders an, mit dem ich kurz davor auf einem Friedhof rum gemacht habe! Richard wird fast umgebracht, weil ich meine ach so super tolle Magie nicht kontrollieren kann. Oder anders ausgedrückt nicht einmal weiß wie ich sie anwenden soll! ", ich blieb kurz stehen, holte tief Luft und drehte mich mit einer perfekt ausgeführten Drehung zu den beiden Schweigenden um. " An dieser Stelle kommt ihr Zwei ins Spiel! Ich habe es so satt, dass ihr mich an der Wir-sagen-Nim-Nichts - Bushaltestelle abgestellt habt und mich nicht mehr abholen wollt", abwechselnd ging mein Zeigefinger zwischen Maybell und Maélys hin und her. "Ich finde allerdings, dass der Zeitpunkt gekommen ist, mit offenen Karten zu spielen. Mir reinen Wein einzuschenken. Die Katze aus dem Sack zu lassen."

'Nim, halt einfach die Klappe!', stoppte mich mein innerer Schweinehund, da ich sonst noch stundenlang so weiter gemacht hätte.

"Ich werde jetzt nach Richard sehen und wenn ich wieder zurück komme, möchte ich von euch wissen, wie ich lernen kann, meine Magie zu beherrschen", sagte ich, bevor ich die Beiden ansah und auf das Nicken wartete. Was sekundenspäter  auch kam. "Sehr schön! Also mal sehen, wie war  das gleich nochmal..."

Ich tippte mir gegen die Schläfe, wobei ich so tat, als würde  ich nach dem Gegenzauber suchen. Ihr hättet die Augen von den Beiden mal sehen sollen. Sie machten gerade jeder Eule Konkurrenz. "Ihr müsstet eure Gesichter jetzt mal sehen! Herrlich, einfach Herrlich!", ich wischte mir gespielt eine Träne aus dem Augenwinkel. "Keine Sorge, ich werde euch eure Stimmen schon zurück gben... oder?", doch jetzt erhob sich Maélys von ihrem Stuhl und funkelte mich aus ihren braunen Augen unheilvoll an. In diesem Moment kam die Frage in mir auf, ob Hexen auch durch ihre Gedanken Zauber wirken können?

Doch die Antwort darauf wollte ich nicht abwarten und ging zur Tür, die ins Wohnzimmer führte.

Bevor ich die Tür schloss, sagte ich "Liberum!"

Nachtwandler I - HexentanzWhere stories live. Discover now