*Update* Zwischenkapitel 3

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Mein Herz klopfte wie verrückt gegen meine Brust und mein Blut rauschte wie ein wild gewordener Fluss durch meine Ohren.

Hatte Richard gerade wirklich gesagt, dass er mich sehen wollte? War er wegen mir hierher gekommen? Schließlich hätte er auch auf das Treffen morgen mit Yannick warten können.

Als wir plötzlich stehen blieben und Richard seine Hand langsam an meinem Rücken nach oben gleiten ließ, setzte mein Gehirn vollkommen aus.

„Aber...", stammelte ich, bevor ich seinen Finger auf meinen Lippen spürte. Ein Blitz jagte durch meinen Körper und hinterließ ein angenehmes Kribbeln.

„Halt für einen Moment deinen süßen Mund, geht das?", flüsterte Richard, wobei mir das erste Mal der bernsteinfarbene Schimmer in seinen Augen auffiel. Inzwischen hatte er seine Hand auf meine Wange gelegt und fuhr mit seinem Daumen die Konturen meiner Lippen nach. Wie von selbst deutete ich ein leichtes Nicken an und er lächelte. Daraufhin senkte er die Hand, nur um sanft über meine Schulter, an meinem Arm hinabgleiten zu können. Sein Blick huschte dabei immer wieder zwischen meinen Augen und Lippen hin und her. Es schien fast so, als wartete er auf die Erlaubnis in meinen Augen, mich küssen zu dürfen. Wie es sich wohl anfühlen würde, seine Lippen auf meinen zu spüren? Mit seinen 29 Jahren war er bestimmt ein verdammt guter Küsser.

Oh Gott, was dachte ich hier nur? Er und ich, dass wäre einfach falsch. Schließlich waren wir nur Freunde!

Dennoch fragte ich mich, warum er meinem Gesicht jetzt immer näher kam und ich ihn nur wie ein schreckhaftes Reh anstarrte, unfähig mich zu bewegen.

Als sich unserer Nasenspitzen fast berührten, hörte ich hinter uns ein Räuspern. Richard hielt kurz in der Bewegung inne, bevor er sich abrupt umdrehte.

„Was gibt es?", fragte er den Bandleader unfreundlich, der mit seiner Gitarre über der Schulter vor uns stand. Sofort schoss mir die Röte ins Gesicht, als mir bewusst wurde, dass die Band die Sache zwischen Richard und mir live und in HD mitbekommen hatte. Bevor er Richard antwortete, lächelte und zwinkerte er mir wissend zu. Könnte ich bitte genau jetzt im Erdboden versinken?

„Ich wollte nur kurz Bescheid sagen, dass weitere 15 Minuten den Preis um 50 Euro steigern..."

„Ich verdoppele mein Angebot von vorhin, wenn du einfach zurück auf die Bühne gehst und Musik spielst. Verstehen wir uns?", unterbrach Richard ihn und sie sahen sich einen Augenblick lang an, bevor der Leader seine Hand hob. Kurz darauf erklang erneut Musik.

„Ich denke schon", meinte er und ging zurück zur Bühne. Kaum war er oben angekommen, mischten sich sanfte Gitarrenklänge in den Rhythmus des Liedes ein. Nur einen Moment später drehte sich Richard zu mir um. Seine Augen wanderten über mein Gesicht und blieben wieder bei meinen Lippen hängen.

Diesmal verzichtete er auf das Vorspiel und kam meinen Lippen ziemlich schnell gefährlich nahe. Ich spürte bereits seinen Atem auf ihnen und in meinem Bauch gab es ein Wettfliegen der Schmetterlinge. Doch gerade als er seine Lippen auf meine legen wollte, hörte ich Gelächter näher kommen. Richard schien es auch gehört zu haben, denn sofort zog er sich von mir zurück und nahm die Hitze seines Körpers gleich mit.

Als Yannick und Fiona schließlich Hand in Hand und kichernd in den Saal kamen, hatte Richard einen guten Meter zwischen uns gebracht. Was in mir die Frage aufwarf, ob das Ganze gerade wirklich passiert war.

„Richard! Ich glaubs ja nicht!", rief mein Bruder, als er seinen besten Freund erblickte und zielstrebig auf ihn zuging. „Was machst du denn hier?"

„Naja, auf großen Festen gibt es immer eine Menge Pfandflaschen und da dachte ich... Nein, Quatsch! Glaubst du wirklich, ich verpasse die Hochzeit meines besten Freundes?"

Sie fielen sich kurz in die Arme, wobei der eine dem Anderen leicht auf den Rücken klopfte.

„Genaugenommen hast du genau das gemacht!"

„Ja, ich weiß. Aber jetzt lass mich mal deine Frau drücken!", versuchte er das Thema auf etwas anderes zu lenken und ging zu Fiona. Bei ihr angekommen, deutete er eine Verbeugung an und Fiona erwiderte sie mit einem Knicks.

„Es freut mich, Sie kennen zu lernen, Frau Bergstein!"

„Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Dr. Brenner!"

Kurz darauf umarmten sie sich und Yannick kam zu mir.

„Hast du gewusst, dass Richard heute zurück kommt?"

Ich zuckte mit den Schulter, wobei ich mir kurz durch meine Haare fuhr und hörbar ausatmete. Was mir den aufgestauten Druck etwas von den Lungen nahm.

„Ich bin genauso überrascht wie du!", meinte ich, bevor ich mich zu ihm wandte und die Arme in die Hüften stemmte. „Aber sag mal, was machen Fiona und du eigentlich so früh und noch dazu im kompletten Hochzeitsdress hier unten?"

Er sah mir kurz in die Augen, bevor er sich verlegen am Hinterkopf kratzte und lächelte.

„Fiona hatte Hunger und wir wollten nachsehen, ob noch etwas vom Essen übrig ist", meinte er schließlich, allerdings glaubte ich ihm das nicht wirklich. Dennoch gab ich mich mit dieser Antwort zufrieden und umarmte ihn.

„Geht es dir gut?"

„Es war ein langer Tag!"

Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn, als Richard und Fiona zu uns kamen.

„Yannick, ich komm fast um vor Hunger. Können wir uns jetzt was zu essen holen?", quängelte Fiona, was mein Bruder mit einem liebevollen Lächeln erwiderte.

„Natürlich! Kommst du mit, Nim?"

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, geht ihr ruhig! Ich werde mich etwas hinlegen, außerdem bringen mich meine Füße um."

„Schade! Aber wir sehen uns ja dann später!"

„Auf jeden Fall, schließlich fahre ich mit euch nach Hause!"

Nachtwandler I - HexentanzWhere stories live. Discover now