Treffen

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> Real Life <

Am Brunnen vor der Uni lehnend, warte ich auf die Ankunft von Inu. Vorausgesetzt, er hat vor überhaupt aufzutauchen. Durch die Wolken wirft der Mond ein schwaches Licht auf die Umgebung. Ansonsten ist es stockdunkel. Ein Vorteil für mich, wenigstens kann mich Inu dann nicht gescheit erkennen. Mein Herz hämmert mir vor Aufregung schon in der Brust. Ich habe keine Ahnung, wie ich ihm das ganze erklären soll. Trotzdem lege ich mir keine Worte zurecht, sondern schiebe alles bis zur letzten Sekunde hinaus. Oh man, vielleicht wäre es besser, wenn er doch nicht kommt. Aber ich kann einfach nicht mehr mit dieser Lüge leben. Wenn er mich nicht so akzeptiert wie ich bin, dann ist es eben so.

Als ich einige Minuten später sich nähernde Schritte höre, hebe ich schnell meinen Kopf. Ein paar Meter von mir entfernt, bleibt ein männlicher Schatten zum Stehen. Natürlich kann es sich hierbei nur um eine Person handeln: Inu. Ich beobachte ihn dabei, wie er sich in alle Richtungen umschaut, bis sein Blick am Ende vermutlich an mir hängen bleibt. Wirklich erkennen kann ich es nämlich nicht. Ich schlucke meine ganze Angst hinunter, balle meine Fäuste und gehe schweren Herzens schließlich auf ihn zu. Den Kopf immer schön gesenkt. Ich kann ihn einfach nicht ansehen. Ich traue mich nicht. Da ich aber doch sein Gesicht sehen will, riskiere ich doch einen Blick. Vergebens. Es ist viel zu dunkel, um etwas zu erkennen. Wenigstens wird er von mir dann genau so wenig sehen. Nachdem ich endlich bei ihm ankomme, starre ich noch einige Momente feige auf seine Schuhe, bis ich mich räuspere: "Inu?"

Es herrscht Stille. "'Inu'? Bist du etwa ... Zui?", erwidert er. An seiner Stimme merkt man, dass er ziemlich entgeistert ist. Vorsichtig nicke ich und hebe meinen Kopf, um ihm ins Gesicht zu sehen. Darin spiegelt sich eine Menge Verwirrtheit und Irritation. Sein Blick scheint durch mich hindurch zu gehen. Er wirkt sehr nachdenklich. Was sich genau in seinem Kopf abspielt, würde mich nur allzu sehr interessieren. "Du verarscht mich, oder?", seine Stimme klingt gebrochen und gekränkt. In dieser Situation bringe ich einfach kein Wort heraus. Ich meine wie könnte ich mich auch rechtfertigen?

"Tut mir leid.", bringe ich niedergeschlagen heraus. Daraufhin fängt Inu an zu schreien: "Es tut dir leid?! Du hast mich eiskalt angelogen! Die ganze Zeit über verarscht!" Er wendet sich von mir ab und macht Anstalten zu gehen. "Nein, Inu, so ist es nicht!", ich packe ihn am Arm und versuche ihn zu stoppen. "Ach nein? Wie dann? Denkst du ernsthaft ich könnte dir noch irgendwas abkaufen? Hat es wenigstens Spaß gemacht mir was vor zu machen?" Wütend reißt er sich aus meinem Griff los und beschleunigt seine Schritte. Ich laufe ihm verzweifelt hinterher: "Hör mir wenigstens zu! Ich kann doch nichts dafür.." Diese Worte wirken leider nur wie Öl auf Feuer. "Bitte was? Wer dann? Etwa ich?", er lacht verächtlich, "Weißt du was? Lass mich einfach in Ruhe!"

Ich schaue zu, wie er davon stampft und der Abstand zwischen uns immer größer wird. Ich habe nicht mehr die Kraft, um ihm nach zurennen. Was kann ich eigentlich? Ein Gefühl von Leere breitet sich in mir aus und ich bleibe einfach nur am Fleck stehen. Nicht in der Lage etwas anderes zu tun. Das war's dann wohl mit seiner Liebe für mich. Der Gedanke versetzt mir einen Stich in die Brust und ich wische mir eine Träne aus meinem Augenwinkel.

Wieso kannst du nicht einmal um etwas kämpfen, Tony? Ein einziges mal. Ich habe es ja versucht, aber es ging einfach nicht. Vielleicht ist es auch besser so. Ich meine, diese Gefühle waren schon im Vorhinein unnormal. Er ist sozusagen ein Fremder für mich. Noch dazu gleichen Geschlechts! Welche Chance hat unsere 'Beziehung' schon? Genau dieses Ende habe ich doch erwartet. Ich wusste, dass es so kommen würde. Und trotzdem tut es so weh. Am Boden zerstört schlage ich mir gegen den Kopf und gehe in die Knie.

Als ich endlich zu Hause ankomme, werfe ich mich einfach samt meiner Kleidung auf's Bett. Am nächsten Tag gehe ich nicht zur Uni und am darauf folgenden Tag auch nicht. Nicht mal Lust auf's Zocken habe ich. Den ganzen Tag über, liege ich nur im Bett und schlafe. Nachdem das Wochenende ebenfalls verstrichen ist, hält meine Mutter es nicht mehr mit mir aus. Sie meint, dass ich mittlerweile alt genug bin, um Verantwortung zu zeigen und meinen Pflichten nachzugehen, ohne dass sie mich ständig darauf hinweisen muss.

Also gehe ich widerwillig wieder zur Uni. Was tue ich, wenn ich Inu über den Weg laufe? An etwas oder irgendwen anders habe ich nicht gedacht. Kaum habe ich das Gebäude betreten, stürmt plötzlich jemand geradewegs auf mich zu und packt mich unsanft am Kragen. Meine Füße werden beinahe vom Boden gerissen und ich werde schmerzvoll gegen die Wand geschubst.

Virtuelle Liebe = Echte Liebe? (BoyxBoy)Onde as histórias ganham vida. Descobre agora