Aussprache

7.4K 564 151
                                    

> Real Life <

Meine Wut scheint aufeinmal wie verraucht, während ich Inu ratlos beim Lächeln zusehe. Wieso sieht er so glücklich aus?

"Nur um eins klarzustellen: Ich bin nicht schwul! Du bist der einzige Typ den ich irgendwie nicht mehr aus dem Kopf bekomme.", brumme ich leicht beleidigt mit verschränkten Armen. Inus Augen weiten sich als er das hört und plötzlich fängt er an zu lachen. Was soll das? Macht er sich über mich lustig? "Das nenne ich eine Liebeserklärung! Die Beste, die ich je gehört habe." Er grinst mich schief an, was ein wohliges Kribbeln in mir verursacht, das mir durch den ganzen Körper geht. Plötzlich blitzt in meinem Kopf die Horde Mädchen auf, die Inu immer umgibt. Ich will gar nicht wissen, wie viele Geständnisse er schon bekommen hat.

"Was ist mit dir? Was empfindest du für mich?", will ich von ihm hören, wobei ich mir die Antwort schon denken kann. Seine Wangen färben sich leicht rot und seine braunen Augen glänzen leicht golden auf, als er mir ins Ohr flüstert, dass er mich ebenfalls liebt. Von der Stelle aus, an der sein Atem meine Haut streift, breitet sich erneut ein Kribbeln in mir aus. "Ich bin aber kein Mädchen..", flüstere ich und lege seine Hand zum Beweis an meine Brust. "Das ist mir schon klar." Er sieht mir tief in die Augen, während er mit seinen Fingern über mein Shirt streicht, so als würde er mich abstasten wollen.

"Du sagst, dass du mich magst, aber wieso warst du dann so mies zu mir?", frage ich ihn verwirrt. Sein Lächeln verschwindet und er geht einen Schritt zurück, um mich richtig anschauen zu können.

"Wie hätte ich denn sonst reagieren sollen? Ich kam mir so verarscht vor, ich dachte wirklich, dass du nur mit mir spielst. Die ganze Zeit habe ich dir gesagt, dass ich dich liebe, Zui. Als sich dann herausstellte, dass du ein Junge bist, dachte ich eben du hättest dich immer über mich schlapp gelacht. Du hast mir ja auch nie die Wahrheit gesagt."

"Für mich war es ja selber nicht so einfach. Ich gebe zu, dass ich nicht wirklich viel von dir gehalten habe, aber das war ganz am Anfang! Danach bist du mir wirklich ans Herz gewachsen. Irgendwann war es dann auch schon zu spät, um mit der Wahrheit herauszurücken. Du hättest so oder so gedacht, dass ich dich nur verarsche.", erwidere ich, während sich die gewohnte Trauer und Verzweiflung über mein Herz legt.

"Ich denke nicht, dass ich das hätte, wenn du es mir vorher in Ruhe erklärt hättest. Schließlich habe ich dir immer gesagt, dass du mir alles anvertrauen kannst. Selbst als dieses komische Mädchen uns mit deinem Geschlecht konfrontiert hat, hast du mir eiskalt ins Gesicht gelogen! Natürlich macht mich das wütend, weil du mir anscheinend nie wirklich vertraut hast."

"Woher hätte ich denn wissen können, wie du wirklich drauf bist? Jeder wäre doch abgeschreckt, wenn er erfahren würde, dass sein Schwarm 'plötzlich' das gleiche Geschlecht hat! Ich hatte Angst dich zu verlieren. Du tust ja grade so, als würde es dich nicht die Bohne jucken, dass ich ein Kerl bin."

"Es ist doch so. Das Geschlecht spielt doch keine Rolle, wenn man sich verliebt. Und ich liebe dich bereits. Außerdem bist du nicht schwul, stimmt's? Und trotzdem hast du kein Problem mit mir. Wieso soll es dann so abwegig sein, dass es bei mir genauso ist?"

Darauf fällt mir nichts mehr ein, weshalb ich bedrückt meinen Kopf senke. Die Zweifel können mich nicht so einfach verlassen. Als Inu das merkt, nimmt er mich unbeholfen in seine Arme und drückt mich fest an sich. Sein großer Körper fühlt sich etwas befremdlich an. Aufeinmal merke ich, dass ich ihn spühren kann. Seine Kleidung; seine Hände, die auf meinen Rücken drücken und selbst seine Haare, die sanft meine Wange streifen. Selbst seinen Körpergeruch kann ich wahrnehmen, was meine Körpertemperatur ansteigen lässt. In diesem Moment fällt mir auf, dass wir bisher nur in einem Spiel gelebt haben, denn Etir ist kein Vergleich zur Realität. Die virtuelle Welt kann einem eben doch nicht alles geben.

Inu scheint die selben Gedanken zu haben, denn er unterbricht unser Schweigen: "Ich bin so froh, dass ich dich endlich WIRKLICH kennen lernen kann." Plötzlich verzieht er sein Gesicht: "Da fällt mir ein, ich kenne deinen wahren Namen ja noch gar nicht." Ohh ja, da war ja was. Ich räusper mich: "Tony." - "Tony also.", wiederholt er und lächelt erfreut vor sich hin. Meine Aufregung steigt, als ich meinen Namen aus seinem Mund höre. "Nenn mich auch bei meinem richtigen Namen, Tony.", fordert Inu von mir. Wieso spricht er einen eigentlich immer so direkt mit dem Namen an? Ich zögere sichtlich, seiner Anweisung nachzugehen. Zachary, probe ich in meinem Kopf. Zachary. Ich hole tief Luft, während er mich gespannt ansieht. Es kann ja wohl nicht so schwer sein, einfach ein Wort auszusprechen. "Za..cha..ry?", ich lege meinen Kopf schief und sehe ihn mit großen Augen an. Daraufhin prustet er amüsiert los: "Was soll das Fragezeichen am Ende? Ich sehe schon, du bist genauso komisch drauf, wie in Etir." Was soll das denn bitte heißen? Eingeschnappt werfe ich ihm einen bösen Blick zu. "War doch nur Spaß!", sagt er daraufhin schnell, "Du bist toll." - "Was an mir ist bitte toll?", frage ich ungläubig. "Vieles!", erwidert er munter. Ich zeige ihm mit einer Handbewegung, dass er fortfahren soll, was er auch tut: "Du warst am Anfang so hochnäsig zu mir. Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch, du seist weiblich und weil die ganzen Mädchen die ich kenne immer so an mir hängen, fand ich das eben toll. Außerdem habe ich an deiner Seite immer sehr viel Spaß und fühle mich entspannt. Naja, jedenfalls habe ich irgendwann erkannt, dass mich die meisten nur wegen meinem Aussehen schätzen. Das ist echt ätzend, weshalb ich mein Erscheinungsbild in Etir eben komplett anders gewählt habe. Obwohl du mich auch nicht gerade attraktiv fandest, hast du dich trotzdem auf mich eingelassen. Deshalb wollte ich dich auch unbedingt kennen lernen." Er sieht mir lange tief in die Augen und gerade als er sich ein Stück zu mir herunter beugen will, unterbricht uns plötzlich jemand.

"Ey, Leute, da seid ihr ja!", schreit eine laute Stimme und ich weiß sofort wer es ist. Mit vermutlich hoch rotem Gesicht drehen wir uns beide zu Daiki und fahren schnell auseinander. "Ups, komme ich etwa zum falschen Zeitpunkt?" Er grinst uns entschuldigend an. "Antonio...!", zischt Inu genervt zwischen zusammen gepressten Zähnen. Er sieht so aus als würde er Daiki am liebsten eine reinhauen.

"Ihr werdet noch genug Gelegenheit haben.", ertönt eine fremde monotone Stimme. "Nicht du auch noch, Lenart..", seuftzt Inu und schlägt sich mit der Hand gegen die Stirn. Dieser lässt sich nicht weiter beirren. "Wir sind hier um euch abzuholen, die Vorlesung fängt gleich an." - "Die Vorlesung ist mir grad herzlich egal.", brummt Inu verärgert, leise vor sich hin, sodass nur ich es höre. Er legt mir eine Hand auf die Schulter und flüstert mir im Vorbeigehen ins Ohr, dass wir uns später wieder hier treffen werden, woraufhin ich verlegen nicke. Ich weiß zwar nicht genau, wann 'später' ist, aber ich scheine mich schon unheimlich darauf zu freuen.

____________________

Das Ende ist jetzt nicht soo spektakulär geworden, da mir nichts besseres eingefallen ist >.<
Ich hoffe ihr seid trotzdem damit zufrieden ^^
Als nächstes folgen jetzt die Bonuskapitel, also die Story von Antonio und Lenart, in der Zachary und Tony trotzdem noch vorkommen werden.
Vielleicht gibt es auch noch einpaar Specials zu der Hauptstory.

Also wer erstmal genug von der Geschichte hat, hier wäre das offizielle Ende :/

Danke an alle die "Virtuelle Liebe = Echte Liebe?" gelesen haben :D

Virtuelle Liebe = Echte Liebe? (BoyxBoy)Where stories live. Discover now