Prolog - [✔]

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Der Sanitäter näherte sich der noch immer unter Schock stehenden Frau.
Der Mann hatte sie nun schon öfter hier gesehen und nun endlich einen Entschluss gefasst mit ihr zu sprechen.
Er wusste genau, das dies hier nicht der perfekte Moment war um sie zur Rede zu stellen, doch selbst das sie gerade ihren Sohn verloren hatte änderte nichts daran.
Dies war womöglich die einzige und letzte Chance mit ihr zu reden.
Mit der Frau, die er aus seiner Kindheit kannte.
Die Frau, die ihm die Augen geöffnet hatte und die Frau die immer für ihn da war.
Dies war die Frau seinen Lebens gewesen und er hatte sie durch einen unnötigen Fehler verloren. Er hatte ihr das Herz gebrochen und dies konnte sie ihm nie verzeihen.
Er hasste sich abgrundtief für diesen Fehler, denn es war ganz alleine er an allem Schuld. Sie hatte ihn zuvor gewarnt, doch er hatte all die Warnungen ausgeblendet und nicht auf sie gehört.

Er blieb einige Meter vor der weinenden Frau stehen.
Bilder tauchten in seinen Gedanken auf und sausten wie wild umher.

"Bitte Johanna! Bitte, bleib hier! Tuh mir das nicht an!", flehte der verzweifelte Mann und sank auf seine Knieh.
Tränen stiegen ihm in die Augen und liefen ihm die Wange hinunter.
"Ich flehe dich an! Bitte! Ich wollte das nicht! Es war ein Unfall!", seine Stimme zitterte heftig und erstarb schließlich.
Seine Augen waren matt und voller Trauer.
Die Schreie eines weinenden Babys waren in seinem Kopf zu hören und er presste sich die Hände an die Ohren um dieses Geschrei nicht zu hören, doch es wurde immer lauter.

"Vergiss es!", schrie ihn die Frau vor ihm an. Sie war wütend und voller Trauer zugleich. "Nicht nach all dem! Niemals!" Tränen rollten ihr über die Wange. "Ich hab es dir gesagt und siehst du was passiert ist? Ich habe meine Tochter verloren! Das einzige Kind in meinem Leben habe ich deinetwegen verloren!" Die Frau brach in einen Strom an Tränen aus. Nie würde sie ihm dies verzeihen können. Niemals!
"Es tut mir leid! Es tut mir so unendlich leid!" die Stimme des Mannes zitterte so heftig, das man ihn fast nicht verstand.
Die Frau ignorierte ihn einfach. Sie stand schweren Herzens auf und drehte sich um. Langsam ging sie davon und mit ihr auch die klagenden und schmerzenden Schreie des Babys in seinem Kopf.

Erneute Trauer kam in ihm hoch, doch er unterdrückte dies und näherte sich der Frau. Er berührte sie mit der Hand auf der Schule.
Sie zuckte schreckhaft zusammen und als sie ihn ansah lag reine Trauer in ihren Augen.
"Ich weiß es ist gerade ungünstig, aber ich muss mit dir reden!", begann er mit ruhiger Stimme und die Frau vor ihm nickte nur zögerlich.

Sie folgte ihm in einen kleinen Raum.
Er begann ruhig zu sprechen. "Es tut mir leid was mit dem Jungen passiert ist", begann er. Erneut brach sie in Tränen aus.
"Ich weiß es ist schon lange her, aber nachdem du gegangen bist, warst du da schwanger?", fragte er sie direkt. Er hätte es bestimmt nicht gefragt, wenn sie einen Freund gehabt hätte, aber das hatte sie nicht, da war er sich sicher.

Die Trauer in den Augen der Frau schwand etwas und sie starrte ihn an, sagte aber nichts. "Sag mir, ist dieser Junge von mir?" fragte er sie erneut, dieses mal aber etwas lauter.
Die Frau schluchzte. "Nein", begann sie stotternd. "Aber das Mädchen!", ihre Stimme erstarb und stille brach in den Raum herein. Franco sah sie entgeistert an. Nie wäre er auf die Idee gekommen sie wäre seine Tochter, das Mädchen das er schon einige Male behandelt hatte.

Als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte sagte er ruhig: "Und der Junge?" "Adoptiert", sagte sie knapp und sah auf den Boden. "Warum hast du mir nie etwas gesagt davon?" fragte er sie und Wut kam in ihm auf. 15 Jahre lang dachte er, er hätte seine einzige Tochter verloren und jetzt erfuhr er, dass er noch eine hat. "Ich konnte nicht! Nicht nachdem was mit Marie passiert war!" sagte sie noch stotternd, doch langsam beruhigte sie sich wieder. "Ich hielt es für besser ihr nie etwas von ihrem Vater zu erzählen!" schrie sie ihn förmlich an. "Es war das beste für mich und auch für meine Tochter, dir einfach aus dem Weg zu gehen!", sagte sie wütend.
Der Mann sah sie zutiefst enttäuscht an. "Wie man sieht kümmerst du dich ja prima um deine zwei Kinder!", sagte er kühl.
Die Frau sagte nicht, wieder brach sie in Tränen aus. Wie damals ignorierte sie seine Reaktion völlig, drehte sich um und stürmte aus dem Raum und lies ihn alleine dort zurück.

Wenn das Leben gegen dich istWhere stories live. Discover now