Kapitel 9

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Dyan sagte kein einziges Wort und starrte einfach nur ins Leere, womit er mir Angst machte. Er hatte die Augenbrauen verengt, sodass sich an seine Stirn Falten gelegt hatten. Seine Hände waren ebenso zu Fäusten geballt und irgendwie schaute es so aus, als ob er zittern würde. Ich machte mir langsam Sorgen um ihn, jedoch traute ich mich nicht etwas zu sagen. Je länger ich ihn beobachtete, desto mehr fiel mir auf, dass er versuchte sich in Kontrolle zu halten. Anscheinend war es doch nicht eine gute Idee gewesen, es ihm zu beichten.

"Dyan", flüsterte ich.

Er reagierte nicht auf meine Stimme und ich hatte das Gefühl, das er mich nicht einmal hörte. Aus diesem Grund fasste ich nach seiner Hand, die weiterhin zu einer Faust geballt war. Bei meiner Berührung schien er sich ein wenig zu entspannen und wie aus einer Trance erwacht, richtete er seine Augen auf mich.

"Wie kann dieser Dreckskerl nur sowas machen?", konnte er es nicht fassen.

Darauf konnte ich nichts erwidern, denn ich wusste es selbst nicht. Monatelang hatte ich mir selber diese Frage gestellt. Immer wieder. Nie hatte ich eine Antwort bekommen und bis heute fragte ich mich, warum Steven so sehr wollte, dass ich litt. Meine Gedanken verschwanden wieder, als Dyan plötzlich meine Hand losließ und den Kopf schüttelte.

"Damit wird er nicht durchkommen", murmelte er und ging Wut aufgeladen zum Ausgang.

"Dyan!", schrie ich verwirrt und rannte ihm hinterher, doch er hörte mich gar nicht.

Von jeder Richtung konnte ich die neugierigen Blicke auf mir spüren, jedoch war es mir im Moment egal, denn ich konzentrierte mich nur auf ihn.

Als er sein Auto erreicht hatte, wollte er die Tür auf machen, jedoch hielt ich ihn an seinem Arm fest, weswegen er sich wütend zu mir umdrehte. Er befreite sich aus meinem Griff und wollte erneut einsteigen, aber diesmal stellte ich mich vor die Autotür, sodass ich ihm den Weg versperrte.

"Amelia, geh weg!", brüllte er und ich zuckte bei seinem lauten Ton zusammen, doch blieb trotzdem wie angewurzelt stehen.

"Du hast mir versprochen, dass du nichts tun wirst", erinnerte ich ihn und er schien sich nur noch mehr auf zu regen.

"Dyan", sprach ich und man konnte deutlich die Verzweiflung in meiner Stimme hören, weshalb er in meine Augen blickte.

"Bitte", flehte ich und dabei lief eine Träne meine Wange entlang.

"Verlange von mir was du willst, aber nicht das", bat er und schob mich langsam auf die Seite.

Er wollte wirklich einsteigen, worauf ich in Panik verfiel und schon leicht zum Zittern begann. Völlig überfordert von der Situation konnte ich das Weinen nicht mehr unterdrücken. Meine Beine hielten nicht mehr mit, weshalb ich kraftlos auf die Knie fiel. Dyan zog mich aber wieder hoch und ließ nicht zu, dass ich runterfiel. Ohne darüber nachzudenken schlang ich schließlich meine Arme um seinen Bauch.

"Geh nicht", flüsterte ich.

Nur für ein paar Sekunden fühlte ich mich so wohl und geborgen bei ihm, doch auf einer Weise war es trotzdem komisch. Ich sollte sowas nicht spüren und bei ihm auf gar keinen Fall.

"Okay", versicherte er mir.

Als wir uns beide vollkommen beruhigt hatten, löste ich mich von ihm. Anscheinend hatte nicht bloß mir die Umarmung geholfen, sondern auch Dyan, denn er schien nicht mehr so wütend zu sein. Erwidert hatte er es aber trotzdem nicht, doch im Augenblick war es ein schlechter Zeitpunkt sich darüber Gedanken zu machen.

"Wer ist bei dir zu Hause?", wollte er plötzlich wissen, wofür ich ihn sichtlich verwirrt anschaute.

"Meine Brüder", antwortete ich.

Mein LebenWhere stories live. Discover now