4.

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Hilflos zitternd blickte sie erneut zu den Rittern mit den Brandschilden zurück, sah die Bewohner der Stadt stumm an den Felsen stehen und starren.
Oh Gott...
OH GOTT, WAS JETZT?
Keiner würde ihr helfen, keiner es auch nur versuchen, dachte sie erzitternd vor Furcht und rang ängstlich ihre Hände.
Da berührte sie plötzlich etwas an der Schulter und sie wandte sich erschrocken wieder dem Drachen zu.
Aber der hatte sich nun ... gewandelt!
- Tatsächlich!?
Oh wie furchtbar er anzuschauen war!
Ein Dämonmensch, ganz so, wie es die Geschichten der Alten erzählten.

Ja... Ein richtiger Riese war er, fürwahr. Erschreckend groß und breit gebaut überragte er sie nun um beinahe zwei Häupter und war so stark aussehend und extrem furchteinflößend anzuschauen, mit all den weißen und schwarzen dicken Zeichungen von Feuerflamen und Runenschriften auf seinen Armen, der Brust und den Schultern, wie sie es noch nie an einem zivilisierten Menschen gesehen hatte.
Und auch seine Augen waren schwarz ummalt, beinahe bis zu den Ohren, die aber weiß schimmerten, ebenso sein Kopf und der Hals, an dem sich nur ein einziger dünner Strich in schwarz von der Brust bis hin zu seinem weißen Mund hinauf zog und die Lippen regelrecht zu spalten schien.

Hart schluckend starrte sie ihn erschüttert an. Wie konnte Gott denn nur eine solche Kreatur geschaffen haben?
Seine Unterarme waren schon für sich gesehen so dick wie ihre Oberschenkel. Schwarze fein gezeichnete Muster zogen sich ebenfalls dünn und beinahe unter dem Weiß der Haut unkenntlich über seine markanten Wangen hinab bis unter die Ohren. Als würde er einen kunstvoll gefertigten Helm tragen, dachte sie kurz und blinzelte erzitternd.
Die ganz feinen Muster liefen von den Ohren aus weiter den Hals hinab zu den dicken Schwarzen Flammenzungen-Symbolen auf seinen Schultern hin und dann erst die Arme weiter hinunter bis zu den Handgelenken und Fingern die entgegen aller Erwartungen blutrot gefärbt waren.
Oder war das vielleicht frisches Blut?

Er sah tatsächlich so grauenvoll aus, wie sie sich gerade fühlte, doch als sie prompt aufschreien wollte konnte sie es nicht. Ihr schnürrte es den Hals zu, vor lauter Panik. Doch musste sie ihn immer weiter ansehen.
Es war wie ein Zwang.
Seine Augen bannten sie magisch anfühlend. Er hatte nur eine lederne schwarze Weste und lange, zerfetzt aussehende Beinkleider an. Seine Füße waren bloß... und schmutzig.

„Hast du aus dem goldenen Becher das Gift getrunken, tapferes Mädchen?", fragte der Drachenkrieger plötzlich seltsam sanft und freundlich klingend.
Tia schüttelte nur mit fest zusammengebissenen Zähnen den Kopf, weil sie dachte, dass er sonst sicher ihr Zäheklappern hören müsste, wenn sie den Mund nur einmal kurz öffnete. Er ging um sie herum und wieder befiel sie diese seltsame Starre. Auch das Zittern ihrer Glieder erlahmte und sie atmete möglichst flach aus und ein und wieder aus und wieder ein.

Der Drache brührte nun ihr langes dunkles Haar, betrachtete die im Mondschein darauf silbernen schimmernden Glanzlichter und sah es sich nun genauer an, so wie auch sie ihn eben noch, von Kopf bis Fuß, während sie nur noch dastand und hart schluckend und angestrengt atmend auf den Tod wartete.
„Wie lautet dein Name, du Mutige?", fragte er sie weiter so seltsam sanft klingend.
„Tia.", wagte sie es nur ganz, ganz leise zu flüstern.
Er trat wieder vor sie und seine Augen glühten wie Kohlestücke in der Glut, als er ihr Gesicht sachte umfasste und sie zwang ihn erneut anzusehen. Direkt in seine nun feurig aufglühenden Augen hinein, Oh Gott...

„Und nun sagst du mir nur noch das Eine, meine wahrlich außergewöhnlich tapfere Edle: Willst du weiterleben ... oder willst du lieber sterben?"
Sie hob verwundert die Brauen. Er fragte sie? Sie sah um Fassung ringend zu ihm hoch. Und er ließ schließlich ihr Gesicht los und ging noch einmal eine Runde um sie herum, weil sie schlicht sprachlos keuchte.

„Hat es dir gerade die Worte geraubt, bei der Erkenntis, dass du es bist, die hier die Wahl hat?", fragte er sie schließlich wieder ganz sanft klingend.
Sie nickte nur heftig.

DrachenmondWhere stories live. Discover now