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Tia betrat den Innenhof des Schlosses und alle Arbeiten dort, Schmiedschlag des Hammers auf den Amboss, das Fegen der Steine, das anschirren von großen Arbeitspferden, das tragen von Holz und Wasser und das Gerede des Gesindes kamen augenblicklich zum Erliegen.
Jeder starrte sie gut drei Sekunden lang nur groß an, bevor sie plötzlich alle auf ein Knie herunter gingen und vor ihr den Kopf senkten.

Tia erbebte vor Unbehagen und lief hochrot an vor Verlegenheit. „Steht auf, ich bitte euch!", sagte sie unsicher in die Runde und die Menschen standen wieder auf und verneigten sich noch einmal äußerst ehrerbietig vor ihr. Eine Magd kam auf sie zugeeilt und knickste tief. „Mylady of Alligforth, mein Name ist Hester. Ich zeige euch eure Gemächer, wenn ich so frei sein darf, dies anzubieten.", sprach sie sie höflich an. „Gerne.", nickte Tia nur und die Magd bot ihr den Arm.

„Wenn ihr euch aufstützen möchtet... wir wissen alle, was in der letzten Nacht geschah, Mylady. Euer Mut ehrt euch sehr.
Der Herr ist sehr stark, also scheut euch nicht vor uns. Wir sind hier um euch zu dienen.", drängte sie sie, doch Tia war das gar nicht recht.
„Euer Herr hat mir nicht geschadet, Hester aber hab Dank für dein Angebot. Ich würde nun gerne meine Gemächer sehen und... mich ein wenig ausruhen.", erklärte sie leise und straffte die Schultern, als sie die erstaunten und ungläubigen Blicke rundum bemerkte.

„Es steht euch allen nicht zu zu beurteilen was die Herrschafften tun. Eure Blicke sind zu offen und zu frei heraus.", kritisierte Tia die Bedinsteten sofort. „Wenn Darkh dies sehen würde, wäre er sicher tief beleidigt und in seiner Ehre verletzt. Ich sage euch, er hat mir nicht geschadet. Er ist sehr sanft mit mit. Er fragt nach meinem Befinden und ist freundlich. Ich könnte mir mehr an Rücksichtnahme nicht wünschen, also besteht für eure Sorge kein Grund, doch für eure Blicke danke ich euch, weiß ich doch dass sie aus Mitgefühl und Sorge entspringen. Aber mir scheint der Einzige, der hier gerade solches Mitgefühl bräuchte ist euer Herr Darkh.
Er ist stark und gebietet Ehrfurcht. Doch er verletzt mich nicht, sondern behandelt mich wie eine wertvolle Blume, sehr zartfühlend und sanft. Dennoch glaubt jeder, egal ob Mann, Weib oder Drache er sei ein Monster und will mich bedauern. Das ist nicht hinnehmbar!
Ich sagte ihm gerade noch, dass ich nicht wünsche je einem anderen Drachen zu gehören, weil er freundlich und gut zu mir ist. Er ist außerdem nun mein Gemahl und ich seine Braut. Und weitere Diskussionen über dieses Thema erübrigen sich nun, denke ich. Geht bitte zurück an eure Arbeit und ich danke euch für euer Willkommen. Ich werde mich bemühen eurem Herrn Ehre zu machen und euch allen eine Gerechte Herrin zu sein. Wenn ihr Sorgen oder Nöte habt könnt ihr zu mir kommen und ich will sehen wie ich Euch helfen kann, so Darkh mir die Befugnisse dazu einräumt.
Was ich hier sehe ist ein gut geführtes Anwesen und emsige Arbeiter. Macht weiter so und nun entschuldige ich mich. Letzte Nacht hatte ich nicht viel Zeit, um zu Ruhen."
Sie neigte leicht den Kopf nach rechts und links, so wie Nissa es auf Burg Ragips stets zu tun pflegte, als älteste Tochter des Hauses und die Menschen gingen wieder mit verwirrten, erstaunten oder auch überraschten Gesichtern zurück an die Arbeit.
Ob Nissas Herz wohl auch immer so wild in ihrer Brust gehämmert hatte, dachte Tia ihre Nervosität unterdrückend und bewusst langsam ausatmend, derweil sie den Menschen dabei zusah, wie die ihre Arbeit verrichteten.

„Mylady?", fragte Hester sie schließlich wieder mit einer einladenden Geste zum Portal des Schlosses hin und Tia atmete innerlich auf.
Nie hatte sie gedacht, dass sie selbst eines Tages einen so großen Haushalt zu führen haben würde. Doch Grete wie auch die Haushälterin auf Burg-Ragips, Mrs. Fletscher hatten stets gesagt mann könnte nie wissen, was da eines Tages auf sie zukommen würde. Gute Grete... und treue Mrs. Fletcher. Mann hatte sie gut unterwiesen.
Denn in einem großen Haushalt gab es vielerlei Dinge zu beachten, wie auch freundliche aber bestimmte Worte an die Untergebenen zu entrichten. Ein Lob in einem Tadel verborgen konnte ebenfalls wahre Wunder wirken, in einem Einstand als neue Herrin über eine Gesindeschafft.
Es konnte einer guten Herrin die Loyalität der Diener sichern, die nicht selbstverständlich war, aber oft genug und höchst arrogant vorausgesetzt wurde. Auch von ihrem Vater.
Hester aber sah sie nun nicht mehr länger so an wie ein geschlagenes, armes Lämmchen, sondern viel vorsichtiger und auch etwas distanzierter.

Tia lächelte ihr kurz zu und nickte dann erneut so erhaben wie Nissa, dass das Mädchen ihr vorausgehen sollte.
„Da ich mich nicht auskenne, Hester, sei so freundlich und zeige mir den Weg.", bat sie und verlangte es nicht.
Die Dienerin knickste nur wieder und öffnete ihr die große Bogentüre in eine ausladend große Halle hinein, die geschwärzt von Ruß war, an Wänden und Decken. Das Refugium ihres Gatten?, fragte sie sich kurz wieder unsicher umblickend.

Er schien wohl des öfteren die Beherrschung zu verlieren, dachte sie nun doch ein wenig besorgt und atmete mal wieder kurz tief durch, bevor sie beschloss ihn später zu fragen ob er die rußig schwarzen Wände so behalten oder zulassen wollte, dass die Diener sie zumindest reinigten.
Es sah so schon etwas arg heruntergekommen und ungemütlich aus, dachte sie weiter. Doch Darkh hatte ihr eben noch gesagt sie dürfe Wünsche äußern.
Vielleicht wenn er später wieder da wäre und sie zu seiner Zufriedenheit genommen hatte, könnte sie den Moment nutzen, überlegte sie sich und nickte dann Hester, die sie kurz besorgt musterte, zu weiter zu gehen.
„Welch große Halle. Eine solche sah ich nie zuvor im Leben.", meinte sie nur beherrscht und folgte der nun überrascht blickenden Magd eine Seitentreppe hinauf ins Obergeschoss, in einen der Söller hinein und in den ersten der Türme.
„Hattet ihr keine Burg oder Schloß, mit mächtigen Hallen, dort wo ihr herkommt, Mylady?", fragte Hester die während des Aufstieges leise an.
„Doch, die Burg Ragips, mein Heim. Aber selbst jene große Halle, die ganz prächtig ist, würde gut zwei Mal in Darkhs Halle hineinpassen.
Denke nicht das die menschlichen Schlösser und Burgen nicht prächtig sind, Hester. Doch mit den Drachenausmaßen hier nicht zu vergleichen. Doch unser Herr, mein Gemahl, braucht sicher den Platz, wenn er zürnt oder sich auch nur einmal wandeln will. Nie sah ich einen so großen Drachen wie ihn und wenn er kämpft ist er schnell, stark und sehr geschickt.", brachte sie das Thema rasch wieder auf Darkh zurück und Hester blieb geschockt aufkeuchend stehen.
„Ihr gerietet in einen Dragon-Fight? Mylady... was ist geschehen? Hat man gar versucht euch unserem Herrn noch wegzurauben?", fragte Hester sie nun wieder äußerst besorgt.
Tia nickte lediglich düster.
„Ein fetter Drache, breit wie ein Ochse, mit ebensolchem Nasenring kam herein, als Darkh zu einer Versammlung ging, um von mir zu berichten. Er wollte mich für sich und Seine Sippe beanspruchen. Doch Darkh hörte mein Schreien und kam rechtzeitig genug, um ihn wegzunehmen und mich zu retten..."
Hester keuchte wieder auf.
„Der Tellksa-Dragon-Lord wagte es unseren Herrn herauszufordern und Euch anzugehen...? Mitten im Gesicherten Lakhall der Dragon?", ereiferte sich Hester und rang nach Atem.
Tia runzelte nur wieder die Stirn. Denn sie wusste ja nicht wovon die junge Frau da nun wieder sprach. Und ob der Drache auch Wirklich Jener Drachen-Lord gewesen war oder nicht.
„Ich denke du kannst dich beruhigen. Denn wir müssen uns nun alle beide nicht mehr darum kümmern. Darkh kam mir zu Hilfe, tötete den Eindringling und vollzog unsere Verbindung. Ich gehöre nun ihm und will es auch gar nicht mehr anders haben.", beschloss Tia die weitere Unterhaltung abzukürzen und nickte Hester dann erneut zu ihr voraus zu gehen... was die erbleichte Dienerin dann auch eilig nickend tat und in einen Zwischengang, der zwei Söller miteinander verband, trat.
An dessen Ende gab es dann eine breite steinerne Wendeltreppe, die aber nicht sehr weit hinauf reichte. Das Hauptgemach der Herrschafften war rund, hoch und wirklich sehr kostbar und edel eingerichtet.
Da gab es tiefrote Samtbezüge mit goldenen Stickereien auf einer Chaise und ein großes Rotgolden betresstes Baldachinbett aus massivem Metall geschmiedet, unzerbrechlich wirkend in seiner Größe und ausreichend für mindestens fünf ausgewachsene Männer, die nebeneinander schlafen konnten, ohne sich auch nur zu berühren.

An den Wänden hingen seidene Banner mit dem roten Drachen auf goldenem Grund und ein gigantischer Steinkamin mit Drachenköpfen an den Seiten sorgte für wohlige Wärme, trotz des ja sehr hohen Raumes. Vier Erkerfenster gingen nach jeder Seite hin ab und spendeten mehr als nur ausreichendes Tageslicht durch das verzierte Bleiglas hindurch das edle Drachenbildnisse zeigte. Kampfszenen, Ruheszenen und den Drachenflug. Kein Zweifel...
Dies hier war das Schlafgemach des Drachenherrn.

DrachenmondDonde viven las historias. Descúbrelo ahora