8.

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„Schhh...", machte der Drache schließlich wieder leise und ergriff ihren gesunden Arm um sie wieder zu sich umzudrehen, hastig senkte sie den Kopf und zog die Schultern ängstlich hoch, doch er hatte sich nun wieder etwas beruhigt. Zum Glück!
„Kannst du noch gehen oder soll ich dich besser tragen?", fragte er sie schon wieder so seltsam weich und freundlich klingend wie zuvor und griff ihr dann unter das Kinn, um ihr
tränennasses Gesicht zu sich anzuheben. Kurz schien er etwas ins Stocken zu geraten, atmete scharf ein, bevor er nur wieder ihre bebenden Schultern umfasste und sie ganz leicht an sich zog.
„Schhh.", wiederholte er die beruhigend gemeinten Laute wieder und streichelte diesmal ganz sachte über ihr Haar und den Rücken.
„Das war wohl etwas zu heftig und zu viel für dich. Doch du warst tapfer und hast es überlebt. Nun musst du dich ausruhen... und vermutlich auch ein wenig baden, Tia. Ich helfe dir dabei, wenn du willst.", bot er ihr an und sie überlegte kurz fassungslos was denn gerade hier passierte. War es das nun wirklich schon gewesen? Kam da nicht noch mehr? Wollte er sie nicht noch länger nehmen oder mit seiner Sippe teilen, so wie der andere Ochsen-Drache, der immer noch ausblutend und mausetot in der Höhlenecke lag?
Sie hatte schon so oft gesehen wie die Hauptmänner ihres Vaters die Küchenmägde und Dienerinnen rüde in in irgendwelchen Ecken hergenommen hatten. Sie war oft spazieren gegangen und manchmal waren sie auch in den Gesinde-Kammern und die Türe stand einen Spaltbreit offen.

Es hatte ganz scheußlich ausgesehen, so hart und brutal und vor allem lange...
Gleiches hatte sie auch hier erwartet, mehr sogar noch als das, was sie damals ja nur beobachtet hatte. Doch der Drache... war sanft zu ihr gewesen, oder? Er hatte sich entschuldigt das es sein müsste... und der andere Drache hatte gesagt sie sei noch nicht genommen, noch nicht gezeichnet gewesen.
Hatte er das also gerade eben nur mit ihr getan? Sie genommen und gezeichnet?
So???

„Tia, ich möchte dir nicht noch mehr Angst bereiten oder dich gar in Panik versetzen aber wenn du so zitterst möchte ich dir helfen.
Zumindest dabei dich zu waschen, damit du danach wieder ausruhen kannst. Also darf ich?", fragte er sie nun ganz ernsthaft.
Mut, flüsterte eine Stimme in ihr und sie sah ihn nur wieder kurz verstört an und atmete zittrig aus bevor sie hastig nickte.
Er nickte ebenfalls und lächelte wieder, wenn auch nur zögern.
Ja, Mut und Tapferkeit schätzten die Drachen tatsächlich über alles, stellte Tia einmal mehr fest, Also hatte es ihm gerade wohl gefallen das sie nicht laut geschrien und gejammert hatte? Hatte es ihm vielleicht so gut gefallen, dass er auch weiter sanft und freundlich bleiben würde?
Oh bitte... hoffentlich!

Er hob sie nun behutsam auf die Arme und Tia biss sich kurz auf die Lippe, weil ihr weher Arm dabei so arg schmerzte.
„Verzeih!", bat er sie wieder nur ganz ernsthaft klingend und trug sie schnell in die andere Höhle hinüber, zu einem Felsstein an der Teichuferkante hinunter, setzte sie behutsam darauf nieder und riss sich dann selbst mit leicht gelblich glühenden Augen einen Streifen seines Leders vom Hosenbein ab, tauchte ihn ins Wasser ein und kehrte damit dann zu ihr zurück, um dann zuerst einmal ihre Schulterwunde, also den Biss zu reinigen.

„Es muss dir gerade sicherlich barabrisch erscheinen, was geschehen ist.
Tatsächlich ist es das wohl auch. Es ist sogar ein echtes Wunder, dass wir Dragon zumindest ab und an eine Braut von den Opferzeremonien erhalten. Die meisten ziehen den Gifttrank vor und ich verstehe es, wirklich. Doch dieses Gift ist nicht so schmerzos wie die Opfer zuerst denken. Es zerfrisst dich von innen, sobald du bewegungsunfähig und benommen bist. Du spürst dann nichts anderes mehr außer den Schmerz in dir und selbst das Drachenfeuer bemerkt die Braut dann nicht mehr. Sie schreit sich die Seele aus dem Leib, bis das Leben endet. Doch unser Feuer beendet es ganz schnell.", erklärte er ihr leise und Tia sah ihn nur wieder bestürzt an.
„Ist das so?", flüsterte sie erbebend und er nickte einmal ernsthaft.
„Natürlich wissen sie das, die Könige. Die Herren ihrer Lande.
Sie lieben indes die Anschauung des panischen Opfers, dass die Drachen so sehr fürchtet, dass es kreischend unter geht. Hättest du mir gesagt dass du sterben willst hätte ich dir noch schnell das Genick gebrochen, bevor ich dich befeuert hätte. Denn selbst wenn ich es so getan hätte... deine Landen hätten dich nie am Leben gelassen, Tia. Und ihre Art zu töten ist grausamer als unsere.
Es geht schneller und ist völlig schmerzlos. Und so tun wir es alle. Das ist eines unserer Gesetze, auch wenn nicht alle von uns freundlich gesinnt sind.
Und auch wenn es tatsächlich viele Barbaren gibt, die immer wieder versuchen die freiwilligen Bräute anderer Drachen zu rauben, wie du heute leider am eigenen Leib miterleben musstest, so bemühen wir uns doch inzwischen um ein wenig Benimm."
„Also... Kommt nun kein anderer Drache mehr hierher, um mich zu rauben?", wisperte sie ängstlich.
Er schüttelte nur wieder finster den Kopf.
„Nein. Nun können sie dich nur noch dann haben, wenn sie mich zuvor im Kampf besiegen und töten. Doch das werden sie nicht. Kommt jemand her und sieht dich unpassend an, dann ziehst du besser dein Hemd von deiner Schulter und zeigst ihm den Biss, in den ich nun noch ein wenig Sufakrret geben werde, damit sich die Haut dort schwärzt und heilt. So bleibt der Biss indes sichtbar, selbst wenn die Haut vollständig gesundet", sprach er leise und ließ bereits ein schwarzes Pulver auf die Bisswunde rieseln. Tia sah ängstlich dabei zu... Doch dies Pulver musste magisch sein, denn das Bluten stoppte sofort, die Haut schloß sich und wurde wieder vollkommen glatt und gesund, nur der Biss blieb als schwarzes Bildniss auf der Haut zurück. Eine ebensolche Schwärze wie auch Dragon sie in seinem Gesicht und am Körper trug.
Dasselbe Schwarz...?
War er also dort überall verletzt gewesen? Im Gesicht, auf der Brust, auf den Armen und den Schultern und am Rücken...?
Da unterbrach er ihre Gedanken wieder und tupfte mit dem nassen Drachenhautlappen die Reste des Pulvers von ihrer Schulter ab.
„Das wars schon. Du bist nun gezeichnet und genommen und gehörst damit mir!", verkündete er ausdruckslos und strich ihr dann wieder ganz sanft und vorsichtig eine verirrte Haarsträhne hinter das rechte Ohr zurück, derweil sie immer noch von allem verwirrt und benommen zu Boden Blickte.
„Und ... was geschieht jetzt weiter?", fragte sie ihn wispernd. Er grollte leise auf und seine Augen erglühten schon wieder rötlich , seine Haut reagierte ebenfalls und wurde dunkler... schuppiger? ... bevor sie sich wieder glättete.
„Ich entsorge den Müll ...", nickte er kühl zur anderen Höhle hinüber „Doch zuerst kümmere ich mich um dich, damit es dir auch rasch wieder besser geht.
Wir bleiben heute noch hier am Quell, das wird so erwartet. Morgen dann kannst du zu der Ansiedlung gehen, welche mir untersteht und wo auch noch viele andere Menschen frei und ungezeichnet leben und uns beiden fortan dienen werden, damit wir sie fürderhin beschützen vor den Königslanden, denen sie einst entkommen sind."
Tia runzelte leicht die Stirn. Es gab Menschen hier, die den Königslanden entkommen waren?
Warum hatten sie das wohl gewollt?
- Oder hatten sie es gemusst?
Waren es gar Diebe oder Verbrecher...?
Oder am Ende alles Männer...?
„Verstehe mich bitte nicht falsch! Die hiesige Bevölkerung, die uns untersteht ist ebenso wie jene in den Königslanden ... Es sind Menschen. Doch die Freien Frauen und Mädchen die uns dienen gehören uns Drachen nicht.
Die einzigen Bräute die wir erwählen dürfen sind jene, die von vornherein und ihren Gefühlen folgend freiwillig zustimmen uns zu nehmen, oder aber es sind jene, die uns von den vielen Königreichen zum Opfer dargebracht werden, damit wir ihre Lande mit unserer Suche verschonen.", erzählte er ihr weiter und Tia sah wieder nur heftig einatmend zu ihm auf, weil er zugleich mit seinen tonlos gesprochenen Worten den Lappen auf ihr wundes Gesicht tupfte und es dadurch sogleich auch etwas weniger brannte.

„Au.", zuckte sie dennoch kurz zusammen, als er nun auch ihre leicht aufgesprungenen Lippe abtupfte. Sofort sah er sie wieder an und ließ den Lappen sachte auf der Stelle liegen.
„Geht es?", fragte er sie schließlich nach einer kleinen Weile und sie nickte nur hastig.
Er lächelte kurz grimmig und strich ihr erneut über das Haar das nun verschwitzt und zerzaust in ihr Gesicht hinein hing.

„Badest du eigentlich gerne in kaltem Wasser?", fragte er sie freundlich.
„Ich... bin eine Edeldame, mein Herr.", sagte sie ihrer Erziehung folgend automatisch. Er grinste kurz über ihre Worte und sah sie dann neckend an. „Ja, das weiß ich, doch das beantwortet nicht meine Frage, Tia."
„Ich... sollte es nicht tun. Habe es aber schon diverse Male getan, mein Herr."

„Darkh.", korrigierte er sie leise. „Mein Name lautet Darkh und du kannst mich nun duzen, so wie jeder Mensch der dient den anderen dutzt.
„Also... diene ich jetzt?", fragte sie ihn leise und senkte dann sofort wieder betreten den Blick.
Er aber hob ihr Kinn nur wieder zu sich an und strich erneut ihr Haar zurück. „Wir dienen nun einander, würde ich behaupten. Du mir mit deinem Leibe und ich dir mit meiner Kraft und Stärke."
Er hielt kurz inne und sah sie forschend an, derweil sie nun errötete vor Verlegenheit. Eine solche schamlose Offenheit und Sprache war sie einfach nicht gewohnt.
„Hast du jetzt gerade noch große Angst vor mir, Tia?", fragte er sie plötzlich aus dem Zusammenhang gerissen scheinend.
Tia runzelte nur irritiert die Stirn, biss sich auf die Lippe und versuchte zu überlegen.
„Ist die Frage so schwer zu beantworten, dass du zögerst?", fragte er sie weiter, nun ganz sanft klingend.
„Ich... ich sollte ehrlich sein. Denn Drachen... erwarten schließlich Ehrlichkeit, heißt es.", beeilte sie sich ihn abzulenken um etwas Zeit zu gewinnen und es klappte auch ganz prima.
„Ja so heißt es und so ist es. Also sei nun bitte ehrlich zu mir. Hast du noch Angst?", fragte er wieder, diesmal einfacher.
Sie nickte nur verschähmt.
„Hast du auch sehr große Angst?", fragte er sie weiter. Sie überlegte noch kurz doch dann schüttelte sie den Kopf.
Er wirkte sofort erleichtert. „Das ist gut. Darauf können wir wohl aufbauen. Ich war also doch nicht zu brutal zu dir, sodass du meine Hand nun für immer scheuen wirst?", fragte er sie ernsthaft.
Sie schüttelte nur wieder tief eröttend weil verlegen den Kopf. „Ihr... ihr wart sehr viel sanfter zu mir als ich es wohl erwarten durfte.", flüsterte sie leise.

Nun lächelte er wieder so zögerlich. „Du kannst dich also bald davon erholen, nicht wahr?", fragte er sie leise.
Sie nickte hastig.
„Und denkst du vielleicht, dass ich dich dann wieder ... auf solch ähnliche Weise nehmen könnte, wie gerade eben?", fragte er sie nun ganz rauchig klingend und sanft blickend.
Tia wagte nun kaum ihn anzusehen, als sie wieder zögerte und schließlich nickte, und dabei aber dann doch wieder zu zittern begann. Denn eigentlich wollte sie ja lieber nicht.

Doch sich ihm nun zu verweigern, nachdem er derart Rücksichtsvoll und sanft gewesen war, wäre sicherlich gefährlich. Dann würde er sie vermutlich ob ihrer Verweigerung irgendwann sehr viel härter und grausamer behandeln, füchtete sie ängstlich und schwieg lieber still.

DrachenmondWhere stories live. Discover now