11.

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Und das 6. Türchen geht auf...

Plötzlich erklangen eilige Schritte auf den Steinen. Ein Mann in Bauerntracht und zwei Mädchen, beladen mit Tabletts voller Speisen und Trinkkrügen kamen zu ihrem Lager hin. Tia zog das Fell ein wenig hoch, da sie ja nichts trug, doch der Mann der die beiden Mädchen begleitete sah nicht eine Sekunde lang von seinem schweren Tablett auf, hielt den Kopf außerdem sehr tief gesenkt, während er sich verneigte. Die Mädchen knicksten tief. „Herrin.", sagten sie alle wie aus einem Munde. Das blonde Mädchen mit dem langen Zopf hatte ein schneeweißes Gesicht und sah sie betroffen an.
„Wir sollen euch aufwarten, Herrin. Ihr seid die Braut des mächtigen Darkh. Euer Mut euch dem Gift zu entsagen hat unseren Herrn sehr beeindruckt. Er ist ruhig und zufrieden mit seiner Wahl, was euch ebenfalls beruhigen sollte.
Drachen die ihrer Braut ob gezeigter Angst und Panik zürnen, können schrecklich sein.", sagte sie flüsterleise und kam dann um das Lager herum. Tia sah jetzt erst dass sie einen Arm voll Kleider mit sich trug. „Darf ich euch helfen, meine Herrin? Diese Gewänder sind warm und weich. Wir haben sie eigens für euch vorbereitet, denn der Druide sagte der Darkh würde diesmal eine Braut mit heim bringen und wir sollten anfangen zu nähen.", erzählte sie ihr besorgt.
Tia schüttelte nur still den Kopf und erzitterte während das Mädchen nun wartete, ob sie das Fell weglegen würde.
Ihr Blick glitt wieder zu dem Diener hin.

„Antony, dreh dich um. Der Herrin gefällt es nicht von Männeraugen betrachtet zu werden, die nicht jene ihres Herrn sind!", flüsterte die brünette Frau leise. Der Diener gehorchte sofort und drehte sich um. Tia atmete nur kurz tief durch. Dann aber nickte sie der Blonden kurz zu.

„Wie lautet dein Name? Und wenn du erlaubst ziehe ich mich selbst an. Ich brauche... keine Hilfe dabei und... und...
„Meine Herrin ihr seid schwach nach dieser Nacht. Der Herr flog aus sich nun ebenfalls zu stärken, doch wir hörten ihn sagen er hätte euch zwei Mal besessen und wollte euch nun etwas Ruhe gönnen... nach dem Schmerz.
Wenn ihr mögt badet wieder in der Heiligen Quelle. Antony ist auch nur hier um euch dorthin zu tragen, falls ihr nicht mehr laufen könnt. Ihr braucht euch nicht zu schähmen deshalb. Denn so ergeht es fast allen Bräuten, die die Nacht der ersten Verbindung überleben."

Überleben?", fragte Tia die brünette Frau bestürzt.
„Ja... Unser Herr hatte schon zwei Bräute vor euch. Doch sie überlebten die erste Nacht nicht, doch sie waren auch nicht sehr tapfer, sie schrien nur die ganze Zeit über, das reizte den Drachenherrn so sehr, dass er ihnen viel zu hart zupackend das Genick brach. Ihr aber wart sehr tapfer und mutig.

Der Herr erklärte uns niemand musste euch zum Felsen hinauf führen, ihr seid selbst den Weg gegangen. Niemand musste euch das Gift einflößen, ihr habt es ruhig und bestimmt abgelehnt. Solches ist lange nicht geschehen. Ihr habt außerdem die Fragen des Herrn beantwortet, ihr habt mit ihm gesprochen und er mag euch bereits sehr, sonst hätte er euch nicht noch ein zweites mal an diesem Morgen genommen und dabei verschont, meine Herrin. Das ist gut. Ein gutes Zeichen für euch. So könnt ihr ihn nun bitten auf eure Schwäche Rücksicht zu nehmen, ihr könnt ihn auch bitten euch Wünsche zu erfüllen. Er ist reich und mächtig. Er wird es gestatten. Was immer ihr auch begehrt... neue Kleider, edelsteine, Geschmeide, ein größeres Schloß , ganz nach eurem Gefallen...", sagte die Blonde nur leise, beinahe tonlos.

„Ich... brauche vorerst nichts, als warme Kleider und etwas Speis und Trank, dank euch. Stellt es nur ab, dann könnt ihr gehen. Ich kümmere mich selbst... um mich.", erwiederte sie leise.
Die Blonde verneigte sich nur wieder stirnrunzelnd und legte die Kleider sachte auf den Fellen ab, knickste und wandte sich dann zum Gehen. Die Brünette folgte ihr und auch der Diener ging mit ihnen fort.

Tia aber wartete nur bis sie um die Ecke waren und ihre Schritte verklungen, da warf sie schon die Felle von sich und stand zittrig fühlend auf. Ihre Beine trugen sie tatsächlich kaum. Sie musste sich am Lager festhalten, als sie den Kleiderhaufen durchsah und ein neues trockenes Unterkleid darunter entdeckte. Rasch zog sie es sich über und stutzte dann kurz... weil ihr gerade erst auffiel dass sie den wehen Arm wieder schmerzlos bewegen konnte und zog sich dann aber kopfschüttelnd weiter, auch das neue Unterkleid aus feinstem Leinen an, wie auch ein kostbares Mieder, das mit Goldfäden bestickt und mit Edelsteien besetzt war, welches sie zunächst vorschnürrte, damit sie nach dem einschlüpfen zurecht kommen würde und dann überzog. Solch ein kostbares Gewand hatte sie noch nie besessen. Doch es passte ihr wie angegossen, nachdem sie die Schnüre an der Hüfte, statt am oberen Rücken festgezogen hatte und das Hemd darunter ordentlich gerichtet. Zuletzt streifte sie sich noch die wunderhübsche Samtene Cotte über und zupfte noch die goldenen Spitzen an denn
Ärmelaufschlägen heraus, wie es sich gehörte und sank dann erst wieder leise aufkeuchend gegen das Lager, um auszuruhen, bevor sie zum Essen hinging und sich eines der Stofftücher ordentlich auf den Schoß legte um das kostbare Gewand nicht zu zerstören, während sie sich einen Hühnerschlegel vom Braten abriss und kurz über die Worte des Drachenherrn den Kopf schüttelte. Es gäbe hier nur recht einfache Speisen, ... sicher doch.
Dies Festmahl war genauso gewöhnlich, wie dieses Kostbare Gewand.

Sie biss in das zarte, saftige und sehr würzige Fleisch, schälte sich dazu ein bisschen Obst und schenkte sich aus dem Kelch ein, der roten, süß duftenden Wein enthielt. Den hatte es zu Hause nur sehr selten an Festtagen für sie gegeben erinnerte sie sich und kostete von dem feinen Tropfen der unglaublich viel süßer und besser schmeckte als jeder Wein den sie je zuvor getrunken hatte.

Da stand auf einmal Darkh vor ihr ... von jetzt auf Gleich und sah sie seltsam an.
„Hat es dir gemundet?", fragte er sie nach einem kurzen, erschrockenen Moment ausdruckslos. „Ja, ... vielen Dank.", wagte sie nur zu flüstern, nachdem sie zusammenzuckend zu ihm aufgeblickt hatte.
Schnell legte sie die Bratenreste in ihrer Hand auf das Tablett zurück und tauchte die Hände in das bereitstehende Zitronenwasser ein, bevor sie die Finger an dem Lappen säuberte.

„Deine Art dich zu geben erweckt Zweifel in der Dienerschaft, Tia, darum sage es mir nun ganz ehrlich und frei heraus. Bist du eines Edelmannes Tochter?", knurrte er sie düster an.
Tia erinnerte sich an den seltsamen Blick der brünetten und auch der blonden Dienerin, die wohl befremdet gewesen waren, dass sie sich selbst hatte anziehen wollen und lächelte traurig vor sich hin.

„Mein Vater ist Edmund of Alligforth ap'n Olsterfield, Graf von Ragips.
Ich bin seine jüngste Tochter, Tia. Und... weil meine liebe Mutter meine Geburt nicht überlebte, wurde ich von ihm in Hass und Missgust abseits des normalen Haushaltes aufgezogen.
Ich... habe viel mehr Zeit mit der Dienerschaft auf Ragips verbracht als mit den Edlen am Hofe oder in unserer Halle, vielleicht benehme ich mich deshalb etwas unkonventionell. Tatsächlich war ich auch nur einmal am Hofe, um im letzten Fünften Jahr dem König zusammen mit meinen Schwestern als zukünftige zu Erwählende vorgestellt zu werden, doch er war beim Empfang nicht da also hat der Oberhof-Kämerer uns auf die Liste der Edeldamen gesetzt, die im nächsten Fünften einen Wahlstein erhalten mussten.", sie lächelte kurz traurig und verschränkte nun doch etwas nervös die Hände in ihrem Schoß.
„Wenn du wissen willst wer ich bin, kannst du zu Hause jeden Fragen. Der König würde es auch gewiss nicht wagen die Drachen bei so etwas wichtigem zu betrügen, geschweige denn mein Vater... aber...  ich muss das eine wohl gestehen, da du danach fragst ob es bei meiner Erwählung mit rechten Dingen zuging. ... Mein Vater hat bei der Zeremonie wohl doch etwas geschummelt. Denn er hat drei Töchter... Doch auf allen Wahlsteinen, die er in den Kelch geben musste, stand nur mein Name geschrieben. Das sagte er mir als der König kam um mich zu holen. Wenn ich dir so also nicht gefalle oder nicht edel genug erscheine..."
„Nein, das ist mir egal. Es geht nur darum ob du edel geboren bist oder nicht. Deine Geschichte ist unwichtig. Du wirst deine letzte Familie vergessen.", bestimmte er grimmig und Tia nickte kurz pflichtschuldig.

DrachenmondWhere stories live. Discover now