4. Kinodate ohne Happy End

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Leider wurde Noahs Auftauchen doch zur Regelmäßigkeit.
Seit zwei Wochen lungerte er ständig in unserer WG. Und obwohl er nicht nur mit Avery auftauchte, sondern auch immer öfter mit einer Blondine im Arm, deren Name Shelby war — unfassbar, dass ihr Name klang wie eine von meinen früheren Barbiepuppen— ging er mir gehörig auf die Nerven.

Es war beinahe ein Wunder, dass ich ihm noch keinen Kopf kürzer gemacht hatte. Verdient hätte er es definitiv, da er anscheinend dachte er könne sich alles erlauben und jede weibliche Spezies würde ohne ihn und seine Absichten zu hinterfragen auf ihn abfahren.
Tatsächlich hatte ich mich sogar schon bei dem Gedanken ertappt einfach mit ihm zu schlafen, um seine Sprüche nicht mehr ertragen zu müssen. Doch dafür hatte ich definitiv zu viel Stolz, war zu abgeneigt von einem selbstsicheren Verhalten und Samuel gab es auch noch.

„Und was sagst du?", ich zupfte das langärmelige dunkelblaue Kleid, welches mir bis zu den Knien reichte, zurecht und drehte mich ein Mal um die eigene Achse.

Taylors Blick spähte über den Rand ihrer schwarzen Brille, die sie nur zu Hause trug, wenn sie zu faul war Kontaktlinsen rein zumachen: „Du siehst fabelhaft aus, Ruby."

Gott sei dank. Das war nämlich die letzte Option, die ich im Petto hatte. Ansonsten wäre ich heute aufgeschmissen gewesen.
Samu und ich hatten uns heute Abend wieder verabredet. Zu einem Kinodate. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich wäre nicht jetzt schon unfassbar nervös. In den letzten Tagen hatten wir uns eigentlich täglich auf dem Campus getroffen, weshalb ich mich ihm immer näher fühlte. Dennoch hatte er bis jetzt keinen richtigen Versuch unternommen mir körperlich näher zu kommen, abgesehen von unbeabsichtigten Berührungen.
Ich legte also ziemlich viel Hoffnungen in dieses Date.

Ein geschockter Blick auf mein Handy verriet mir, dass ich langsam die Beine in die Hand nehmen sollte, wenn ich pünktlich beim Date sein wollte.

„Oh Gott, ich muss los.", entfuhr es mir.

Woraufhin ich mir noch meine schwarze Tasche schnappte und sie hastig über meine Schulter warf.

„Wir sehen uns morgen und viel Spaß auf Arbeit.", rief ich noch über die Schulter, bevor ich aus dem Raum hastete und meine beste Freundin müde lächelnd zurück ließ.
Taylor arbeitete seit einigen Monaten in einem kleinen Kaffee, welches zwanzig Minuten von unserer Wohnung entfernt war. Das Geld legte sie zur Seite, um für die erste gemeinsame Wohnung mit Cole zu sparen, was ich irgendwie ganz niedlich fand. Ich hoffte irgendwann auch meinen Seelenverwandten zu finden wie Taylor und Cole. Die beiden führten die liebevollste Beziehung, die ich jemals erlebt hatte. Seitdem waren sie zu einem Vorbild für mich geworden. Vermutlich auch, weil meine Eltern eher kein gutes Beispiel waren.

Insgeheim träumte ich seitdem ich ein kleines Mädchen war von der großen Liebe, die sich anfühlen würde als würde sie niemals enden und unendlich große sein. Ich wollte dieses Gefühl spüren, welches einen unvorbereitet traf und dazu trieb die beste Version von sich selbst zu werden. Wahrscheinlich war ich einfach eine hoffnungslose Romantikerin.

Hektisch stieß ich die Tür zum Badezimmer auf, da ich dringend noch meinen Glückslippenstift brauchte. Er hatte die perfekte Farbe, die zu meiner leicht gebräunten Haut passte und kaum auffiel, dennoch fühlte ich mich mit dem vorsichtigen rot undheimnlich sexy, was diesen Abend nicht schaden würde.

Schon als ich in den kleinen fensterlosen, weiß gefliesten Raum trat, bemerkte ich, dass es ein gewaltiger Fehler war. Sofort schlug mir die Luftfeuchtigkeit entgegen, gepaart mit dem prasselnden Geräusch unserer Regendusche, die definitiv den Mietpreis dieser Wohnung wert war.

Erschrocken hielt ich einen Moment inne als mir bewusst wurde, dass ich nicht alleine im Bad war. Verdammter Mist, wieso war die Tür denn nicht abgeschlossen?

My Roommates BrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt