18. Bleib' hier!

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POV RUBY

Mein Handy klingelte und ich hob ab: „Hallo?"

„Hey Ruby, wie geht es dir?", die atemlose Stimme meiner Mom ertönte am Ende der Telefonleitung. 

Waren seit unserem letzten Gespräch wirklich schon wieder zwei Monate vergangen? 

Wahnsinn, ich hatte das Gefühl, mein Leben hat sich binnen zweier Monate in ein komplettes Desaster verwandelt. Mittlerweile wusste ich nicht mehr wo mir der Kopf stand und ich würde behaupten kurz vor einem emotionalen Kollaps zu stehen.

„Ehrlich gesagt bin ich zur Zeit ziemlich erschöpft.", ich legte das kitschige Buch beiseite, was ich gerade versuchte zu lesen. Vielleicht war es keine besonders gute Idee gewesen gerade dieses Buch anzufangen. Schließlich waren es eben solche kitschigen Emotionen, die mich derzeit mehr als herausforderten. 

Demnach konnte ich mich kaum auf die Zeilen konzentrieren und hing seit eine halbe Stunde an derselben Seite. 

Alles fühlte sich in letzter Zeit so frustrierend an. Ich würde alles für ein wenig Klarheit geben.

Angestrengt rollte ich mich auf meinen Bauch.

„Erschöpft ist auch schon das richtige Wort. Oh man Ruby, du glaubst mir nicht wie es momentan im Büro aussieht. Ich habe wirklich das Gefühl der einzige kompetente Mensch dort zu sein.", und damit war meine Redezeit wohl beendet. 

Vermutlich waren das meine letzten Worte dieses Telefonats. 

Dabei würde ich gerade niemanden dringender brauchen als eine Mutter. 

Eine wirkliche Mutter, die mir zuhörte, mir Halt gab und versicherte es würde alles gut werden. Eine, die mir half diese Situation besser einzuordnen, indem sie mir einen mütterlichen Rat gab.

Ich beneidete diese ganzen Seriencharaktere, deren Eltern offenkundiges Interesse am Leben ihrer Kinder zeigten. Sogar die Eltern, die wie Freunde waren und unterstützend in jeglicher Lebenssituation. Manchmal brauchte man das eben. Auch als vermeintlich erwachsene Person.

Normalerweise konnte ich ziemlich gut mit dem Desinteresse meiner Mutter umgehen —schließlich kannte ich es nicht anders . Dennoch gab es Tage, an denen mich ihr Verhalten unheimlich verletzte. Meist waren das Tage, an denen ich mich schwach und ausgelaugt fühlte. Dann konnte ich einfach nicht so tun, als wäre es mir egal, dass sich meine Mutter offensichtlich partout nicht mit meinem Leben auseinandersetzte.  In solchen Momenten war ich schlichtweg zu müde, um stark zu sein. Dann überwog der Schmerz.

Fest presste ich Lippen und Augen aufeinander, um meine aufkochende Wut unter Kontrolle zu behalten.

Noch im Monolog meiner Mutter entschied ich mich dazu, mir ein anderes Ventil zu suchen, um meine innere Erschöpfung und Wut zu kompensieren. Ich öffnete den Chat von Taylor und mir.

Ruby: Wollen wir heute feiern gehen? Ich brauche ganz dringend Alkohol und einen freien Kopf.

Angespannt sah ich wie Taylors Status erst zu online und dann zu schreibt wechselte, indessen ich die Stimme meiner Mutter noch immer leise aus der Leitung hören konnte. 

Sie bemerkte nicht einmal, dass ich gar nicht zuhörte.

Taylor schrieb sofort zurück.

My Roommates BrotherWhere stories live. Discover now