5. Ruby die Retterin

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Ich nippte an dem warmen, nach Karamell schmeckenden Kaffee, den mir Taylor neben meinen Laptop gestellt hatte. Heute hatte ich beschlossen nicht zu Hause an meinen Texten für die Uni-Seminare zu arbeiten. Erstens lag das vermutlich an der Anwesenheit von Avery, Noah und dieser Shelby, denen ich jedes Mal über den Weg laufen würde, sobald ich mich ins Bad oder die Küche begeben würde. Darauf hatte ich wirklich gar keine Lust. Insbesondere auf Noah, den ich nach unserer kleiderlosen Begegnung vor drei Tage erfolgreich vermieden hatte. Zweitens waren die drei auch nicht gerade rücksichtsvoll, was die Lautstärke anbelangte. Shelbys und Averys hohes Kichern konnte ich durch die dünnen Wände unserer Wohnung hören.
Und drittens arbeitete Taylor heute wieder in dem Kaffee, weshalb ich hier kostenlosen Kaffee abstauben und gleichzeitig ein wenig mit Taylor quatschen konnte, die sich in den Pausen zu mir gesellte.

Ich liebte das kleine Kaffee, in dem sie arbeitete. Es war in einem industriellen Stil gehalten, der hauptsächlich aus ziegelroten Backsteinen, dunklen Amaturen und Tischen aus Holz und schwarzen Akzenten bestand. Überall standen Kerzen, die das Kaffee in ein warmes gemütliches Licht tauchten, welches durch warme Deckenlampen ergänzt wurde. Die zahlreichen grünen Pflanzen rundeten die Gemütlichkeit des Kaffees nur noch ab.
Es war wirklich gut besucht, was mich nicht sonderlich wunderte. Die Atmosphäre war einzigartig und das Preis-Leistungsverhältnis kaum zu schlagen.

In Kaffees konnte ich mich auch recht gut konzentrieren. Meist war es nicht unangenehm laut und der Kaffeegeruch legte einen produktiven Schalter in meinem Gehirn um, so dass ich mich plötzlich super konzentrieren konnte.

„Greyson, alter, verzieh dich!", drang es deutlicher als die restlichen Stimmen zu mir durch, was mich dazu veranlasste zu der Jungengruppe zu schauen, die unweit von mir entfernt in einer Niesche saß. Ungefähr fünf Jungs, die sich alle im Alter von fünfzehn befinden mussten. Vor ihnen stand ein Junge, der weniger Selbstbewusstsein ausstrahlte als die breitbeinig-dasitzeneden, Lederjacken-tragenden Jungs auf den Bänken.
Der stehende Junge trug eine auffällige Brille, hatte lockige braune Haare und schien in sich zusammengesunken zu sein.

„Ab..."

„Zisch ab. Wir haben da echt keinen Bock drauf. Du bringst es nicht!", warf ein sitzender Junge mit nach hinten gegelten Haaren zu dem stehenden Jungen.

Akribisch kniff ich meine Augen zusammen und beobachtete das Szenario.

Die anderen Jungs lachten daraufhin nur, wodurch der Junge mit den lockigen Haaren noch mehr in sich zusammen sank und die Schultern hängen ließ.

„Er hat recht Greyson. Du hast aus einem bestimmten Grund kein soziales Leben, keine Freunde und erst recht keine Freundin. Du langweiliger Streber.", werteten sie den Jungen ab, der mir mittlerweile unheimlich Leid tat.

Ich verstand gar nicht so recht wieso sie ihn derart abwertend heruntermachen mussten. Klar wirkte er etwas schüchtern und könnte vielleicht ein bisschen Selbstbewusstsein vertragen. Doch an sich sah er doch nett und ziemlich süß für sein Alter aus. Mit den braunen, lockigen Haaren hatte er mit Sicherheit bei so einigen Mädchen Chancen.

Vermutlich war er einfach zu nett und ruhig. In dem Alter hatten es die netten Jungs ziemlich schwer. Die meisten Mädchen konzentrierten sich auf die Arschlöcher ohne Herz, weil sie lauter, aufregender und selbstsicherer waren. Dabei steckte hinter dieser Fassade meist ein großes Nichts an Charaktereigenschaften, die sie versuchten durch ein widerliches Auftreten zu überbrücken. Ich war mir sicher, dass Greysons Zeit noch kommen würde. Mit Sicherheit. Die schlauen und netten Jungs wurden spätestens in der Universität geschätzt. Nur leider wusste er das natürlich nicht. Erst recht nicht, wenn er sich immer wieder mit diesen Kommentaren der ‚coolen' Jungs beschäftigen musste.

My Roommates BrotherWhere stories live. Discover now