21. Wibelnde Blätter im Magen

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POV RUBY

Missmutig schliff ich über die Wiese des Campus.
Die letzten Tage hatten mich müde gemacht. Es war einfach zu viel passiert, was ich nicht angemessen schnell verarbeiten konnte. Der Tag in der Uni hatte sich quälend lang angefühlt.

Zu der ganzen Sache mit meiner Mutter, die mich unerklärlicherweise noch immer mitnahm, kam nun nämlich noch die Sache mit Samuel und Noah dazu.
Die ‚Trennung' hatte mich getroffen. Auch wenn ich nach wie vor der Überzeugung war, das Richtige getan zu haben. Es war notwendig. Trotzdem fühlte es sich alles andere als gut an. Samuel war immer so nett, verständnisvoll und ehrlich mit mir gewesen, dass ich es wirklich bereute mich nicht in ihn verliebt zu haben.

Stattdessen hatte ich blöde Kuh Gefühle für Noah entwickelt, der es niemals ernst mit mir meinte. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis ich auf die Nase fiel.
Und davor hatte ich jetzt schon immense Angst.

Aus diesem Grund hatte ich beschlossen Noah aus dem Weg zu gehen.
Wenn ich ihn nicht sah, würde ich ihn nicht besser kennenlernen, was hoffentlich zur Auflösung dieser dämlichen Gefühle führen würde.

Zu meinem Glück war Noah das ganze Wochenende nicht in der WG aufgetaucht. So konnte es —meiner Meinung nach— auch bleiben.
Ich war nicht scharf darauf unnötig viel Zeit mit ihm zu verbringen.

Leider hieß das auch, dass ich dem Café von Taylor wohl oder übel fern bleiben musste. Zu groß war die Gefahr Noah zufällig zu begegnen.

Ich musste diese Gefühle dringend im Keim ersticken.

Deshalb hatte ich mich heute dazu entschieden, mir einen Platz in der Bibliothek zu suchen, um meine nächste Präsentation vorzubereiten. Ehrlicherweise war es mein Ziel meinem eigenen Zuhause so lang wie möglich fern zu bleiben. Am Ende würde ich dort nur auf Noah treffen und darauf konnte ich getrost verzichten.

Eng zog ich mir meine übergroße, gefütterte Jacke um den Körper und wickelte meinen langen, bunten Schalt ein weiteres Mal um den Hals.
Der kühle Herbstwind fuhr mir in die Knochen. Obwohl die Sonne schien, machte sich der Jahreszeitenumschwung allmählich immer bemerkbarer. Die Tage wurden kürzer, die Nächte länger, der Wind stärker und die Luft kühler. Meine offenen, glatten Haare wirbelten wild über meinen Kopf. Ich bekam sie kaum unter Kontrolle, während ich mich durch den frischen Wind kämpfte, quer über den Campus, auf direktem Weg zur Bibliothek.

Ich würde meine Gedanken einfach mit Lernen ersticken. Dann hatte die ganze Miesere wenigstens etwas Positives.

„Ru! Was ein Zufall.", ungläubig fuhr ich herum.
Zu Noah, der lässig an dem Gebäude der Uni lehnte, an dem ich gerade vorbei ging. Sein Fuß hatte er locker vor den anderen gestellt und seine Arme vor dem Brustkorb verschränkt. Sein Gesicht zierte eine große, schwarze Sonnenbrille. Ein breites Grinsen stahl sich auf seine Lippen und gab seine geraden, weißen Zähne frei.

Das. Konnte. Unmöglich. Sein. Ernst. Sein.

Meine Augenbrauen zogen sich düster zusammen.

Ich wollte das Arschloch meiden und er hatte nichts bessere zutun als auf dem Campus abzuhängen? Wo war der Typ eigentlich nicht? Langsam sollte ich eine einstweilige Verfügung beantragen.

„Verfolgst du mich jetzt auch noch hier? Ich dachte wenigstens in der Uni wäre ich sicher vor dir.", ich musste mit aller Kraft gegen das aufflammende Kribbeln in der Magengegend ankämpfen, was mir seine Anwesenheit versuchte zu bescheren.
Das tat man am besten mit einer ablehnenden Art, die ihn irgendwann in die Flucht schlagen würde.

My Roommates BrotherWhere stories live. Discover now