kleine Wunder!

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NIE WIEDER ALKOHOL! Hiermit schwöre ich diesem verfluchten Gesöff für immer ab!

1. Weil ich den schlimmsten Kater habe den ihr euch vorstellen könnt.

2. Weil sich, nach dem Jack verschwunden war, die Welt hat angefangen zu drehen und ich im Dunkel nach dem Badezimmer gesucht habe. Dabei habe ich mir sämtliche Gliedmaßen blau gestoßen und, als ich gerade die Toilette gefunden hatte, habe ich gefühlte Stunden über der Kloschüssel gehangen und meinen Mageninhalt erbrochen.

3. Weil ich wohl den schlimmsten Satz zur schlimmsten Person, zu der man schlimme Sätze sagen kann, im Vollsuff gesagt habe!

„Ich habe Angst davor mich irgendwann wirklich in dich zu verlieben, denn du bist nicht so böse wie du immer tust...Das weiß ich..." WARUM ZUR HÖLLE HABE ICH DAS GESAGT? WIESO? 'Tja', gab meine innere Stimme mal wieder ihre Meinung zum Besten, 'Du weißt schon das kleine Kinder und Betrunkene bekanntlich die ehrlichsten Leute sind?' 'Das stimmt nicht!', hielt ich dagegen. Meine innere Stimme lachte und sagte: 'Wir wissen beide, dass du das gestern ernst gemeint hast.' Ich wollte gerade kontern als es an der Tür klopfte. Ich verzog schmerzhaft das Gesicht. Diese Kopfschmerzen waren die Hölle. Ich stülpte mir das Kissen über den Kopf und murmelte: „Herein..." Die Tür öffnete sich und ich kniff die Augen zusammen, als Licht ins Zimmer viel. Ich hörte Jack leise kichern und das Klicken des Lichtschalters. Das Zimmer wurde komplett hell und ich drückte murrend mein Gesicht ins Bettlacken. „Also wie ich sehe geht es dir genauso scheiße, wie dem Doc!", stellte Jack lachend fest. Ich antwortete nicht und hörte wie er etwas neben dem Bett abstellte. „Hier. Einen Kaffee und Aspirin, soll ich dir von ihm geben." „Danke...", murmelte ich. „Also...", begann Jack laut und setzte sich auf meine Bettkante, „Wir haben heute viel zu tun. Deswegen hast du nur noch 30 Sekunden, sonst schmeiß ich dich aus dem Bett!" Bei seinen letzten Worten lehnte er sich zu mir herunter und sagte sie extra laut. Ich jaulte leise, wegen den schlimmen Kopfschmerzen, auf. „Du bist furchtbar...", nuschelte ich und zog mir das Kissen vom Kopf. Jack lachte laut auf: „Da warst du gestern, aber noch ganz anderer Ansicht!" Ich zuckte zusammen. „...du bist nicht so böse wie du immer tust...Das weiß ich..." Meine zusammen gekniffenen Augen und den Blick den ich ihm zuwarf fehlinterpretierte er wohl, denn Jack sagte: „Weißt du das nicht mehr?" Ich rieb mir die Stirn, weil sich der dumpfe Kopfschmerz in ein fieses Pochen verwandelt hatte. Jack lieferte mir gerade die perfekte Ausrede nicht mehr darüber reden zu müssen. „Nein, ", sagte ich, „ich hab einen totalen Blackout. Das einzige was ich noch weiß ist, dass ich betrunken war und du wieder in dein Zimmer kamst. Und dann bin ich hier aufgewacht." Jack nickte skeptisch. „Du weißt also gar nichts mehr?", fragte er vorsichtig. Was hat der denn plötzlich? Jack tut ja so als hätten wir beide sonst was angestellt. „Gar nichts", bestätigte ich ihm, „Was ist denn passiert?", fragte ich mit gespielt, geschocktem Gesichtsausdruck. Jetzt wollte ich wissen, wie er das aufgenommen hat, was ich gesagt hatte. Er schien unsicher zu sein was er darauf antworten soll. Schließlich stahl sich ein grinsen auf sein Gesicht und er sagte: „Schade, dass du das nicht mehr weißt, dabei scheint es dir gefallen zu haben. So laut wie du meinen Namen gestöhnt hast..."

A.R.S.C.H.L.O.C.H!

„Niemals!", sagte ich entrüstet, da ich leider meine Blackout-Rolle weiter spielen musste, „Wir beide...Wir haben doch nicht..." Ich schlug mir die Hände vor den Mund. Verdammt! Ich hätte Schauspielerin werden sollen... Jetzt lachte Jack wieder und ich gönnte ihm diesen kleinen Triumpf nicht. „Keine Sorge!", prustete er, „Das war ein Scherz! Es ist nichts passiert. Ich hab dich hergebracht und du bist eingepennt. Irgendwas über Kinderserien hast du noch gefaselt, aber das war's." Klar! Das hatte er sich natürlich gemerkt! Ich atmete tief aus. Warum sagt er nichts über meine peinliche Szene? Ist es ihm auch so peinlich? Oder lag ich vielleicht gar nicht mal so falsch?

„Also los jetzt!", sagte Jack, „Du hast einen Termin beim Friseur. Deine Haare sind ja ein einziges Vogelnest!" „Ach? Wirklich?", fragte ich ironisch, „Ich frag mich wer das nur so verunstaltet hat!" Jack ging zur Tür und warf mir noch ein wissendes Grinsen zu. „Beeil dich!", sagte er und ging.

30 Minuten später stand ich in Jeans und T-Shirt draußen auf dem Gang. Der Kaffee und das Aspirin haben in meinen Kopf zumindest schon mal ein bisschen aufgeräumt. Und eine kalte Dusche tat ihr übriges. „Hallöchen!", rief eine schrille, bekannte Stimme mit zu. Ich drehte mich um. Mary kam, perfekt gestylt, den Gang entlang geschwebt. „Du scheinst den LKW-Unfall ja wirklich gut überstanden zu haben.", plapperte sie munter drauf los, „Ich dachte schon so: Ach du meine Güte! Denn immerhin bist du ja auch immer noch ein Mensch und du sahst echt übel aus. Ich frag mich nur, warum du vor Jack weggelaufen bist? Hattet ihr Streit? Werdet ihr euch trennen? Ups..., sorry, das war wohl etwas zu direkt, aber man muss das halt auch mal fragen. Also, komm mal mit mir mit. Ich werde mich heute um deine Haare und so kümmern. Du musst wissen, ich bin nämlich Stylistin und gelernte Friseurin...." Immer weiter redend schob sie mich in irgendeinen Raum und drückte mich auf einen Stuhl. „Na dann!", sagte Mary, „Vollbringen wir ein Wunder!"

Ich weiß nicht wie viele Stunden später, verließ ich, mit einer erschöpften Mary und ihrem ganzen Team von Make-Up-Künstlern, den Raum. Meine Haare hatte sie wieder in meine natürliche Haarfarbe gefärbt und hatte aus ihnen, da Jack damals so verschandelt hatte, wieder eine ordentliche Frisur gemacht. Außerdem bekam mein ganzer Körper eine Generalüberholung. Ihr wisst gar nicht wie weh eine Wachsenthaarung tut. Um da nicht nochmal durch zu müssen, würde ich mich noch dreimal vom LKW überrollen lassen. „TADAAA!", präsentierte Mary ihr Werk einem überrascht aussehenden Jack. „Wow!", sagte Jack und musterte mich von oben bis unten, „Du kannst ja wirklich Wunder vollbringen, Mary!" Sie lief rot an und murmelte leise: „Danke schön, Jack!" Ja, sie stand eindeutig noch auf ihn. Tief in mir zwickte es plötzlich. 'Eifersüchtig?', fragte meine innere Stimme grinsend. 'Quatsch! Sollen die Beiden doch zusammen glücklich werden und sich dahin verziehen wo der Pfeffer wächst!', wütete ich. Meine innere Stimme grinste schief und sagte ironisch: 'Jaja, natürlich...'

Aber ich musste es Mary lassen. Sie hatte wirklich ein kleines Wunder vollbracht. Ich sah, glaub ich, noch nie so gut, nur in Jeans und T-Shirt, aus. Das Make-Up saß perfekt und meine Haare waren ein Traum von einer ursprünglichen Katastrophen-Frisur. „So...", fuhr Jack fort, „Jetzt, Ella, musst du zum Doc, dich noch mal durch checken lassen." „Wieso?" „Wegen deinen Augen. Ist dir das noch nicht aufgefallen?" Doch natürlich war es mir schon aufgefallen. Meine Augen hatten wieder die gleiche Farbe, wie vor meinem ersten Tod. Deswegen waren die Vampirjäger ja auch nicht auf die Idee gekommen, dass ich auch ein Vampir sein könnte, beziehungsweise ein halber. „Gut, du hast Recht.", sagte ich zu Jack und wurde von einer fröhlich vor sich hin plappernden Mary zum Doc gebracht. „Ich freu mich schon so auf heute Nacht!", sagte Mary und klatschte in die Hände. Sie machte eine Kunstpause um mir Zeit zulassen zu antworten. Ich rollte mit den Augen und sagte: „Warum freust du dich auf heute Nacht, Mary?" Sie war ja niedlich und so, aber so langsam ging sie mir auf den Keks. „Weil...", begann sie, „heute Nacht ein großer Ball stattfindet und dort werden ganz viele wichtige Leute auftauchen um dich kennen zu lernen. Deswegen müssen wir dich nachher noch umziehen und etwas an deiner Frisur ändern. Jack war nämlich für dich shoppen...Wenn ich so recht darüber nach denke, dass hat er nie für mich gemacht. Er scheint dich wirklich zu lieben...." Ihr letzter Satz brachte mich ein bisschen aus dem Konzept, aber dann konzentrierte ich mich wieder auf das wesentliche. „Warte! Ein Ball? Um mich kennen zu lernen?", unterbrach ich sie. „Ja, weil du direkt nach der Hochzeit krank geworden bist, konnten dich die ganzen wichtigen Leute, mit denen du und Jack ab sofort zu tun haben werdet, dich ja noch nicht kennen lernen. Und das ist für eine gute Geschäftsbeziehung doch das wichtigste, oder? Man muss seinem Partner voll und ganz vertrauen können!"

Wie wahr! Jack und ich waren auch Partner, aber dass alles würde nicht funktionieren, so lange ich ihm nicht vertrauen kann. Aber...kann Jack mir vertrauen?


Vampire entführen keine kleinen MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt