Note.1

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Man stelle sich vor,
das Herz sei aus Glas.
Getroffen von Steinen
zerbricht es.

Der Tag, an dem mir klar wurde, dass ich ein massives Problem hatte, war ein Dienstag.

Er war für meine Verhältnisse ganz normal.

Aber gerade das, dass es für andere nicht normal war, wurde mir an diesem Tag klar.

Aber beginnen wir doch mal am Anfang.

"Elena, hast du deine Hausaufgaben erledigt?" Die strenge Stimme meiner Schwester schallte durchs Haus.

Seit sie schwanger war, war sie der Meinung, dass sie jetzt auch damit beginnen musste, mich zu piesacken - oder, wie sie es nannte, richtig zu erziehen.

Gut, zugegeben - ich war nachlässig mit meinen Hausaufgaben, aber wenn sie kontrolliert wurden, hatte ich sie immer gemacht.

Was das Ganze dann sollte? Nun, es war wirklich nicht die feine Art, in letzter Minute in Panik zu geraten und es irgendwie zusammenzuschmieren, wie ich es gerne zu tun pflegte.

Nicht, dass das bei mir besonders viel Unterschied machte.

Ich konnte unter Druck am besten lernen.

Meine Schrift sah immer gleich aus.

Allerdings wurde ich bei so etwas immer extrem pampig allen anderen gegenüber.

"Jahaa!", rief ich zurück.

Im nächsten Moment tauchte meine Schwester im Türrahmen auf.

Mit gerunzelter Stirn.

Oh oh.

"Elena, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht durch das Haus schreien sollst! Wenn du etwas zu sagen hast, musst du gesittet zu mir kommen und es mir dann mitteilen!"

Oh Gott.

Also manchmal kam es mir wirklich so vor, als sei ich in einem dieser alten Adelshäuser gelandet.

Gut, zugeben meine Familie war es angesehen.

Lauter Ärzte, Professoren und Geschäftsleute - eigentlich nur hochgebildete Menschen.

Meine Schwester selbst war auch Ärztin. Ebenso wie mein Vater. Meine Mutter war gemeinsam mit ihrem Bruder eine der Leiter eines Genforschungslabors.

Von mir erwartete man eine ebenso hohe Stellung.

Aber Ärztin war schon mal ausgeschlossen. Mir wurde bei dem Anblick von Innereien kotzübel.

Ich lächelte meine Schwester finster an. "Du hast doch genauso geschrien."

Sie schnaufte. "Ja, aber ich bin schwanger. Das kommt von den Stimmungsschwankungen!"

"Was ebenso wenig eine Erklärung ist!", erwiderte eine kühle Stimme.

Meine Mutter trat hinter meine Schwester und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

"Sarah, Felix wartet unten. Wir sollten uns noch einmal über die Hochzeit unterhalten. Ich finde nicht, dass ..."

Meine Mutter führte meine Schwester den Flur entlang.

Felix war der Verlobte meiner Schwester und meine Eltern waren nicht sehr erfreut gewesen, als sie erfahren hatten, dass Sarah schwanger geworden war, bevor die beiden verheiratet waren.

Auch wenn ich zugeben musste, dass ich verstand, dass Sarah Felix nicht unbedingt heiraten wollte.

Sie waren schließlich erst verlobt, seit beide Elternpaare von der Schwangerschaft wussten.

Aber zurück zu Felix. Er sah vielleicht gut aus, aber das nutzte er auch gnadenlos zu seinem Vorteil aus und zudem konnte er seine Augen genauso wenig wie seine Wörter oder Hände bei sich behalten.

Ich würde wohl eher mit der Todesstrafe einverstanden sein, als so einen Menschen zu heiraten.

Aber solange Felix seinem Ruf nicht schadete, war es meinen Eltern egal, was er so trieb - auch wenn es ihre eigene Tochter verletzte.

Nicht, dass Sarah nicht so tat, als würde all das nicht passieren, was sich quasi genau vor ihren Auen abspielte.

Poisonous PerfectionWhere stories live. Discover now