Note.23

310 19 0
                                    

Stelle dir vor, die Welt bestände für normale Menschen aus Farben.
Wenn es dir schlechter geht, verblassen die Farben, werden grauer.
Meine Welt ist in ein so undurchdringliches Grau getaucht, dass ich mich nicht mal mehr an die Farben erinnern kann.

Das Leben ist nicht wirklich gerecht. Du musst nehmen, was du hingeworfen bekommst.

Du darfst nicht selbst entscheiden.

Du kannst andere nicht kontrollieren, sodass dein Leben nach deinen Vorstellungen abläuft.

Aber gerade in diesem Moment wünschte ich mir so eine Fähigkeit aus tiefstem Herzen.

Ich stand mitten in der Cafeteria, in die Ace mich geschleppt hatte und alle starrten mich gefühlt an.

Zumindest aus den Augenwinkeln.

Zwar saß ich mit Hope, den Zwillingen Perry und Lark, Santiago und Ace an einem Tisch, dennoch bot mir das nicht wirklich Schutz.

Ace saß dicht neben mir. Er redete zwar nicht wirklich mit mir, aber zumindest war seine bloße Anwesenheit schon ganz tröstlich.

Bloß ... na ja, fragte ich mich, was mit Kyron war.

Ich hatte ihn noch nicht gesehen. Vielleicht hielt er sich aber auch nur im Schatten beziehungsweise versteckte sich irgendwo.

Und Ace? Er benahm sich seltsam. Seit gestern. Seit er es wusste.

Heute war Dienstag.

Abgesehen davon, dass mich die ständigen Blicke störten, schienen Ace und seine Freunde auch zu glauben, dass ich jetzt zu ihnen gehörte.

Um ehrlich zu sein - bevor Ace mich wegen Hope angesprochen hatte, hatte ich nicht einmal wirklich realisiert, dass sie überhaupt hier an der Schule waren.

Es fühlte sich falsch an, dass sie jetzt plötzlich alle um mich herum waren und mir halfen.

Das hatte ich gar nicht verdient.

"Ley?" Lark tippte mich an.

Ich hob den Kopf und sah sie an, ohne zu antworten.

Manchmal da wollte ich einfach gar nicht reden. Ich hatte weder die Kraft dazu, noch fühlte es sich in solchen Momenten richtig an.

Lark schien das aber glücklicherweise nicht zu stören, denn sie fing einfach an zu plappern.

Ich wollte zuhören. Ehrlich.

Aber irgendwie schaffte ich es nicht wirklich, mich auf ihre Worte zu konzentrieren.

Auch das schien Lark nicht wirklich zu stören. Sie mochte wohl einfach keine Stille.

Keiner der anderen am Tisch redete und so war nur Larks aufgeregt klingende Stimme zu hören.

Perry, der endlich aufgehört hatte, mich so komisch anzusehen, hörte als Einziger seiner Schwester wirklich zu.

Santiago war mit seinem Handy beschäftigt, Hope betrachtete Ace gedankenverloren und Ace ..
Ace sah zu mir.

Schnell senkte ich den Kopf wieder. Ich wollte keinerlei Aufmerksamkeit. Ich hasste sie sogar regelrecht.

Das war zwar eigentlich keine gute Voraussetzung für mein Leben, aber was soll's.

Plötzlich stupste Ace mich an der Schulter an. "Hast du Hunger?"

Ich hatte mir eben nichts genommen, weil ... na ja, weil mich die halbe Cafeteria zu beobachten schien.

Allerdings ... na ja, wirklichen Hunger hatte ich gar nicht.

Aber ich sollte etwas Essen. Denn gegessen hatte ich heute noch rein gar nichts.

Also nickte ich nur.

Ace erhob sich und bedeutete mir, ihm zu folgen.

Mit zum Boden gerichteten Blick lief ich ihm hinterher.

Die Blicke der Anderen brannte sich in meinen Rücken ein.

Unwohl wandte ich mich. Konnte diese Tortur nicht endlich vorbei sein?

Poisonous PerfectionWhere stories live. Discover now