Okay.

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Grace P.O.V.

Ich lief schon gefühlt drei Stunden durch dieses nie endende Gebäude.

Irgendwann ließ ich mich an der Wand herunter und unterdrückte meine Tränen.

Und da ist wieder dieser Moment, den ich Lucifer so genau wie möglich schilderte. Der gleiche Verlauf, die gleichen Tränen und der gleiche Grund.

Immer und immer wieder, wie eine Endlosschleife, wie eine verdammte Endlosschleife.

Ich kann diesen Scheiß einfach nicht mehr ertragen.

Das Gefühl der Verwundbarkeit machte sich in meinem Inneren breit. Jede Zelle meines Körpers schrie nach Kraft. Durch jede Vene und jede Arterie floss Verwundbarkeit auf und ab. Mein Kopf brummte vor Wut, Trauer und einfach unbeschreiblichen Gefühlen, jedes einzelne schlechter als das andere. Meine Atmung fiel mir schwer, weil mein gesamter Brustkorb von innen zerdrückt wurde.

Einfach alles war schwach und wollte aufgeben.

Ich legte meinen Kopf auf die linke Schulter und sofort fanden die salzigen Tränen ihren Weg auf den Boden. Sie hinterließen eine heiße Spur auf meiner Wange.

***

Etwas streifte meine Schulter. Augenblicklich schreckte ich auf, doch wen ich vor mir sah, verschlag mir die Sprache.

»Geh weg!«

»Du bist verletzt. Okay. Du bist gebrochen. Okay. Du bist am Ende. Okay. Aber es ist verdammt nochmal nicht okay, dass du an aufgeben denkst. Verdammt Grace! Reiß dich zusammen! Wo ist das Mädchen, das ich damals kennengelernt hatte? Wo ist das Mädchen, dass durch ihre Stärke strahlte? Wo ist das Mädchen, das eine größere Klappe als jeder normale Mensch hatte? Wo ist das Mädchen, das jeden zum Lachen brachte? Wo ist das Mädchen, das immer ein Lächeln auf den Lippen hatte? Wohin ist dieses Mädchen verschwunden?«

»Dieses Mädchen, was du so ausführlich beschreibst, bin ich, nur war es eine Fassade. Eine brüchige Fassade, die durch den leisesten Windhauch bröckelte und mit einem kleinem Sturm in sich zusammen brach. Dieses Mädchen existiert nicht mehr. Da tritt ein Mensch in ihr Leben, hinterlässt große Abdrücke und verletzt dieses Mädchen einfach so unglaublich, dass sie sogar fast daran glaubt, dass es demjenigen Spaß macht, sie am Boden zu sehen, so schwach.«

»Denkst du, demjenigen geht es anders? Denkst du, derjenige leidet nicht? Grace, derjenige ist ebenfalls gebrochen. Er ist kaputt. Ausgelaugt. Am Ende seiner Kräfte. Ihm geht es wie dir. Er fühlt das Gleiche, er spürt das Gleiche, er sieht das Gleiche wie du! Derjenige sieht kaum einen Sinn in seinem Leben, wenn du nicht wärst. Er lebt Tag ein Tag aus nur für dich. Er atmet für dich und ich weiß, dass derjenige immer noch das Gleiche fühlt, wie vor ein paar Jahren. Die Gefühle sind geblieben. Sie sind wie Stein, unfassbar stabil, jedoch leicht zerbrechlich, kommt drauf an, ob du mit dem Hammer auf den Stein einschlägst und ihn endgültig ruinierst oder ob du ihn so lässt, denn nach Jahren, Jahrhunderten, Jahrtausenden, Jahrmillionen, Jahrmilliarden wird aus dem kleinen Stein ein großer. Er wächst wie die Liebe, langsam und vorsichtig, mal schneller, mal langsamer.

Denk darüber nach, ob du den Hammer wählst.«

Er verließ mich und dabei hatte ich unbeschreiblich viele Fragen.

______

Frage vorweg: »Wer denkt ihr, sagte das zu Grace?«

Dieses Kapitel ist sehr, sehr kurz, allerdings ist es meiner Meinung nach das Emotionalste, was ich je geschrieben habe.

Ich finde, dass ich dieses Kapitel total vermasselt habe.

(Emotionen und so sind halt nicht mein Ding, da ich auch nicht besonders nah am Wasser gebaut bin.)

GraceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt