· Kapitel 16 ·

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  Und jetzt war es morgen.

  Heute war Samstag und die Jungs hatten keine Schule, daher war es gar nicht mal so schlecht nach draußen zu gehen. Sonst hätte der sechsjährige Mikel bestimmt etwas mit mir spielen wollen. Obwohl mir das eigentlich lieber wäre als mit klein Theo nach seiner Schwester zu suchen.

  »Mia, Alex, ich geh mal raus spazieren, okay?« lief ich ins Wohnzimmer um den Beiden Beschied zu geben, kam aber wie erwartet nicht so leicht davon.

  »Riley, Schatz, ist das auch in Ordnung?« fragte mich Mia, wahrscheinlich weil sie besorgt um mich war. Wie immer. »Wie kommts dazu, Riley? Ich meine, ich freue mich, dass du mal von dir aus rausgehst« lächelte Alex mir zu. »Wisst ihr, ich will mal etwas ausprobieren« antwortete ich also, zog mir meine Schuhe an und lief nach draußen. Mia rief mir noch hinterher, dass ich auf mich aufpassen sollte und ich sofort anrufen soll, wenn etwas nicht stimmt.

  Die Sonne blendete mir ins Gesicht, wodurch meine Augen tränten. Ich war schon lange nicht mehr in der Sonne gewesen. Ich bin total blass, wahrscheinlich sehe ich aus wie ein Geist – welch Ironie. Wenn ich einkaufen gegangen bin, bin ich immer abends gegangen. Im Schutz der Dunkelheit. Ich habe mit niemanden geredet und meistens eine Cap oder so aufgesetzt. Keine Ahnung ob mich jemand erkannt hat, was mir aber auch egal war. Ich wollte nur keinen weiteren Geist sehen, weshalb ich auch kaum mit Leuten spreche. Wer weiß denn bitte ob das dann noch ein Geist ist, den ich nicht mehr loswerde?

  »Wir haben in der Ringgasse 8 gewohnt. Das ist ein paar Blocks von hier. Ich glaube eine halbe Stunde zu Fuß. Aber wir können doch auch ein Auto nehmen oder? Du bist doch 18, du kannst doch Auto fahren, oder?« gesellte sich Theo zu mir.

  »Wir laufen.« »Aber wieso denn? Das dauert so lange!« nörgelte Theo herum. »Wir laufen. Wohnt deine Familie noch in der Ringgasse?« »Ja, sie haben das Haus wieder repariert.« »Und warum bist du dann nicht bei deiner Familie, sondern nervst mich?« wollte ich wissen. »Ich konnte es nicht mehr mit ansehen. Aber nicht ablenken Riley. Können wir bitte Autofahren? Bitte!« hörte er nicht auf.

  »Hör auf! Ich will kein Auto fahren, okay?« wurde ich wütend, woraufhin die wenigen Leute hier auf der Straße mich anstarrten.

  »Du solltest leiser reden, sie können mich doch nicht sehen« lachte der Kleine. Wird ernsthaft Zeit, dass ich ihn loswerde.

  »Ich hatte einen Autounfall. Meine Familie ist dabei gestorben« flüsterte ich ihn also leise zu, woraufhin er mich mit großen Augen anschaute. »Jetzt verstehe ich, warum Mia und Alex immer so besorgt waren« ging ihm anscheinend gerade ein Licht auf. Danach blieb er still.

  Wir redeten den Rest des Weges nicht mehr. Ich muss sagen die frische Luft tat gut und die Sonne prickelte auf meiner Haut. Es war zwar nicht gerade warm aber es war eine Abwechslung und ich muss sagen, es gefiel mir. Ich konnte über ein paar Dinge nachdenken. Selbst wenn der Autounfall schon über 2 Monate her ist, bekomme ich die Bilder von Janus nicht aus den Gedanken. Auch nicht die Bilder von meinen Eltern. Ich hatte oft Albträume deswegen. Mia und Alex mussten mich öfters aufwecken. Mikel und Henry hatten eine Zeit lang Angst vor mir. Ich weiß nicht, wie man mit solchen Erinnerungen weiterleben kann. Meine Psychiaterin hilft mir. Aber ich werde es versuchen. Es gibt Menschen, die haben schon etwas viel Schlimmeres durchgemacht als ich.

  »Wir sind hier« informierte mich Theo und ich richtete meine Aufmerksamkeit auf das Haus von mir. Es war nicht groß, aber es sah freundlich aus. Können Häuser freundlich aussehen? Naja, das hier tat es zumindest.

  »Und jetzt?« fragte ich Theo. »Na, jetzt klingelst du« Er zeigte neben der Klingel am Haus. Am Klingelschild standen nur noch drei Namen. Die Namen seiner Eltern, Magret und Ralf, und der Name seiner Schwester, Franziska.

Call of HellWhere stories live. Discover now