· Kapitel 24 ·

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  Ich bin wirklich frustriert. Vielleicht sollte ich einfach aufgeben? Warum sollte sich der Teufel persönlich auch mit jemanden wie mich abgeben? Das ist doch alles zum Haare ausreisen. Verdammt!

  Als ich daheim angekommen bin, hatte ich alle Sachen aufgeräumt und sitze nun in einem Bus in Richtung Stadt. Zum Glück ist mir keiner begegnet, ich wollte nämlich gerade wirklich niemanden sehen. Das ist alles viel so deprimierend. Warum gibt's dafür auch kein Handbuch? So etwas wie: 'Mit dem Teufel reden für Anfänger'.

  Aber was ist schon leicht im Leben? Absolut nichts.

  Als der Bus endlich an meiner Haltestelle anhielt, sprang ich raus und lief in Richtung eines Parks. Ich musste einfach noch einmal über alles nachdenken. Vielleicht sollte ich mich bei der ganzen Sache ja einfach nicht einmischen. Das ist wohl alles viel zu groß für mich. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Wahrscheinlich gar nichts.

  Dennoch... ich kann Geister sehen. Das muss doch irgendetwas bringen, oder nicht? Warum sollte Gott jemanden bestrafen, der Leben will. Warum hat Gott mich bestraft, nur weil ich leben wollte und anderen geholfen habe? Ich habe Maria geholfen und der kleinen Sina. Ich hätte einen Orden bekommen sollen und nicht die Fähigkeit Geister zu sehen! Das alles kann also nicht Werk Gottes sein, oder? Das muss das Werk des Teufels sein oder so. Ist man also ab den Zeitpunkt des unmittelbaren Todes den Teufel ausgeliefert? Und wenn er einen nicht haben will, dann schickt er die Seelen rauf zu Gott. Macht das denn Sinn? Und damit ich so schnell wie möglich verrückt werde und mich selbst umbringe und sterbe, hat er mir diese Fähigkeit gegeben. Somit war meine Seele ab den Tag unseres Unfalls in seiner Hand. Er muss nur noch entscheiden, ob er mich behält oder nicht.

  »Nein, ich will nicht« Etwas verwirrt schaute ich mich um. Hat gerade jemand mit mir geredet? »Doch, komm schon« Jetzt erst merkte ich, dass vor mir zwei Kinder standen, die wohl mit mir redeten. Und ich dachte schon, dass er auf meine Gedanken geantwortet hat. »Okay, ich frag ja schon. Entschuldigen Sie, können Sie und den Ball von dem Baum runterholen?« sprach mich einer der beiden 7-jährigen Jungen an. »Oh, ehm, ja klar, ich komme aber auch nicht an den Ball, vielleicht, wenn ich einen von euch hochhebe?« »Ja, mich« meldete sich der Rechte. Er kam auf mich zu und ich hob ihn nach oben. Gerade so kam er noch an den Ball und er konnte sich ihn herunterholen. »Dankeschön« freuten sich die Beiden und liefen zurück zu einen der Tore, um wieder mit dem Ball zu spielen.

  Siehe da, ich bin ein guter Mensch! Zum Teufel mit dem Teufel!

  Nachdem ich den Beiden etwas beim Spielen zugeschaut habe und feststellen musste, dass ich gerne wieder ein Kind sein würde, lief ich noch ein paar Runden im Park herum und dann in die Stadt. Das Ergebnis meiner Wanderung durch den Park war, dass ich unbedingt mit jemanden darüber reden musste, also entschied ich mich dazu, mal beim Reaper vorbeizuschauen.

  Die Straßen waren voll, da wohl alle gerade dabei waren von der Arbeit zu ihrer Familie zu kommen. Selbst die Gehwege waren voll. Seufzend blieb ich an einer Straßenüberquerung stehen und wartete bis die Fußgängerampel auf grün schaltete. Nach ein paar Minuten warten, lief ich mit den anderen Menschen über die Straße und um die Ecke und blieb an dem Gebäude stehen, in dem Reaper wohnte. Als ich die Tür öffnen wollte, musste ich feststellen, dass sie verschlossen war. Mach das denn Sinn?

  Warum ist die Tür zum Hochhaus verschlossen? Müssen die Familien und die Arbeiter nicht in das Gebäude kommen?

  »Es ist gerade nicht möglich in das Gebäude zu kommen, irgendetwas ist mit den Rohren oder so« wurde ich plötzlich von einem Mann um die 30 angesprochen. »Man kommt also nicht in das Gebäude?« wunderte ich mich. »Nein, kommt man nicht. Hatte ich das nicht gerade gesagt?« »Oh, okay, sorry, aber danke schön.« Der Mann nickte mir noch zu und ging dann seiner Wege. Irgendwie erinnerte er mich an einen der kleinen Jungen von vorhin. Nur das der Junge helle Haare hatte und der Mann vor mir schwarze.

  Und jetzt? Reaper, hallo, hörst du mich?

  Nichts. Sonst kommt er doch immer, warum nicht heute? Was zum Henker ist heute nur los? Ich kann weder den Teufel beschwören, noch kann ich mich mit Reaper darüber unterhalten.

  Gerade, als ich dabei war wieder in Richtung Bushaltestelle zu laufen, entschied ich mich dazu, stattdessen etwas trinken zu gehen. Seine Sorgen einfach in Alkohol ertränken, die alt bekannte Methode eben.

  Die Kneipe, für die ich mich entschieden hatte, war nicht wirklich voll, aber auch nicht leer, was wohl daran lag, dass es noch nicht wirklich spät ist.

  »Ein Tequila Sunrise, bitte« wendete ich mich an den Barkeeper und setzte mich an die Bar. Es dauerte nicht lange und er gab mir meinen Drink und wendete sich anderen Gäste zu.

  Vielleicht sollte ich Mia anrufen oder eine SMS schreiben, dass ich heute etwas später komme. Und das tat ich dann auch. Sie wollte noch wissen, was ich gerade so treibe, doch ich meinte, ich wäre mit Freunden weg. Was natürlich gelogen war. Kommt man deswegen nicht in die Hölle? 'Man darf nicht lügen' ist doch eine der 10 Geboten.

  »Hallo, sind Sie nicht etwas zu jung, um hier etwas zu trinken?« fragte mich ein älterer Mann neben mir, auf jeden Fall älter als 50. Ich musterte ihn kurz und trank anschließend einen großen Schluck. »Sind Sie nicht etwas zu alt, um hier herumzusitzen?« stellte ich also eine Gegenfrage. »Etwas zu alt? Naja, das bin ich wahrscheinlich wirklich« lächelte er mir entgegen. Und noch einen großen Schluck. Der Mann war mir echt unsympathisch.

  Es blieb eine Weile still und ich überlegte, ob ich mich woanders hinsetzen sollte, wurde dann aber wieder angesprochen. »Trinken Sie doch mit mir einen Shot« meinte er und ohne, dass er noch was sagte, kam der Barkeeper und brachte uns jeden einen. Scheinbar ist dieser Alte hier sehr oft in der Kneipe. »Ja, okay« nickte ich, nahm das Glas, stieß mit ihm an und kippte es herunter. Warum habe ich ja gesagt? Ich wollte doch nein sagen. Etwas verwirrt schaute ich ihn in sein grinsendes Gesicht. Ich muss wohl ja und nein verwechselt haben.

  »Ihnen stört es sicher nicht, wenn ich gehe. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend« nickte mir der Mann zu und stand auf. »Warum denn, bleiben Sie doch noch etwas« lächelte ich ihn zu. Und natürlich lächelte er mir zurück und setzte sich wieder hin.

  Was sollte das denn jetzt? Ich wollte doch, dass er mich endlich allein lässt! Was ist hier nur los? Ich war noch mehr verwirrt, als vorher. Also nochmal einen großen Schluck.

  Nur nebenbei bemerkte ich, wie ein paar hier die Kneipe verlassen hatten, da immer mal wieder ein Luftzug durch den Raum strömte.

  »Dann gebe ich noch einen Shot aus« meinte der Mann und nickte den Barkeeper einmal zu, der sofort nachschenkte. Ich starrte erst den Mann an und dann den Shot. Warum will ich ihn trinken, wenn ich ihn doch eigentlich nicht trinken will?

  Ich musste mich wirklich, wirklich richtig anstrengen und brachte schließlich doch ein »Nein, danke« heraus, woraufhin sein Grinsen kurzzeitig verschwand. Oder hatte ich mir das nur eingebildet? Der Mann schaute kurz zu dem Barkeeper und nahm dann sein Shotglas und schüttete den Inhalt herunter.

  Ich beobachtete ihn dabei und irgendwie, ja, irgendwie sah der Mann aus wie der kleine Junge und der Mann vor dem Hotel. Was zum...? Das ist doch alles verrückt!

  »Wer in Gottes Namen sind Sie?« fragte ich ihn.

  Und ja, ich habe die Frage absichtlich so formuliert.

Call of HellWhere stories live. Discover now