· Kapitel 27 ·

1.7K 130 27
                                    

  Mikel ignoriert mich schon die letzten 3 Tage. Er ist wohl immer noch sauer auf mich, weil ich ihm die Schuld gegeben hatte. Aber naja, ich würde mich auch hassen, wenn ich er wäre. Und außerdem hasste ich mich sowieso dafür, dass ich das getan hatte.

  Aber ich hasste mich nicht nur deswegen, sondern auch wegen den anderen 3 Gebote, die ich in den letzten 3 Tagen gebrochen habe.

  Das 3. Gebot, du sollst den Feiertag heiligen, hatte ich gebrochen, indem im Sonntag das Auto von Alex geputzt hatte. Hierfür fühle ich mich aber nicht wirklich schlecht. Letztendlich ist Autoputzen ja nichts Schlimmes. Die Blicke der Nachbarn waren nur etwas verstörend und auch Alex und Mia hatten gefragt, warum ich den ausgerechnet an einem Sonntag das Auto putzen möchte. Aber der Teufel hatte mir nur eine Woche gegeben und in dieser einen Woche gab es nun eben mal auch nur einen Sonntag. Also irgendetwas musste ich ja schließlich tun. So hatte ich es Alex und Mia natürlich nicht erklärt. Immerhin haben sie mich dann in Ruhe gelassen und ich konnte das Auto putzen. Ich hoffte nur, dass der liebe Teufel auch davon überzeugt war, dass mit dem Putzen des Autos das 3. Gebot gebrochen wurde.

  Das erinnert mich irgendwie an den Reaper. Ich wusste nicht, wo er war und bei mir meldete er sich auch nicht mehr. Vielleicht arbeitet der Reaper ja für den Teufel und es wurde ihm verboten mich zu sehen, bis ich die Gebote gebrochen hatte. Wahrscheinlich würde er nämlich versuchen mir die ganze Sache auszureden. Daher ist es wohl ganz gut so, dass er momentan nicht in meiner Nähe ist.

  Dann habe ich noch das 7. Gebot gebrochen: Du sollst nicht stehlen. Das konnte ich ganz leicht brechen, indem ich Alex das Geld aus seinem Portmonee gestohlen hatte. Er wundert sich immer noch, wer das Geld genommen hatte. Er hatte sogar Mia verdächtigt, die es natürlich abgestritten hatte, was Alex nicht so ganz geglaubt hatte. Ich glaube es gab zwischen den beiden deswegen auch etwas Stress, aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  Wenn es also so weitergeht, zerstöre ich glaub ich noch die ganz Familie.

  Nach langen überlegen, wie ich das 10. Gebot brechen könnte, ist mir aufgefallen, dass ich das schon die ganze Zeit gebrochen hatte. Ich war seit dem Unfall neidisch auf Henry und Mikel, dass sie noch ihre Eltern hatten. Ich erwischte mich auch oft bei dem Gedanken, dass ich mir wünsche, dass Alex und Mia meine Eltern wären. Und nicht die Eltern von Mikel und Henry. Traurig, aber wahr. Natürlich war ich dennoch froh, dass die beiden ihre Eltern noch hatten. Sie sind viel zu jung dafür, ihre Eltern zu verlieren. Dennoch, etwas Neid blieb. Verrückt, dass man Gebote bricht, ohne es zu wollen, richtig?

  Heute am Dienstag habe ich noch keine Gebote gebrochen, da mir wirklich noch nicht einfiel wie. Es fehlen nur noch das 1te, 2te und 5te Gebot, wobei ich versuchte das 5te Gebot so lange wie möglich aufzuschieben. Nur hatte ich nur noch bis Donnerstag um Mitternacht Zeit um alle restlichen Gebote zu brechen. Dann ist nämlich eine Woche vergangen.

  Momentan war es schon fast Abend und Mikel, Henry und ich saßen am Fernseher und schauten die Nachrichten an. Mikel fing endlich wieder damit an, mit mir zu sprechen, dennoch war die Konversation nicht zu berauschend. Das einzige, was er von mir wollte, war, dass ich auf einen anderen Sender umschaltete, doch ich verneinte das. Sie erzählten gerade von dem Twin Tower Unglück in 2001.

  »Boah, sind da wirklich 2 Flugzeuge in die Türme geflogen?« fragte mich Henry erstaunt und schaute gebannt zum Fernseher. »Ja, das war eine wirkliche Katastrophe damals.«

  Und da fiel mir auf, wie ich das 2. Gebot brechen konnte. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.

  Der Name des Herren wurde doch schon so oft missbraucht, oder nicht? In seinem Namen wurden Kriege angezettelt, Hexen verbrannt und Völker ausgeschlachtet. Im Namen des Herren wurde schon so viel Unheil angestiftet und so viel Leid verbreitet. Alles wurde mit seinem Namen gerechtfertigt.

  Warum also nicht die Twin Tower Aktion?

  »Wisst ihr, ...« fing ich also an zu erzählen. »...Gott wollte, dass diese ganzen Menschen sterben, darum befahl er, dass die Flugzeuge in die Türme fliegen sollen« erklärte ich den beiden, die mich daraufhin skeptisch betrachten.

  »Niemals. Gott ist doch lieb« beschwerte sich Mikel bei mir. »Ach, wisst ihr, lieb sein ist so eine relative Sache. Gott ist doch allmächtig, oder nicht? Er kann machen, was er will und niemand bestraft ihn« meinte ich und zuckte mit den Schultern. »In der Kirche sagen sie, dass Gott nett ist und jeden hilft« verteidigte Henry Gott, was schon irgendwie wirklich süß war.

  »Gott kann machen was er will. Wenn er denkt, dass die Twin Tower nicht an dieser Stelle stehen sollten, dann sorgt Gott dafür, dass die Twin Tower dort eben nicht mehr stehen« erklärte ich es den beiden.

  »Aber Gott hätte sie doch einfach abbauen lassen können« wunderte sich Mikel. Naja, da hat er Recht. »Vielleicht wollte er seine Macht beweisen. Es wurden so viele Kriege für Gott geführt. Gott möchte eben beweisen, dass er der Mächtigste ist« meinte ich.

  Endlich hörten beide auf weitere Fragen zu stellen und schauten weiter auf den Fernseher.

  Ich hätte das wohl nicht machen dürfen. Die Twin Tower Tragödie war damals wirklich schlimm und niemals würde Gott so etwas zu lassen, oder? Es sind so unendlich viele Menschen gestorben, die es nicht verdient hatten zu sterben. Niemals würde Gott so etwas geschehen lassen. Obwohl, er hatte es geschehen lassen... Vielleicht aber war es die Stimme des Teufels, die dazu verleitet hat, die Flugzeuge in die Türme zu steuern und so viele unschuldige Menschen zu töten?

  Ich hoffe wirklich die beiden wissen das.

  Und dennoch, somit müsste das zweite Gebot gebrochen sein.

  Wow, ich werde sowas von in die Hölle kommen. Wäre ich Gott, ich würde mich nicht im Himmel haben wollen.

  »Ich glaube dir nicht« schmollte Henry und Mikel machte es ihm nach. »Tja, da kann ich euch auch nicht weiterhelfen« seufzte ich und hörte weiter der Nachrichtensprecherin zu, die nun von dem morgigen Wetter erzählte.

  Nachdem die Nachrichten vorbei waren lag ich die Fernbedienung auf den Tisch und ging in mein Zimmer, um frische Klamotten zu holen. Anschließend lief ich ins Bad, duschte mich und wusch meine Haare. Als ich dann endlich meine Haare trocken hatte und meine Zähne geputzt hatte, lief ich wieder in mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett um schlafen zu gehen und dachte an morgen.

  Morgen werde ich wohl einen anderen Gott anbeten müssen und am Donnerstag muss ich irgendjemanden töten. Kann ich eigentlich auch ein Tier töten? Vielleicht geht das ja leichter...

  Hoffentlich ist das alles hier bald vorbei.

Call of HellWhere stories live. Discover now