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Kapitel 2

Dieses Gesicht werde ich nicht vergessen.

Der Mann war groß, breit gebaut und trug schwarzen kurzen Haare, welche ihm eine bittere Strenge verliehen. Eine kleine Narbe zog sich über seine rechte dunkle Augenbraue und rundete die tiefe Männlichkeit seiner Ausstrahlung perfekt ab. Nichts außer einem schwarzen Rucksack über der linken breiten Schulter trug er bei sich, als seine so konzentrierten und zielstrebigen Augen auf mich trafen.

Würde ich behaupten, dass dieser Mann mich nicht einschüchterte, wäre das vermutlich die größte Lüge, welche mir jemals über die derzeit leicht zitternden Lippen kam. Der Typ schrie mich non-verbal an. Die Gnadenlosigkeit lieg ihm in den Augen, die mich so geduldig beobachteten, wie ein hungriger Löwe seine hilflose Beute.

Eine Ironie, der ich zuvor niemals hätte Glauben schenken können-eine Situation, die ich mir nicht einmal im Traum hätte vorstellen können und ein Mann, der aussah wie vom Teufel höchstpersönlich geschickt.

Seine fast komplett schwarzen Pupillen ließen mich an Ort und Stelle erstarren, ohne die Stimme zu erheben, in dem sie vor kaltblütigem Zorn funkelten. Das war doch absurd. War ich wahnhaft? Ich hielt inne und schluckte so fest, dass ich das Gefühl hatte quälend langsam zu Ersticken.

Wie schaffte er es mir mit seinem starrem Blick solch eine Angst einzujagen? Hatte er den Alarm ausgelöst? Denn so, verdammt, genau so stellte ich mir einen waschechten Dieb vor. Auf Grund dieser Erkenntnis stand ich schweratmend auf, wodurch der Sessel nach hinten kippte. Der Knall hallte gegen die kalten Wände des Sicherheitsraums.

„Was-", wollte ich vor Schock sagen. Er aber hob den Finger drohend an seine Lippen. „Sei still", sprach er streng. Die Stimme des Mannes klang schneidend scharf und duldete keinen Widerspruch. Ich spürte, wie ich meine Hand zu Zittern begann. Pussy. Er bewegte sich zielorientiert und so fokussiert dem Tresor hinzu.

Er war offensichtlich kein gewöhnlicher Mann, der wie jeder andere normale Mensch in unserer Gesellschaft auf eine legale Art und Weise seinen Unterhalt verdiente, was man schon allein an seinem bloßen Auftreten erkennen konnte. Dass er kein gewöhnlicher Mensch war, würde er mir noch beweisen.

Woher wusste er, dass hier Geld gebunkert wurde? Die einzige Frage, die ich mir stellte war, wer ihm von dem neuen System der Firma erzählt hatte. Unter den Mitarbeitern gab es einen Verräter, welches das ausplauderte.

„Hören Sie auf damit! Ich rufe die Polizei", war das Einzige, was ich heiser aussprechen konnte. Wie lächerlich ich klang. Wer sagte so etwas in solch einer entscheidenden Situation? Ich hatte wohl nicht genug Criminal Minds geschaut, um zu wissen, was man tut, wenn man überfallen wird. Wieso wurde einem sowas nicht in der Schule beigebracht?

Der Mann stoppte in seiner Bewegung und blickte mir direkt in die Augen, als sich seine Mundwinkel leicht hoben, was ihn menschlicher wirken ließ. Wie konnte ich sowas denken, während er mir meine ganze Zukunft versauen wollte, in dem er das komplette Ersparte mitnehmen mochte?

Einerseits wollte ich ihm dieses Schmunzeln rausschlagen, anderseits bildete ich mir ein, wie es wäre, wenn er so breit lächeln würde, dass man seine Zähne sehen könnte.

Entschieden ging ich zur Tür und schloss sie ab. Er würde nicht mit dem Geld abhauen und die letzten zehn Monate würden nicht umsonst gewesen sein. Das schwor ich mir und meiner Zukunft.

„Warum tun Sie das?", fragte ich ihn, doch in meiner Stimme war neben einem Vorwurf ebenfalls die pure Neugierde zu hören. Er musste seine Gründe haben, da war ich mir sicher. Es erinnerte mich an meinen älteren Cousin; er hatte auch viel geklaut, als er jung war. Und das bloß, weil wir sehr wenig hatten und er uns ab und zu überraschen wollte, in dem er uns eine Tafel Schokolade schenkte. Moralisch vertretbar war es in keinem Fall, aber an sowas dachte man eben nicht, als kleiner Junge.

Aber dieser Mistkerl von Mann hier war offensichtlich kein kleiner Junge mehr. So schnell, wie der nachdenkliche Ausdruck kam, genau so schnell verschwand er auch wieder. Direkt verteilte sich wieder die Wut, der Zorn und die Strenge in seinem Blick. „Halte den Mund", spuckte er. Ich zuckte zusammen, denn so hatte man nie mit mir gesprochen. Glücklicherweise kam ich aus einer guten Gegend, von guten Eltern, die mich seit ich denken konnte mit der reinsten Form der Liebe und Aufmerksamkeit beschüttetem.

Der Mann wollte so ignorant, wie er war, weiterlaufen, doch ich stellte mich gewagt vor ihn. Zu meiner Überraschung roch er benebelnd gut. Ob er das Parfüm auch von irgendwo geklaut hatte? Ein knurrender und drohender Ton verließ seine Kehle. „Geh' mir aus dem Weg", keifte er. Meine Angst wurde dadurch definitiv nicht kleiner, nein, sie übernahm meinen ganzen Körper und es war zu spüren, wie meine Unterlippe zitterte.

„Nein", entgegnete ich und wunderte mich in der selben Sekunde, woher ich den Mut hatte, ihm zu widersprechen. Dieses Mysterium von Mann könnte mich hier und jetzt umlegen, wenn er wollte. Er hob die dunkle Augenbraue fragend, als würde er nicht glauben, dass ich mich das wirklich traute.

„Ich werde nicht zulassen, dass Sie meine Zukunft mit einem Mal zerstören wirst, nur weil Sie keine haben. So läuft das nicht" Er lachte auf und schaute kurz zur Seite, weshalb mir seine scharfe Kieferpartie auffiel.

Dann kam er einschüchternd einen gefährlichen Schritt näher an mich und baute sich vor mir auf. Die dunklen Augen drohten mir es ja nicht zu übertreiben, doch ich hatte bereits eine unwiderrufliche Grenze überschritten, von der ich so schnell nicht mehr zurücktreten konnte. „Du hast mir also zu sagen, wie es läuft? Habe ich das richtig verstanden?"

„Gehen Sie und ich werde nichts sagen. Das war alles ein Programmfehler, werde ich sagen. Die Aufnahmen aus diesem Raum werde ich auch löschen. Klar?" Hektisch und mit einer unbändigen Panik suchten meine Augen nach der verlorenen Menschlichkeit in seinen.

„Klar?", äffte er mich nach und schubste mich unsanft an der Schulter, wodurch ich gegen den eiskalten Stahltresor knallte. Er hob die Hand und in dem Moment kamen Tränen in meine Augen. Ich hätte ihn einfach tun lassen sollen, dachte ich, jedoch wollte er mich nicht schlagen, denn sein Finger tippte nur leicht an meinen so langsam zu dröhnen beginnenden Kopf.

„Du bist so dümmlich naiv da drinnen. Denkst du mal logisch nach, oder redest du immer einfach drauf los?" Eine Demütigung schwing in seiner tiefen Stimme mit. Eine Demütigung, die ich mir nicht gefallen lassen wollte, egal wie gefährlich die Situation war, weshalb ich seine Hand wegschlug. „Fass' mich nicht an", zischte ich schweratmend und bereute es im selben Moment wieder.

„Geh' mir aus dem Weg" Ich schüttelte trotzig als Antwort auf seinen Befehl den Kopf. „Ich lasse das nicht zu. Wie kann man so ein grausamer Mensch sein? Was hat man Ihnen getan, dass Sie so etwas tun?" Plötzlich wurde aus der Angst in mir, Wut. Brennende Wut.

Doch durfte ich mir das überhaupt erlauben, wenn vor mir ein Mann stand, der nichts weiter als pure Boshaftigkeit ausstrahlte?

Doch durfte ich mir das überhaupt erlauben, wenn vor mir ein Mann stand, der nichts weiter als pure Boshaftigkeit ausstrahlte?

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GANGSTER OF THE STREETSWhere stories live. Discover now