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Kapitel 14

Alles war still. Das einzige was ich hörte, war meine schnelle Atmung und die Stimmen in meinem Kopf, die leise flüsterten; jetzt wird er dich töten.

Naels Augen trafen auf mich. Es vergingen Sekunden, in denen ich mich fragte, ob ich noch zu jung bin zum sterben, oder ob es besser ist, diese Welt zu verlassen, bevor dieses Biest mich mit seiner schwarzen Seele verpesten könnte.

Nael Yurek packte mich am Arm und zog mich in den Raum, bevor er die Tür abschloss und mich mit einem so unfassbar einschüchternden Blick anstarrte.

Eine erschütternde Stille nahm den Raum ein, während er auf mich zulief. Die Gänsehaut aus Panik auf meiner Haut ließ mich beinahe erzittern.

„Du respektierst mich nicht, wenn wir nur zu Zweit sind und ich habe es durchgehen lassen. Aber solltest du noch ein einziges Mal vergessen mich vor den Augen meiner Familie zu respektieren, schieße ich deinen Eltern vor deinen Augen durch die Brust und lasse dich ihr Blut aufwischen"

Oh mein Gott. Instinktiv wurde meine Augen glasig. So etwas schreckliches habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht zu hören bekommen.

„Ich hasse dich", hauchte ich. „Du bist der widerlichste und schlimmste Mensch, den ich in meinem Leben jemals kennengelernt habe"

Nael lächelte zufrieden. „Milana, komm' schon. Mehr hast du nicht drauf?" Ich schubste ihn an der Brust von mir weg. „Du Mistkerl", flüsterte ich und wand mich von ihm ab, bis ich hörte, dass er den Raum verlassen hatte.

Hin und wieder erwischte ich mich dabei, wie ich mich fragte, ob meine Eltern schon Bescheid wussten. Suchten sie mich schon? Sie waren schon immer sehr strenge und vorsichtige Eltern. Nichts war ihnen jemals wichtiger als meine Sicherheit und die meines kleinen Bruders.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen von Bronco, hinter dem ein Mann im Hemd stand, der Nael mit großen Augen anstarrte. „Sie sind da", informierte er uns. Nael packte meine Hand fest und zog mich mit, vorbei an Bronco und dem Mann.

Ich konnte bloß erkennen, wie die Menschen im Flur hektisch von links nach rechts eilten. Nael blieb vor einem Schrank stehen. Dort befanden sich Schutzwesten und Handschuhe, so wie Waffenhalter und Kappen. Nael packte zwei Schutzwesten und drückte mir eine gegen die Brust. „Was soll das?" Verwirrt nahm ich die kalte schwarze Schutzweste. „Zieh' die an", befahl er mir, während er seine eigene anzog. „Es werden Schüssen fallen. Zieh die gottverdammte Weste an"

Sofort beeilte ich mich. Schüsse? Wo war ich nur? Wer war gekommen? Wieso war jeder in Panik? Ängstlich schaute ich Nael zu, wie er genau drei verschiedene Waffen in seine Tasche packte. Dann nahm er wieder mein Arm und zog mich in die Halle, wo sie sich alle versammelt hatten. Ich wurde von A nach B geschliffen, wie ein Hund an der Leine.

„Sobald jemand die Kontrolle verliert, verlieren wir alle. Heute ist ein Feiertag. Und wir feiern ihn gemeinsam mit unseren engsten Freunden. Felicidades" Alle sahen diesem jungen Mann, der mit seinen männlichen Händen, meinen Arm gepackt hat, gespannt zu und zogen jedes einzelne Wort, wie verrückt, von ihm ein.

Dann klatschen sie. Ich konnte es nicht fassen. Applaus für den Boss, für den Kriminellen, für euren Anbeter, ihr mental Eingeschränkten. Nael wand langsam seinen Kopf zu mir. Diese dunklen Augen brachten mich jedes Mal wieder aus der Rolle.

„Erinnerst du dich? Keine Familie, sagtest du. Schau dir diese Menschen an", raunte er mir zu, mit einem leichten Schmunzeln.

„Das ist keine Familie. Das sind Menschen, die Angst vor dir haben" Nael schüttelte den Kopf, weil er so verflucht ignorant und verloren in seiner eigenen dunklen Welt war. Wenn ich daran dachte, dass er noch nie wahrlich von tiefsten Herzen geliebt wurde, so wie ich von meiner Familie, dann konnte ich mir sein Verhalten und die Herzlosigkeit in seinen dunklen Augen erklären.

Erklären, aber niemals entschuldigen.

„Das nennt man hier Respekt. Das ist dir wohl ein Fremdwort" Nael war ein verlorener Mann. Einer, der sich das ganze Leben mit seinen Batzen von Geld in der Hand vormachen wird, dass ihn dieser goldene Ruhm für immer erfüllen würde, bis er kurz vorm endgültigen Tod im Sterbebett merkt, dass niemand um ihn trauern würde und niemand seine Hand halten würde, während er seine letzten Atemzüge alleine vor sich hin haucht.

„Nael?" Keine Antwort kam. Mal wieder. Er sah mich nicht einmal mehr an. War er vorhin schon in dieser komplett grauen Welt, so schien er nun in einer viel dunkleren Phase seines Verstandes zu sein. Eine, die Blut sehen wollte. Eine, die Menschen den letzten Atemzug nehmen wollte.

„Was passiert jetzt? Wer ist da?" Ich zitterte am ganzen Körper, trotz der Schutzweste, die schwer auf meinen Schultern lag.

„Die Menschen, die uns mindestens genauso lieben, wie die Police."

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