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Kapitel 18

Bronco riss förmlich die Tür mit einer Wucht auf, die mich zusammenschrecken ließ und sofort zog ich meine Hand weg. Nael hingegen stand gelassen auf, ohne das Gesicht vor Schmerz zu verziehen, wie er es noch vor wenigen Augenblicken tat.

„Gibt es ein Problem?", fragte Nael Bronco, der scheinbar geschockt von dem Szenario war, das er gerade unterbrochen hatte.

Ob er eine Frau hatte? Oder Kinder? Haben die Menschen hier außerhalb der Halle noch ein Leben, oder ist das alles, was sie am Leben hält? Bronco nickte und drehte sich dann um, mit der Hoffnung, dass Nael ihm folgte, was dieser auch tat, kurz nachdem er mich anblickte.

Ich wusste nicht, was er mir sagen wollte, doch sein Blick versuchte etwas auszudrücken. Als er dann Bronco folgte, machte sich in mir eine beleidigte Stimmung breit. Konnte er nicht bleiben und mit mir über das Geschehene reden?

Welches von den zwei Situationen, die wir innerhalb der letzten Stunden erlebt hatten, konnte er sich aussuchen, doch ich wollte nicht schon wieder ganz für mich alleine sein. Der soziale Kontakt fehlte mir enorm. Scheinbar wurden meine Gebete erhört, denn den Raum betrat eine Frau, die wasserstoffblondes Haar hatte und rosanen Lippenstift trug.

Ihr Gesicht sah sehr zierlich und zart aus. So stellte ich mir meist das Gesicht einer Prinzessin in den Märchen vor, die mir meine Mutter als Kind vorlas, wenn ich nicht einschlafen konnte.

„Oh", flüsterte sie und schloss die Tür hinter sich. „Wer bist du?", fragte sie mich mit solch einer zart klingenden Stimme. Sie sah überhaupt nicht so aus, wie der Rest der Frauen aus der Halle. Ganz und gar nicht.

„Milana" Die blonde Frau hob verwirrt eine Augenbraue. „Dich habe ich hier noch nie gesehen. Von wem bist du?" Kurz war ich schon wieder wütend, wegen dieser diskriminierenden Frage, die mich darstellen ließ, wie ein Besitz.

Trotzdem antwortete ich mit stolzer Stimme, in der Hoffnung, dass diese mich stärkte, denn im Gegensatz dazu, fühlte ich mich schwach, wenn ich akzeptiere, dass ich zu jemandem gehört.

„Von Nael"

Sie hatte wohl gehofft, dass ich es nicht bemerke oder erkenne, doch ich sah es ganz genau. Ganz genau konnte ich die Veränderung in ihrem Blick sehen, den sie mir zuwarf. Sie schien erschrocken und gleichzeitig erstaunt darüber zu sein, dass ich Naels Namen aussprach.

Elegant setzte sie sich auf die Couch, auf der zuvor noch Nael saß.

Und schon wieder nahm ich etwas an ihr wahr. Das leichte Beben ihrer Nasenflügel, bevor sie ganz leicht die Hand auf die Couch ablegte, als hätte sie gerochen, dass Nael zuvor da war.

Klar war, dass Naels Duft überall zu erkennen ist, doch wie diese Frau seinen Duft inhalierte, erschreckte mich. Sofort kam mir der Gedanke in den Sinn, dass sie eine Affäre haben könnten.

Nael würde keins der erbärmlichen Frauen aus der Halle nehmen, die nicht drauf achteten, dass man ihre langgewachsenen gelben Zehennägel aus den Schuhen erkennen konnte, sondern eine Frau mit Eleganz und einem Gesicht, wie aus einem Schönheitsmagazin.

„Tatsächlich?" Ich nickte bloß. „Sowas passiert nicht alle Tage.", fügte sie hinzu, als sie merkte, dass ich kein Gespräch weiterführte. „Sollte es denn?", fragte ich sie. Kampfbereit erschien sie mir, als sie eine perfekt gezupfte Augenbraue hob.

„Nicht nötig.", sprach sie dann und erhob sich. Als sie von oben auf mich herab schaute, wurde mir ganz übel. Damit wollte sie mir zeigen, dass sie über mir steht und ich nicht an sie dran kommen könnte.

Dumme Frau. So eine hübsche aber dumme Frau hatte ich vor mir stehen. Du kannst ihn gerne behalten, Blondie. Ihr würdet zusammen ein wunderschönes Paar machen. Wann kommt Nael denn wieder? Wo bleibt er so lange? Was ist denn bloß so wichtig? Ob er wohl seine Wunde verbinden lässt?

Sie kam auf mich zu. „Du bist nicht hässlich." Sollte das ein Kompliment sein? Ihr schneidender Unterton verneinte diese Frage heimlich. Definitiv nicht.

„Dankeschön." Höflichkeit könnte die Eifersucht dieser Frau möglicherweise stillen. Dann beugte sie sich zu mir herunter, wobei blonde Strähnen an den Seiten in ihr Gesicht fielen.

„Doch das wird dir hier nichts bringen, Liebling." Die dünnen Zahnstocherfinger mit Gelnägeln umfassten mein Kinn. Ich zog meinen Kopf angewidert nach hinten.

„Fass' mich nicht an.", zischte ich und blickte ihr direkt in die Augen. Die Blondine lachte und ich konnte mir vorstellen, wie sich Mengen von Männern in dieses Lächeln verliebten.

Dann ging die Tür auf. Zuerst blickte er mich an und dann die Frau vor mir, die sich ihm zugewendet hatte.

„Was wird das?", fragte Nael und zog wütend seine Augenbrauen zusammen. Ich stand ebenfalls auf, denn ich wollte mich nicht klein fühlen, neben der Frau, die Nael anstarrte.

„Ich habe Bekanntschaft mit Milana gemacht.", ertönte die Stimme von ihr. Ich wollte sie schlagen und erwürgen.

Nael kam auf mich zu. Wieso denn auf mich? Doch kurz vor mir wendete er seinen Körper der Frau zu. „Es reicht.", knurrte er sie an und blickte dann zu mir. „Was ist deinem Bein passiert?" Besorgnis schwang in ihrer Stimme mit.

Naels Wut wurde größer, was ich an der bebenden Ader an seinem Hals sehen konnte. Ob er schon mal eine Frau getötet hatte? Sich überhaupt diese Frage stellen zu müssen ist völlig surreal und krankhaft, doch nach den Geschehnissen hat sich scheinbar meine Sicht auf gewisse Dinge ein kleines Stück verändert.

„Es hat dich nichts anzugehen.", antwortete er ihr abwertend. Es wurde immer deutlicher, dass sie hier nicht erwünscht war, doch sie blieb trotzdem.
„Geh.", hörte ich plötzlich meine eigene Stimme im Raum.

„Wieso sollte ich, wenn du das sagt? Wer bist du denn, dass du mir Befehle geben kannst?", provozierte mich die Frau mit einer fauchenden Stimme. Es hörte sich an, als würde sie mich jeden Moment angreifen, wie eine Katze eine Maus.

Nael stellte sich schützend vor mich. Ich hörte sie erschrocken die Luft einziehen. Damit hatte das Model wohl nicht gerechnet.

„Bronco fährt dich heim.", sagte Nael und nickte mit dem Kopf Richtung Tür. Sie verlies den Raum genau so still, wie ich es mir erwünscht hatte.

GANGSTER OF THE STREETSWhere stories live. Discover now