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Kapitel 4

„Zum ersten Mal gelogen?", wagte er es zu provozieren. „Zum ersten mal für einen geisteskranken Kriminellen, ja" Ich näherte mich dem Tresor, um ihn zu beobachten. Es war beeindruckend, wie schnell er ihn knacken konnte. „Krimineller", sprach er mehr zu sich selbst, als zu mir. Die Bezeichnung geisteskrank hatte ihn wohl nicht gestört. Psychopath.

„Das sind Sie nämlich. Jemand, dem es Spaß macht Unschuldige zu terrorisieren", entgegnete ich. Über das maskulines Gesicht legte sich ein dunkler Schatten, dessen schneidende Aura mich in ihren Bann zog. Er antwortete mir nicht, bestrafte mich mit seiner Stille und schüttelte den Kopf.

In seinen Augen lag kein bisschen Respekt oder Anstand mir gegenüber, nein, sie wirkten boshaft, verrucht und als wären sie rastlos vom Teufel eingenommen. Die Augen waren die Tür zu Seele, sagte man, doch in seinen erkannte ich keine. Nichtmal den Ansatz einer guten Seele.

„Manchmal will man Fakten über sich selbst nicht wahrhaben, bis es einem jemand sagt", fuhr ich fort, quälte ihn mit meiner Präsenz. Der Mann war fertig mit seinem sündhaften Werk und knallte den Tresor zu. Mit einem nassen Tuch streifte er über den kompletten Tresor, um seine Spuren zu verwischen. Ein ätzender und stechender Geruch, welcher mich zum Husten zwang, füllte den Sicherheitsraum.

„Und bei mir bist du dieser jemand?", fragte er, während er beschäftigt war. „Ja" Als mir auffiel, dass ich eine Unterhaltung führte, mit dem Mann, der mehrere tausend Euro aus einem Tresor geklaut hat und damit abhauen wollte, bekam ich eine seltsame Gänsehaut.

Dieser Mann schulterte den Rucksack und kam mir näher. Wieder stieg mir der männliche Duft in die Nase, der mir leider gefiel. Dafür sollte man mich in die Hölle schicken. Gleich mit ihm zusammen. Auf der anderen Seite aber wollte ich ihn am liebsten würgen und schlagen.

„Was werden Sie mit dem Geld tun?" Die Neugierde in mir siegte. Und mein Stolz verlor den bitteren Kamp gegen diesen Mann, welcher kein einziges Mal den eisernen Blick von mir abwandte und mir direkt in die Augen sah. Seine ganze Aura, Existenz schien unmenschlich einschüchternd. Wieder ging er nicht auf meine Frage ein. „Überlegen Sie sich nochmal, was ich vorhin gesagt habe. Ich lösche die Videos jetzt direkt, schauen Sie-"

Ich wollte schon zu dem Schreibtisch mit den Bildschirmen eilen, als er mich am Arm zurückzog und ich gegen seine muskulöse Brust knallte. Ich legte meine Hand dort ab und spürte sofort, wie seine Muskeln zuckten.

In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie so etwas absurdes erlebt. Auch er blickte auf meine Hand auf seiner Brust und etwas Undenkbares blitzte in seinem Blick auf. „Wieso nicht?", fragte ich dann heiser und suchte in seinen Augen nach einer ehrlichen Antwort. „Es muss so sein" Seine feste Stimme hallte noch Sekunden in meinen Ohren. „Nichts muss sein. Es geht auch anders" In meiner Stimme schwang eine Spur von Verzweiflung mit. Er schüttelte bloß den Kopf. Wieder stieg Wut in mir auf. Ich spürte es erst ganz leicht, doch dann mit einem Schub.

„Sie sind egoistisch", zischte ich und haute leicht gegen seine Brust. "Ein widerlicher Egoist sind Sie" Sofort hielt er meine Hand fest. Diese Berührung war nicht schmerzhaft, doch trotzdem lag in ihre eine unverkennbare Drohung. „Das bin ich" Ich riss mich los.

„Was soll ich jetzt tun? Ich bin am Ende. Hoffentlich landen Sie im Krankenhaus dank einer Überdosis", schrie ich am Ende meiner Kräfte. Erschrocken über meine bösen Worte und die Sicherheit mit welcher ich sie gesagt hatte, spürte ich eine widerliche Boshaft in mir. Diese Seite an mir kannte ich nicht und ich wollte sie auch nie kennenlernen. Er schmunzelte leicht, als er mein vor Wut gerötetes Gesicht sah.

„Mich werden sie nicht finden, also kannst du das Video drinnen lassen. Du sagst ihnen die Wahrheit. Du scheinst eine sehr ehrliche Frau zu sein" Ich lies die Schultern hängen. „Du gehst jetzt jemanden holen. In der Zeit verschwinde ich" Ich war so betäubt von dem Erlebnis, dass mit einem Mal logisch schien, was er sagte. Ich glaubte ihm blind, dass man ihn nicht finden würde. Ich verabscheute ihn. Mit allem, was ich besaß.

Er war ein Profi in diesem Gebiet, ein Experte und jemanden, der mit solch einer Leichtigkeit und Konzentration eines der größten Firmen Madrids um mehrere tausend Euros berauben konnte, den würde man nicht so leicht finden.

Ich öffnete die Tür und blickte ein letztes Mal in sein schönes Gesicht. „Danke für nichts", verabschiedete ich mich von diesem Mann und knallte die Tür zu.

Dass aus dem Nichts noch was werden sollte, konnte ich niemals wissen.

Dass aus dem Nichts noch was werden sollte, konnte ich niemals wissen

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GANGSTER OF THE STREETSWhere stories live. Discover now