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Kapitel 12

Bronco schien ein Mann von Bedeutung zu sein, denn der Gang, durch den er mich zog, war gefüllt mit Männern, die ihm respektvoll zunickten. "Oh mein Gott" Am Ende des Ganges öffnete er eine schwere Metalltür und lies meinen Arm erst dann los, als ich den kahlen Raum betrat. Sofort drehte ich mich zu ihm hin.

„Ihr seid also tatsächlich mehr", murmelte ich bloß und schüttelte leicht den Kopf. Wie konnte jedes Kriminalamt in Madrid diese Leute nicht aufspüren? Wie war das möglich? Waren sie so erfolgreich anonym?

Genauso emotionslos, wie Nael, blickte mich Bronco an. Er war zwar ein Magnet für Respekt, aber ein Fan von großen Worten schien er nicht zu sein. Zwei Charaktereigenschaften, die man in solch einer Kombination nur selten vorfinden würde. Ich lehnte mich gegen den alten Stuhl, der quietschende Geräusche von sich gab, sobald er sich bewegte.

„Auf was warten wir nun?", fragte ich Bronco. „Darauf, dass sich Nael beruhigt und mich nicht tot prügeln möchte?" Broncos Blick blieb steinhart und es war, als würde er durch mich hindurch schauen. Ob er psychisch gesund war? „Ich frage mich ehrlich, wieso es so weit kommen musste. Weshalb hat er mich bei dem Raubüberfall nicht sofort abgeschossen?"

Dieses Mal konnte ich eine kleine Regung in Broncos Gesicht erkennen. Seine Augenbraue zuckte leicht und hätte ich nicht genau drauf geachtet, würde ich es gar nicht gemerkt haben. Ob er schon vorher von mir wusste? Hatte Nael seine Handlanger davon informiert, dass ihm eine nervige Frau dicht auf den Fersen war?

„Zweifeln tu ich gar nicht an Naels Kaltblütigkeit mich bei der nächsten Diskussion umzubringen" Dann erhob ich mich von dem Stuhl, ehe ich die übergegangene Staubwolke von meiner Hose klopfe. „Denn das scheint mir als üblich in eurer Szene, was auch immer sie für eine ist"

Mittlerweile waren Stunden vergangen und ich vermutete, dass die Sonne schon langsam aufging. Ich traute mich nicht komplett einzuschlafen, doch ab und zu lehnte ich meinen Kopf an die Couchlehne und versuchte zu entspannen.

Doch dann wird die Tür komplett aufgerissen und mit lautem Knall gegen die Wand gestoßen. Im Türrahmen stand eine blonde alte Frau und ein junger Mann, die mich beide neugierig betrachten.

„Wir haben gehört, es bewegt sich eine Frau auf diesem Grundstück", spricht nun der Mann, mit buschigen Augenbrauen und einem dünnen Oberlippenbart, der ihn scheinbar älter wirken lassen soll. Die Frau haut ihm kichernd gegen die Schulter, ehe sie mich schamlos analysiert.

„Wie ist dein Name, Engelchen?", fragt sie mich und betrachtet meine sportlichen Schuhe, während ihre jedoch aussahen, wie billige High Heels.

„Raus", ertönte plötzlich Naels Stimme. Mit einem hektischen Zucken bewegten sich die beiden Personen, die mich zuvor anstarrten, in Naels Richtung.

In ihrem Blick blitzte augenblicklich Panik und Angst auf. Die zuvor ausgestrahlte Belustigung und Lebensfreude erlosch mit einem Mal. Sofort nickten sie und rannten förmlich aus dem Türrahmen, ohne Nael auch bloß einen Zentimeter näher zu kommen, der auf den Boden blickte, als müsste er sich zusammen reißen.

Dann hob sich sein Kopf und zuerst blickte er Bronco an, der zu Verstehen schien, dass er den Raum ebenfalls verlassen sollte. Hatte dieser Mann etwa Macht über jedes Lebewesen dieser Welt, oder wieso gehorchten ihm alle?

Die einzige Erklärung war, dass sich alle vor ihm fürchteten, weil sie möglicherweise, genau wie ich, schon mitbekamen, was passiert, wenn man sich gegen Nael stellte. Als die Tür ins Schloss fiel, nahm ich meine Augen, von der Wand auf die ich gestarrt hatte, während Bronco tonlos den Raum verlies.

„Bringst du mich jetzt um?", fragte ich, sobald er seine Augen auf mich gerichtet hatte. Eine Antwort war zu viel verlangt. Er sprach nur, wenn er mochte und nicht, weil jemand mit ihm redete.

„Sollte dieser Mann deswegen raus? Wer ist er überhaupt? Alle haben Angst vor ihm, aber du kannst ihm Befehle geben" Empört presste ich meine Lippen aufeinander. Ich konnte meinen Mund einfach nicht halten, geschweige denn kontrollieren.

Es funktionierte in solchen Situationen einfach nicht, denn der Stress in mir verursachte so viel Druck jemanden dafür verantwortlich zu machen. Und es ist keine Lüge, dass Nael mich in diese Lage gebracht hatte. Stumm wartete ich auf seine Antwort, die auch nach Sekunden Augenkontakt nicht zu kommen schien.

„Lass mich hier raus. Ich schwöre zu Gott, sie werden nach mir suchen. Und sie werden mich finden, hörst du?", sprach ich überzeugt von den Kräften der spanischen Polizei. „Du willst doch nicht im Knast landen, oder? Denk' nur ein bisschen rational, wenn du überhaupt ansatzweise denken kannst"

Er lachte kurz auf, doch blieb weiterhin ruhig. „Wie konnte es nur so weit kommen, lieber Gott?", hauchte ich. Ich wendete meinen Blick gen den Himmel und schloss die Augen. Würde er mich jetzt abstechen, würde ich es nicht mitbekommen, denn meine Augen sahen die bloße Dunkelheit.

„Es war doch alles gut. Warum musste gerade ich auf diesen-„ Langsam öffnete ich meine Augen und starrte geradewegs in seine, die mich still betrachteten. „-Psychopathen stoßen?"

Endlich. Dieser Satz hatte bei ihm eine Reaktion provoziert. Schrill ertönten die Klänge seiner klatschten Hände. Er applaudierte, während er den Kopf leicht schüttelte. „Bravó. Bist du fertig mit deiner Show?"

Ich wollte antworten, doch Nael kam mir zuvor. „Sei still. Auf die Frage brauche ich keine Antwort. Es reicht jetzt. Du verursachst mir nur Kopfschmerzen mit deinen Worten" Er kam auf mich zu. „Ich wiederhole mich für dich. Das, Milana, ist dein Schicksal. Du bist drinnen" Ich zitterte vor Angst an den Beinen. „Wo drinnen?" Panisch sah ich zu ihm hoch.

„Bei den Nuevas" Ich seufzte vor Verzweiflung auf. „Was ist das für dummer Name? Worum geht's hier? Ein scheiß Drogenkartell? Eine Mafia? Ich will nichts mit euch zu tun haben" Wie ein Teufel, der weiß, wie er Menschen leiden lässt, ließ er sich viel Zeit. „Stell nicht so viele Fragen, bevor du es noch bereust so viel gesprochen zu haben"

Mein Herz schlug schneller, meine Finger krallten sich in meine Hüfte, meine Unterlippe zitterte und meine Beine wackelten unkontrolliert.

GANGSTER OF THE STREETSWhere stories live. Discover now