~Kp. 4~

1.2K 93 9
                                    

Der Geruch nach frischen Rosenblättern stieg in meine Nase und war so intensiv, dass das Atmen beinahe schon ein Kraftakt wurde. Die Luft war getränkt mit Rosenduft und besaß eine Schwere, die ich noch nie erlebt hatte. Beinahe erdrückend, als würde eine schwere Last über meinen Schultern schweben. Während mein Geruchssinn mit Reizen überschüttet wurde, war nichts anderes als Leere für meine anderen Sinne übrig. Weder sah noch hörte ich etwas, weshalb die Intensität des Geruches noch zunahm. Es war als stünde ich in einem Meer aus gerade erblühten in ihrer ganzen Pracht strahlenden Rosen, welche es sich zur Aufgabe gemacht zu haben schienen, meine Wahrnehmung zu benebeln. Es war einengend. Ich fühlte mich als würde ich in diesem wunderbaren Duft ertrinken. Ich fühlte mich, als würde ich statt Sauerstoff Rosenblätter einatmen und sie verteilten sich in meinem Körper und erschwerten das Atmen nur noch mehr. Es gab kein Entkommen, keinen Ausweg, wusste ich doch nicht einmal, wo ich war, geschweige denn woher dieser teuflische in normalen Situationen angenehm süßliche Geruch herkam. Der ganze Inhalt einer Parfumflasche schien in meine Nase geschüttet worden zu sein und die Rosenblüten die ich schon eingeatmet zu haben schien, zerfetzten mit ihren scharfen Dornen mein Inneres. Langsam quälend und mit jedem Atemzug schmerzhafter. Automatisch beschleunigte sich mein Atem unter dem Schmerz, was jedoch zu noch mehr Leiden führte. Hätte ich etwas gesehen, wäre es bestimmt schon vor meinen Augen verschwommen und zu einer grauen ungenauen Masse geworden. Mein Herz zog sich zusammen in dem verzweifelten Versuch weiter sauerstoffreiches Blut zu transportieren, das in meinem Körper immer mehr zu Mangelware wurde. Überall nur der Geruch nach Rosen. An meiner Kleidung, in meinen Haaren, in meiner ganzen Umgebung und jedem erdenkbaren Atemweg. Immer heftiger japste ich nach Luft, doch mit dem immer wieder gleichen Schmerz folgend. Ich erstickte gerade an Rosen. An dem Symbol für Liebe und Leidenschaft, das mich unter sich begrub und mir keine Zeit zum Atmen gab, keine Zeit mich in irgendeiner Art zu wehren. Plötzlich spürte ich eine behandschuhte Hand auf meiner Wange, deren mit Leder bedeckten Daumen sachte über meinen Nasenrücken zu meinen Lippen fuhr, dort kurz verharrte, bevor sie verschwand und ich einen gehauchten Atem auf meinen Lippen spürte. Ein immenses Gewicht fiel von mir und der Rosen Geruch verschwand. Gierig, als wenn mein Leben davon abhing-was es wahrscheinlich auch tat- sog ich die nun nach Minze duftende Luft ein. Erleichtert stieß ich meinen Atem wieder aus und füllte meine Lungen wiederholt mit neuem Sauerstoff.  Die Schwere war einer angenehmen Leichtigkeit, der drückende Rosengeruch einem frischen Minzduft gewichen und meine Panik hatte sich in eine stille Ruhe verwandelt. Doch diese Stille, in der ich einfach nur existierte, wurde von einem "Sir" unterbrochen. Ich spürte eine zarte Hand an meiner Schulter rütteln.

Langsam flatternd öffnete ich meine Augen und blickte an die helle Decke meines Zimmers. Mein Blick huschte über die zarten goldenen Verzierungen, die jeder Raum besaß und die doch bei jedem sich um Kleinigkeiten unterschieden. Erneut atmete ich tief ein, doch sowohl die Minze, als auch die Rosen waren verschwunden.

Es roch normal. Normal nach meinem Zimmer, normal nach dem Schloss, in dem ich mein ganzes Leben verbracht hatte.

Meine Augen fielen wieder zu. Es war nur ein Traum gewesen. Doch was für einer. Noch nie in meinem Leben hatte ich so einen sonderbaren Traum gehabt.

"Sir?", erneut die Stimme aus meinem Traum und augenblicklich waren meine Lider wieder geöffnet. Ich drehte meinen Kopf auf dem weichen Polster nach links und blickte in das bekannte Gesicht eines Dieners. Was war noch einmal sein Name? Ach ja, Marc. Ich gab mir immer Mühe, den Bediensteten mit Höflichkeit und Aufmerksamkeit zu begegnen und versuchte mir daher auch ihre Namen zu merken, nachdem ich sie das erste Mal erfragt habe. Sie machten nun mal auch nur ihren Job und waren immer noch Menschen. Dies hatte ich mir allerdings vor allem von meinem Onkel abgeschaut und allein der Gedanke an ihn ließ meine Stimmung Richtung null Punkt sinken. Schnell verscheuchte ich diesen Stimmungskiller und erinnerte mich erneut an meinen Beschluss nicht König zu werden und diese Entscheidung stand so fest wie die Schlossmauern.

Die Träne der Königin// DNFМесто, где живут истории. Откройте их для себя