~Kp 33~

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Dream schnappte sich eine Blume nach der andern, sammelte sie in seiner linken Hand und richtete sich auf, bevor er sagte: "Wir werden das in deinen Trainingsplan aufnehmen, damit du darin immer besser wirst" Er streckte mir seinen rechten Arm entgegen, um mir eine Stütze beim Aufstehen zu geben und ich ergriff seine behandschuhte Hand sogleich, legte meine wahrschienlich kühlen Finger um sein Handgelenkt, damit ich besseren Halt hatte. Mit mehr Schwung als gedacht, zog er mich auf und ich geriet fast aus dem Gleichgewicht, doch konnte mich im letzten Moment noch fangen.

"Du hättest mich auch vorwarnen könnten, dass du mich so viel Wucht nach oben ziehst", beschwerte ich mich bei dem Maskenträger, welcher gerade dabei war die Blumen in einem der Regale zu verräumen und mir nur mit einem Schulterzucken antwortete, bevor er wieder auf mich zu trat und genau vor mir stehen blieb. "Wo wäre dann der Spaß, Georgie?", fragte er frech und ich konnte beinahe durch die Maske fühlen, wie er mir zuzwinkerte. Ich verdrehte als Antwort nur meine Augen, drehte mich von ihm weg und richtete meinen Blick in den Himmel, der durch das Loch in der Decke der Höhle ersichtbar war.

Heute war wieder ein wunderschöner Tag und keine Wolke versperrte der Sonne ihren Weg, sodass ihre Strahlen erbarmungslos auf die Erde niederbrannten. "Was machen wir heute?", stellte ich eine Frage an Dream und wandte meine Aufmerksamkeit wieder ihm zu, auf eine Antwort abwartend. Ich hoffte einfach er würde nicht mich nicht dazu zwingen weiter mit ihm meine Kampffähigkeiten zu traineren, sondern mir immer noch Zeit geben meinen Körper sich vom letzten Mal erholen zu lassen.

"Wir werden das Dorf besuchen gehen", erwiderte Dream und klatschte einmal tatenfreudig in seine Hände. Verwunderung überkam mich und dies musste sich wohl in meinem Gesicht widerspiegeln, denn Dream fuhr sogleich fort: "Ich dachte einfach, wieso sollten wir nicht gleich heute dorthin. Worauf sollten wir warten?"

"Aber wie willst du unerkannt bleiben und mir gleichzeitig nicht dein Gesicht zeigen?"

"Auf die gleiche Art und Weise, wie du. Komm mit", erwiderte er und sprang sogleich in Richtung einer Nebenhöhle.

Ohne weiter zu zögern folgte ich ihm und wir kamen letzten Endes in einer etwas kleiner Höhle an, auf der ein Bett in ungefähr dem gleichen Format wie meines stand. Allerdings war diese Höhle etwas mehr eingerichtete und beherbergte mehr als nur ein Bett und einen Kasten, wie das bei mir der Fall war. Hier stand ein kleiner Tisch neben dem Bett, ein großes bis zur Decke reichendes offenes Regal thronte an einer Wand und ein klappriger Holztisch mit einem Stuhl davor und mehereren Papieren und erlöschten Kerzen darauf war auf der gegenüberliegenden Seite. Ich schlussfolgerte, dass dies Dreams Schlafplatz war, den er mir anfangs bei der Tour durch den gesamten Höhlentrakt nicht gezeigt hatte. Als ich näher eintrat, erkannte ich, dass an der Wand, an der das Bett stand mit Kreide einige Wörter in beinahe unleserlicher Schrift an auf den Stein gekritzelt worden waren. Daneben schien jemand mit Strichen festgehlaten zu haben, wie oft eine bestimmte Sache passiert war und ich erinnerte mich daran, dass dies die Art und Weise war, wie Gefangene im Schloss festhielten, wie lange sie schon gefangen waren. Denn jeden Tag kam ein weiterer Strich dazu und wenn vier vorbei waren, zeichnet man einen queer darüber, damit man sich später leichter tat sie zu zählen. Doch warum sollte Dream soetwas auf seine Wand kritzeln?

"Hier", riss mich Dream aus meinen Gedanken und reichte mir einen braunen Mantel mit Kapuze, während er selbst ebenfalls einen in seiner anderen Hand hielt. Ich nahm ihm das Stück Stoff ab, während meine Gedanken immer noch um das Gekirtzle an der Wand kreisten.

"Wir werden einfach die Kapuzen so weit in unsere Gesichter ziehen, dass man uns nicht erkennen kann und auch niemand das Weiß meiner Maske sieht." Während Dream gesprochen hatte, hatte er sich schon den Mantel umgelegt und strich sich nun demonstrativ seine Kapuz über den Kopf, bis ich nichts mehr von seinem Gesicht sah außer den Anssatz von seinem Kinn.

Wieso zählte Dream die Tag an seiner Wand? Wieso kritzelte er Wörter dazu? Meine Gedanken ließen mich einfach nicht in Ruhe, weshlab ich mich kurzerhand dazu entschloss ihn zu fragen.

"Dream, was ist das an deiner Wand?"

Er drehte seinen Kopf, um meinem Blick zu folgen und als er erkannte, dass ich die Kritzeleien entdeckt hatte, zog er wie in Zeitlupe die Kaputze von seinem Kopf, bevor er langsam seinen Mund öffnete und sogleich wieder schloss.

Ich riss meinen Blick von ihm los und ging näher auf die Wörter zu, um sie besser entziffern zu könnnen und als ich direkt vor seinem Bett stand, konnte ich tatsächlich zwei lesen.

Eis. Kälte. Und irgendetwas mit Haaren.

Verwundert wandte ich mich um und sah wie Dream sich gestresst auf die Lippe biss und durch seine Haare fuhr. Es war offensichtlich, dass ihm in diesem Moment nicht wohl war und er am liebsten verschwunden wäre, doch bevor Mitelid mich dazu bewegn konnte ihm zu sagen, dass er es mir nicht erklären müsste, wenn er nicht wollte, kam eine Antwort von ihm: "Ich habe hin und wieder Albträume. Ich versuche herauszufinden, ob sie mehr werden, weshalb ich angefangen habe sie zu zählen."

Ich blickte erneut auf die vielen Striche und mit dem Wissen, dass es sich bei jedem einzelnen um einen Albtraum handelte, den Dream gehabt hatte, rann es mir kalt den Rücken runter. Es waren so viele. So viele, dass ich mich nicht traute sie zu zählen und der Gedanke, dass Dream wohl beinahe jede Nacht einen haben musste, überfiel mich völlig unvorbereitet.

"Die Wörter die du siehst, sind irgendwie aus Effekt entstanden, als ich einmal aufgeschreckt bin. Da hatte ich irgendwie das Bedürfnis sie aufzuschreiben. Keine Ahnung wieso." Dreams Stimme war ruhiger geworden und sein Lippen ruhten zusammengepresst in einem angespanntem Strich.

"Aber ... Dass heißt, du hast jede Nacht Albträume?", brachte ich hervor und blickte Dream entgeistert an, denn ich konnte das einfach nicht glauben.

"Wenn ich zum Schlafen komme, dann meistens, ja", erwiderte er und ich realisierte, dass er wahrsheinlich keine ruhige Nacht gehabt hatte, seit ich hier war.

Doch was war der Grund für seine Albtträume? Wieso hatte er so viele?

"Ist es immer der gleiche Albtraum?", fragte ich und fühlte, dass unser Gespräch auf dünnem Eis balancierte, dass jeden Moment mit einem falschen Wort oder einer falschen Tonlage einbrechen konnte. Es war eines der ersten wirklich persönlichen Dinge, die ich über Dream erfuhr und ein Gefühl sagte mir, dass er nicht gern über sich selbst sprach.

"Es ist immer etwas anders", erwiderte er , "Doch im Endeffekt geht es immer auf das Gleiche hinaus"

Ich nickte kurz und blickte wieder auf die beschmierte Wand, während ich versuchte meine Neugierde zu unterdrücken, die ihn am liebsten mit Fragen bombadiert hätte. Es herrschte ein innerer Kampf in mir, ob ich ihn weiter fragen sollte und damit vielleicht riskieren sollte, dass ich zu weit ging und er wieder völlig abblockte und so unnahbar und kalt wurde, wie als ich ihn kennen gelernt hatte, oder mich mit dem, was ich jetzt erfahren hatte und all meinen unbeantworteten Fragen abfinden sollte.

Dream selbst schien es auch nicht zu wissen, denn als ich ihn ansah wirkte es auf mich, als wolle er gleichzeitig verschwinden und mir doch im selben Atemzug noch mehr erzählen. Wir befanden uns in einer schwebenen Position, in der niemand wusste, wann der Moment kommen würde, an dem wir auf den Boden krachen würden und gleichzeitig wollte niemand dafür verantwortlich sein. Minuten vergingen und keiner traute sich, sich auch nur zu bewegen.

Ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich wollte auf skurriele Art und Weise für Dream da sein, weil er auch gestern Abend für mich da gewesen war, doch bevor ich ihm eine Stütze sein konnte, musste er sich mir anvertrauen. Bevor ich ihm helfen konnte musste er mir das Problem erklären.

"Lass uns gehen, sonst kommen wir zu spät in das Dorf", sprach Dream plötzlich und zerriss die Atmosphäre der Unsicherheit zwischen uns und augenblicklich rückte die Realität wieder an ihren Platz. Das Eis war gebrochen, wir waren auf dem Boden angekommen. Mit einem letzten Blick auf die Wörter und die etlichen Striche antwortete ich "Ja, lass uns gehen", streifte mir den Mantel über und folgte Dream aus seinem Zimmer hinaus, das Gespräch und die damit verbundene Atmosphäre hinter uns lassend.

Kennt ihr das, wenn ihr ein Video oder einen Text auf Englisch lest und dann automatisch in Englisch denkt? Und um wieder in einer Sprache denken zu können, müsst ihr was in dieser Sprache hören oder lesen? Nein? Bin nur ich so komisch??
Anyways, any questions?
~S.

Die Träne der Königin// DNFWhere stories live. Discover now