~Kp 18~

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Die Stille war keinesfalls angenehm, sondern wirkte so angespannt, dass jedes Geräusch eines brechenden Astes oder das Rascheln eines Tieres mich zusammenzucken ließ. Meine Füße wurden immer kälter und auch war der Waldboden nicht gerade der sicherste und bequemste Untergrund zum ohne Schuhe darauf Laufen. Ich war schon mehrmals auf etwas Spitzes getreten, doch dies schien diesen verdammten Maskenträger vor mir ja nicht zu beunruhigen. Er ging einfach wie zuvor mit furchtbarer Stille vor mir, ob ich nun kurz wegen eines Dorns in meinem Fuß aufzischte oder nicht, es schien ihm egal zu sein. Hätte ich gewusst auf welche Art von Gesellschaft ich mich mit ihm einlasse, dann hätte ich sofort einen anderen guten Gesetzesbrecher aufgesucht und hätte ihm den Deal angeboten. Dieser wäre bestimmt auch leichter zu finden gewesen als der ach so geheimnisvolle Dream. Ich schnaubte verächtlich. All diese heldenhaften Geschichten über ihn und dabei war er so ein Arsch. Kein Wunder, dass er immer alleine agierte und ihn niemand genauer kannte, denn von dem ausgehen, wie er sich mir gegenüber schon verhalten hatte, würde ich niemandem raten ihm zu nahe zu kommen.

Ich hatte keine Ahnung wie lange wir schon unterwegs waren, der Mond schien im Zenit über uns zu stehen, als er plötzlich anhielt und ich mich gerade noch mit meinen schmerzenden Füßen davon abhalten konnte in seinen Rücken zu krachen. "In der Hütte dort kannst du heute schlafen und dich ausruhen." Er wies mit ausgestreckter Hand auf eine winzige heruntergekommene Holzhütte, die sich gekonnt zwischen die Bäume schmiegte und bei einem schnellen Blick leicht übersehen werden konnte.

"Was machst du? Wirst du nicht in der Hütte sein?", fragte ich und musste mir eingestehen, dass ich so alleine in einer Hütte mitten im Wald mit meiner Angst zu kämpfen bekommen würde.

"Doch. Wenn dich das nicht stört" Ich blickte ihn verwundert an, doch er bemerkte dies nicht, da er sich schon weiter der Hütte genähert hatte. Erneut auf seinen Rücken starrend fing mein Kopf an zu rattern. Wieso sollte nun aus dem nichts er darauf achten, ob mich etwas stört oder nicht? Er hatte mich vor kurzem doch gerade erst dazu gezwungen auf einen Baum zu klettern, über einen Ast zu balancieren und dann wahrscheinlich Stunden ohne Schuhe durch den Wald zu gehen, also warum sollte es ihn nun beschäftigen, ob es mich stören würde, wenn er ebenfalls in der Hütte sein würde?

Ich schüttelte meinen Kopf, denn ich wurde aus diesem Kerl nicht schlau. Er wirkte wie ein Mix aus komplett komplementären Persönlichkeiten und änderte diese so schnell, dass ich nicht mitkam. Im Schlossgarten hatte er anscheinend noch versucht Witze zu machen und mich geneckt mit scheußlichen Spitznamen, dann wurde er genervt und angepisst und nun ist er beinahe freundlich? Mit ihm stimmte definitiv etwas nicht. Doch das sollte mir egal sein, solange er mir half.

Ich war nun ebenfalls vor dem Eingang der Hütte angekommen und Dream öffnete die Tür. Wir beide traten ein und wurden von der drinnen herrschenden Dunkelheit verschluckte. Der Geruch nach Asche und diversen Kräutern streifte meine Nase, bevor Dream eine kleine tragbare Kerze entzündete und deren warmer Schein flackernd auf den Holzboden fiel. Ich sah wie Dream geübt weitere Kerzen anzündete, die ich in der nun leicht erhellten Finsternis kaum ausmachen konnte, und damit langsam die Hütte erleuchtete. Mein Blick streifte ein altes Sofa, dass vor einem erloschenen Kamin stand, weiter zu einem klobigen Holztisch mit unbequem wirkenden Stühlen, zu einer Wand, die gefüllt war mit Büchern auf denen sich schon staub ansammelte, bis hin zu zwei nebeneinander liegenden Türen. Es war alles alt und heruntergekommen, von der Zeit angefressen und das komplette Gegenteil zu den Räumen im Schloss. Ich rümpfte meine Nase und wusste nicht, was ich nun tun sollte. Dream, der nun mitten in dem kleinen Raum mit niedriger Decke stand, hatte alle Kerzen angezündet und wandte sich nun mir zu.

"Unter deinem Standard, doch man hat hier alles was man braucht. Komm ich zeig dir, wo du schlafen wirst." Er ging auf die rechte der beiden geschlossenen Türen zu und ich folgte ihm schweigend. Als er sie öffnete zerriss sie mit einem lauten Knarzen die Stille und gab den Blick auf ein kleines Zimmer mit einem winzigen Fenster, einem massiven Holzkasten und einem klapprigen Bett frei. Dream zündete die Kerze, die auf dem wackeligen Nachtisch stand, an und drehte sich zu mir um. "Im Kasten ist Gewand für dich zum Umziehen und dann kannst du dich im Bett ausruhen. Ich bin derweil im Raum nebenan, falls du etwas brauchst." Ich nickte nur und schon war Dream an mir vorbeigeschritten und ich stand alleine in dem kleinen Schlafzimmer.

Überall war Staub und an der Decke konnte ich unzählige Spinnweben ausmachen. Wurde hier nie geputzt? Ich seufzte und ging zu dem Kasten, um mir dort Wechselklamotten zu holen. Als ich die Schranktür öffnete schlug mir ein Schwall abgestandene Luft entgegen und ich musste husten. Mit zusammengekniffenen Augen und gerümpfter Nase holte ich eine Hose, ein Leinenhemd und ein paar Socken aus dem Schrank hervor. Sie waren alle alt und ausgewaschen und ich wollte besser nicht an ihnen riechen. Zögerlich begann ich meine königliche Kleidung abzustreifen und legte sie auf das Bett. Zum Glück war es nicht Winter, sondern eine warme Sommernacht, sonst wäre ich in dieser Holzhütte schon längst erfroren.

Als ich endlich die kratzige einfache Kleidung angezogen hatte, ließ ich mich erschöpft auf das Bett nieder, welches unter meinem Gewicht bedrohliche Geräusche von sich gab. Ich stütze meinen Kopf in meine Hände und schloss einfach einmal meine Augen. Erneut fragte ich mich, ob dies wirklich die richtige Entscheidung gewesen ist. Wäre es nicht vielleicht besser gewesen mein Schicksal einfach hinzunehmen und wie jeder Prinz vor mir die Verantwortung über ein ganzes Land zu übernehmen? Doch irgendetwas in mir sträubte sich dagegen, wollte es mit jedem Mittel verhindern und dies hatte mich nun in diese Situation gebracht. In einer Holzhütte auf der Flucht vor den Wachen und der meist gesuchte Verbrecher im Zimmer neben mir. Ich musste kurz auflachen. Wie absurd das doch klang, ob ich das sicher nicht träumte?

Ich öffnete meine Augen wieder und legte mich nun wirklich in das Bett, bedeckt mit der dünnen Decke auf der harten Matratze und wusste, dass ich kein Auge zu tun würde. Ich war weiche Betten mit kuscheligen Decken gewöhnt, nicht harte Holzbetten. Ich war weite Räume mit hohen Decken gewöhnt, nicht kleine staubige Holzhütten. Ein Seufzen entfuhr mir, was von dem Krächzen eines Vogel außerhalb erwidert wurde.

Mir macht es so viel Spaß diese Story zu schreiben und ich kann euch sagen wir haben noch einen langen Weg vor uns bevor diese Story zu einem Ende kommt.

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~S.~

Die Träne der Königin// DNFWhere stories live. Discover now