~Kp 12~

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Ich zuckte zusammen, wurde barsch aus meiner Nostalgie gerissen und wandte mich wahrscheinlich mit vor Schreck geweiteten Augen, dem zu, der gerade seine tiefe Stimme in der Sackgasse hatte ertönen lassen. Woher war diese Person gekommen? War ich so sehr in Gedanken gewesen, dass ich eine an mir vorbeigehende Person nicht bemerkt hatte? Mein Blick war fest auf eine Silhouette in der einzigen dunklen Ecke der Gasse fokussiert, als diese auch schon mit langsamen vor Selbstbewusstsein trotzenden Schritten aus dem Schatten in das spärliche Licht einer Gaslampe trat. Was ich allerdings dann sah, ließ mich an meiner Optik zweifeln.

Ich blickte in eine runde schneeweiße Maske, auf die mit schwarzer Farbe ein lachendes Gesicht gemalt war. Eine Maske, die ich nie geglaubt habe, in echt zu sehen, war sie mir doch schon so bekannt von all den Kopfgeldplakaten. Dazu noch der typische moosgrüne Mantel, dessen Kapuze die Haare des Maskenträgers bedeckten. Kein Zweifel, vor mir stand Dream.

Der Dream, den alle suchten. Der Dream, auf den ein Kopfgeld von 100.000.000 Gulden ausgesetzt war. Der Dream, der die königliche Schatzkammer ausgeraubt hatte. Der Dream, der Insassen aus dem anscheinend sichersten Gefängnis befreit hatte. Der Dream, der höchstwahrscheinlich schon etliche Menschen getötet hatte.

Er kam noch ein Stück weiter ins Licht und lehnte sich dann lässig mir gegenüber an die Wand eines Hauses. Er könnte mich hier und jetzt töten, schoss es mir durch den Kopf. Einer der Messer nehmen, die so schön auffällig an seinem Gürtel hingen und mir die Kehle durchschneiden und es würde keine Zeugen geben. Und wenn doch, dann würden sie schweigen, aus Angst vor dem Ende ihres eigenen Lebens.

Ich schluckte schwer und meine Nervosität stieg von Minute zu Minute. Er steckte die Hände in die Taschen seiner dunkelbraunen lockeren Leinenhose und ich spürte seinen berechnenden Blick auf mir. Was sollte ich tun? Was sollte ich sagen? Seine Ausstrahlung war genau wie ich sie mir vorgestellt hatte, kühl, berechnend und lauernd, doch sie war auch so viel stärker, als ich erwartete hatte. Alles an ihm strahlte Selbstbewusstsein aus und etwas zog mich in seinen Bann.

Er war groß, größer als ich gedacht hätte und doch bewegte er sich mit einer atemberaubenden Eleganz, als er eine behandschuhte Hand aus seiner Hosentasche nahm und scheinbar gelangweilt seine Fingernägel betrachtete, die nicht von dem Leder bedeckt waren. "Kommt da noch was?", war wieder seine Stimme zu hören, die in meinen Ohren noch nachklang. Sie passte zu ihm. Alles passte. Es war das perfekte Bild eines Verbrechers. Des meistgesuchten Verbrechers.

Ich riss mich zusammen, rief mir noch einmal in Gedanken, dass dies meine wahrscheinlich einzige Chance war meinen Plan in die Tat umzusetzen und räusperte mich unsicher, meiner Stimme nicht vertrauend. "Ähm... Hallo", ich räusperte mich erneut. Wie sprach man mit einem Gesetzesbrecher? "Ich bin George."

Verdammt, ich klang wie ein eingeschüchterter 10-jähriger Junge. Dream blickte weiter auf seine Finger und schenkte mir keine Beachtung. Was hatte ich auch erwartet? Wenn ich nicht bald zum Punkt kam würde er sicherlich gleich wieder verschwinden. Du schaffst das George! Du hast, das vor deinem Spiegel geübt! Du hast dich mental auf diesen Moment vorbereitet. Aber ich wusste, dass alle Vorbereitung der Welt nichts gebracht hätte, hatte ich doch keine Ahnung gehabt, wie viel... Männlichkeit dieser Typ ausstrahlte.

Ich holte einmal tief Luft und begann dann von neuem mit immer noch zittriger Stimme: "Ich möchte dir einen Deal vorschlagen" Wenigstens etwas Haltung wollte ich mir bewahren und war sogar stolz darauf, als meine Stimme schon etwas sicherer klang. Dream schien mir durch seine Maske einen kurzen Blick zuzuwerfen, bevor er nun desinteressiert an für mich nicht erkennbaren abstehenden Fäden an seinen Handschuhen zupfte. Ich nahm an, dass dies eine stille Aufforderung war weiter zu sprechen. Ich vermutete auch, dass ich ihn nun irgendwie überraschen musste, damit ich seine Aufmerksamkeit wirklich hatte und er mich ernst nahm. Ich atmete noch einmal tief durch und sagte dann mit festerer Stimme als beabsichtigt: "Die Träne der Königin"

Die Träne der Königin// DNFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt